Was macht eigentlich... Herberts Vasiljevs?Spieler, Trainer, Funktionäre von einst

Herberts Vasiljevs in Action für die Krefeld Pinguine. (Foto: dpa/picture alliance/CITYPRESS 24)Herberts Vasiljevs in Action für die Krefeld Pinguine. (Foto: dpa/picture alliance/CITYPRESS 24)
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Hockeyweb: Herr Vasiljevs, gleich zu Beginn die Frage: Wie geht es Ihnen und was machen Sie gerade?

Vasiljevs: Zurzeit ist es gerade nicht so einfach für uns alle, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es für Trainer ganz besonders schlimm ist, denn keiner kann ins Training einsteigen und alle warten auf die Lockerungen. Alle sind darauf vorbereitet, dass es mit den Teams losgeht. Gerade ist alles nur in der Planung und sonst ist zurzeit nicht so viel los.

Hockeyweb: Nach Ihrem Rücktritt von der Eisfläche sind Sie ins Traineramt der Junioren eingestiegen – wie ist Ihre Erfahrung dort mit dem Nachwuchs und sehen Sie Ihre Zukunft im Traineramt?

Vasiljevs: Nachdem ich meine Karriere beendete, bekam ich ein super Angebot vom DEB und stieg als Nachwuchskoordinator ein und betreue seither sieben DEL–Klubs. Die Entwicklung ist absolut positiv zu sehen, denn seit zwei Jahren hat der DEB ein Konzept entwickelt, nach dem sich alle Teams richten sollen mit Richtlinien, Kriterien und Aufgaben, die durchgesetzt werden müssen. Dafür bin ich ein Mittelsmann zwischen dem DEB den Trainern und den Vereinen.  Ich spreche viel mit den Trainern über Methoden, Trainingskonzepte und versuche, die besten Möglichkeiten zu finden, auch für kleinere Teams, wo die Strukturen noch nicht so weit sind. Hier versuchen wir das Beste für den Nachwuchs und die Entwicklung jedes Einzelnen heraus zu holen.

Hockeyweb: Im nächsten Jahr soll bekanntlich der Aufstieg zwischen den Profiligen wieder eingeführt werden. Wie bewerten Sie diese Neuerung für die Teams und den Nachwuchs?

Vasiljevs: Es weiß niemand, ob das für die Vereine gut ist. Das wird sich sicher noch herausstellen, denn so etwas hatten wir lange nicht. Das bleibt somit abzuwarten. Es bleibt für die Vereine und deren Nachwuchsabteilung nicht viel, denn das Programm bleibt bei jedem gleich. Wenn z.B. Frankfurt aufsteigen sollte, haben Sie auch ein Konzept zu führen und dem System zu folgen, das Programm steht!

Hockeyweb: Auch als Fernsehexperte waren Sie zu hören und haben durchaus kritisch analysiert. Was liegt Ihnen eher? Trainer oder Experte?

Vasiljevs: Das Kommentieren ist für mich ein Weg, um in der DEL „drin“ zu bleiben, da ich viel mit der Nachwuchsarbeit beschäftigt bin, auch um mich mit den Teams zu beschäftigen und die Trends zu verfolgen. So sehe ich, wer spielt gut, welches System wird gespielt? So kenne ich weiterhin die Liga und ich wäre ohne das Kommentieren nicht so im Profibereich involviert.

Hockeyweb: In Krefeld sind sie eine Legende – stehen Sie mit den Pinguinen noch in Kontakt und ist eine Tätigkeit dort für Sie vorstellbar?

Vasiljevs: Vorstellbar ist es auf jeden Fall. Seitdem neue Gesellschafter das Ruder übernommen haben, ist vielleicht etwas möglich, aber mit meiner jetzigen Tätigkeit bin ich sehr zufrieden. Eine Zukunft als Trainer oder Manager ist sicher vorstellbar. Als Trainer bin ich ja auch noch für die lettische U-18 Nationalmannschaft aktiv. Hier kann ich mein Wissen erweitern, sodass ich als Trainer nicht allzu weit weg bin von den Geschehnissen und kann ein „Auge“ auf den lettischen Nachwuchs werfen.

Hockeyweb: Haben Sie denn bereits ein Toptalent im Auge, der den Sprung nach ganz oben schaffen kann?

Vasiljevs: Die deutschen Talente spielen auf dem höchsten Niveau, das beweist, dass wir gute junge Spieler haben. Mit dem bevorstehenden Draft erwarte ich, dass wir es schaffen, vier bis fünf junge Spieler in der NHL zu etablieren, denn es beweist, dass wir sehr gute Arbeit hierzulande leisten. In einigen Jahren sollte es das Ziel sein, dass wir es jedes Jahr schaffen vier bis fünf Spieler für den Draft zu entwickeln. Um auf Lettland zurück zu kommen: natürlich sind hier auch sehr gute Spieler, das Problem ist, dass hier zu wenig gescoutet wird. Die besten lettischen Junioren spielen eben in Lettland und hier sind nur wenige Scouts aktiv. Mit der lettischen U18 spielen wir ebenfalls in der höchsten Liga, hier müssen die Jungs das Beste geben und zeigen, was sie draufhaben, um aufzufallen. Andere Spieler sind nicht unbedingt besser, aber Spieler aus anderen Ländern werden eben öfter gesehen.

Hockeyweb: Für alle Beteiligten sind Derbys das Größte. Haben Sie einen speziellen Derbymoment aus dem Straßenbahnduell?

Vasiljevs: Auf jeden Fall ist Düsseldorf eines der besten Spiele überhaupt gewesen. Ich kann sagen, es war immer ausverkauft. Jetzt ist es etwas verflacht, wegen der Finanzkrise und der sportlichen Entwicklung. Damals waren auch Köln oder Iserlohn immer gut voll, die Teams haben immer viele Fans mitgebracht. Aber an ein Düsseldorf-Spiel erinnere ich mich noch sehr gut, wir gewannen 1:0 in der Overtime und ich erzielte das Siegtor; man denkt, 1:0 sei ein langweiliges Spiel, aber das war etwas Besonderes, zu Hause den Siegtreffer zu erzielen.

Hockeyweb: Die Fans der Pinguine gelten als besonders lautstark und stimmungsvoll, wie nimmt man diese Emotionen auf dem Eis wahr und wie wichtig war Ihnen die Unterstützung der Fans?

Vasiljevs: Sehr wichtig, das bekommt man einfach mit. Da ändert sich auch die Stimmung, die Zuschauer merken, ob das Team richtig im Spiel drin ist. Am Anfang ist einfach eine „geile“ Stimmung, aber wenn das Spiel verflacht, das merkst du auch als Spieler, deswegen sind die Zuschauer enorm wichtig. Wenn wir auswärts spielten, war es wichtig, die ersten zehn Minuten zu überleben, denn dann pushen dich die Fans und du musst die Gunst der Stunde nutzen, denn dann weiß jeder: Jetzt wird es schwer noch einmal zurückzukommen. Deswegen ist auch die Stimmung in Krefeld immer phänomenal gewesen und du kamst immer „heiß“ aufs Eis.

Hockeyweb: Drei Olympische Spiele stehen für Sie zu Buche und auch der Sprung in die NHL – welcher Erfolg ist für Sie höher einzuschätzen?

Vasiljevs: Beide Erfolge sind sehr wichtig gewesen, aber für meine Karriere war es als Spieler und Person wichtig, die NHL zu schaffen, denn das schafft nicht jeder. Wenn man die Chance hat, muss man sich gegen 30 Spieler durchboxen. Du musst erst einmal auf dem Radar stehen, um aufzufallen. Da ich aus Lettland kam, war es noch schwieriger. Durch Glück kam ich in die Juniorenmannschaft, um mich dort zu beweisen und fiel den Scouts in Nordamerika auf. Durch einen Farmklub-Vertrag kam ich in die erste Mannschaft. Das war nicht einfach und da bin ich richtig stolz drauf. Die Olympischen Spiele waren eine Teamleistung, zu der einfach viele Leute dazugehören, aber die NHL zu schaffen, das war meine individuelle Leistung, auf die ich sehr stolz bin.

Hockeyweb: Eine Karriere in Nordamerika schafft nicht jeder. Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben und welche Station dort haben Sie am meisten genossen?

Vasiljevs: Lieblingsstation war sicher Vancouver, denn die Kanadier sind eishockeyverrückt. Das habe ich auch später bei der Olympiade in Vancouver erlebt. Die anderen Sportarten verkamen zur Randsport, denn es zählte nur die Goldmedaille für Team Canada. Vor kanadischen Fans auf kanadischem Eis zu spielen, ist einfach etwas ganz Besonderes. Wo es die besten Fans gibt, ist schwer zu sagen, aber auswärts in New York war einfach etwas ganz Besonderes, in diesem Stadion zu spielen. In Toronto war es immer ausverkauft. Und die Karten waren so teuer! Als wir dort spielten, wollten mich Bekannte besuchen und zahlten bis zu 250 Dollar!

Hockeyweb: Ein heftiger Check aus dem Jahre 2005 von Jacek Plachta ist mir noch in Erinnerung. Haben Sie sich dabei je mit einem Karriereende beschäftigt?

Vasiljevs: Ein Karriereende kam für mich nicht infrage. Du nimmst die Verletzung in Kauf, denn es ist deine Arbeit, und du weißt, wie gefährlich der Sport ist. Jeder kann sich verletzen, sogar mehrfach, denn dafür trainierst du ja, richtig fit zu sein. Natürlich ist es dann schwer, denn es schmeißt dich in deiner Entwicklung zurück, doch für mich kam solch ein Gedanke nie infrage. Viele Spieler kamen von schweren Verletzungen zurück, doch wir hatten immer tolle Ärzte. Am Ende heilt immer alles wieder. Ich merkte immer, solange ich Spaß daran habe, wollte ich Eishockeyspielen. Mit der Zeit merkt man, man wird nicht mehr schneller und du kannst dem Team nicht mehr helfen. Du musst verstehen, wann Schluss ist. Und das ist nicht einfach, denn du weißt nicht: Was wirst du nach der Karriere machen? Denn nicht jeder Spieler wird gleich ein guter Trainer.  Sich selbst einzugestehen, ich bin nicht mehr auf dem Niveau, auf dem ich sein müsste, das ist besonders schwer.

Hockeyweb: Haben Sie aus Ihrer Karriere ein Lieblingstor oder ist es eher ein spezieller Moment, den Sie nicht vergessen möchten?

Vasiljevs: Das erste Tor in der NHL werde ich nie vergessen. In Deutschland bleibt mir eher ein Spiel in Erinnerung, als ich den Rekord mit den meisten Punkten pro Spiel brach: vier Tore und vier Vorlagen gegen Frankfurt! Das Spiel wird mir immer in Erinnerung bleiben, das war einfach Wahnsinn.

Hockeyweb: Unsere Rubrik Starting Six: Stellen Sie sich bitte Ihre Traumreihe aufs Eis mit früheren Mitspielern:

Vasiljves: Das wird schwierig: Mirko Lüdemann hinten, ich wähle Scottie Langkow im Tor, einer der besten Torhüter, mit dem ich zusammenspielte, und Richard Pawlikowski, das war ein „Vogel“, den man so nicht kannte. Und vorne?  Aus Iserlohn Michael Wolf, ein hervorragender Spieler mit einem tollen Speed und einem Torriecher wie kaum ein anderer. Wir haben oft gegeneinander gespielt und um die Torjägerkanone gekämpft. Mit mir würde ich die andere Stelle im Sturm besetzen, denn ich stelle mich auf jeden Fall selbst auf. Von meinen Mitspielern wähle ich noch Boris Blank, wir spielten lange zusammen und ich kannte seine Spielweise und wir waren gut aufeinander eingestellt.

Vielen Dank, Herberts Vasiljevs, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben und viel Erfolg für die Zukunft.


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