Vor der Gesellschafterversammlung - Interview mit DEL-Chef Tripcke
Herr Tripcke, eine wichtige Versammlung steht auf dem
Programm. Wie hoch sehen Sie die Brisanz?
Es wird sicher ein interessantes, aber kein brisantes Treffen. Es geht in
erster Linie um die Frage, ob Kassel oder Wolfsburg in der Liga bleibt, eine
Problematik die die verwischenden Grenzen zwischen Wirtschaft und Sport deutlich
macht. Ansonsten ist die Lizenzprüfung wie schon in den vergangenen Jahren
ordentlich gelaufen. Die Klubs arbeiten immer professioneller. Es gab keine Überraschungen
bei der Prüfung.
Beim Thema Wolfsburg gibt es unterschiedliche Meinungen?
Das ist richtig. Die Hallensituation ist natürlich sehr ärgerlich für
unsere Gesellschafter. Sie müssen nun entscheiden, ob sie den Grizzly Adams
eine weitere Saison die Ausnahmegenehmigung gewähren, in der alten Halle zu
spielen. Dafür braucht Wolfsburg elf von 14 Stimmen.
Die Ausnahmeregelung gilt bis zum Ende des Jahres. Jedoch ist noch nichts
beim Bauprojekt passiert. War die DEL zu blauäugig?
Die Liga und der Klub haben sich auf Zusagen von Investoren verlassen, die überraschenderweise
nicht eingehalten wurden. Aber der Klub baut nicht selber und hat immer mit
offenen Karten gespielt. Die Existenzängste sind deshalb riesengroß in
Wolfsburg. Aber aus Schaden wird man klug. Das passiert uns sicher nicht noch
einmal.
Besteht die Möglichkeit, dass die DEL mit 15 Teams spielen wird?
Die Kassel Huskies, die im Falle eines Lizenzentzuges von Wolfsburg in der
DEL bleiben, haben diesen Antrag gestellt. Aber um mit 15 Mannschaften zu
spielen, müssten wir den Kooperationsvertrag mit dem DEB brechen, unseren
eigenen Gesellschaftsvertrag ändern und einen neuen Spielplan mit 60 Spieltagen
in einem Olympiajahr erstellen. Ich kann mir das nicht vorstellen.
Ein weiteres heißes Thema in diesem Sommer ist die mögliche Abschaffung des
Auf- und Abstieges ab 2006/07. Die Fans gehen auf die Barrikaden. Können sie
die Kritik verstehen?
Die Anhänger der Aufstiegskandidaten aus der zweiten Bundesliga kann ich
verstehen. Die DEL-Klubs sind aber zu der Auffassung gekommen, etwas zu verändern,
weil in den letzten Jahren der sportliche Auf- und Abstieg nicht funktionierte.
Wir haben immer wieder Ausnahmegenehmigung erteilen müssen oder Nachrücker
zulassen müssen.
Also geht es nur um die Wirtschaft und nicht um den Sport?
Der sportliche Auf- und Abstieg klappt doch praktisch nur noch zwischen 1.
und 2.Fußballbundesliga, und das nur weil die Lizenzzierungskriterien anders
sind als bei uns. Aber Sportarten wie Handball und Basketball leiden wie wir
unter großen Problemen. Im Eishockey haben bzw. planen viele Klubs moderne
Hallen, die über Jahre die Termine buchen müssen. In Frankfurt und Berlin
entstehen Arenen, die komplett privat finanziert werden. Ohne Abstieg haben die
Klubs mehr Planungssicherheit.
Das bedeutet, dass kein Team mehr in die DEL aufgenommen wird?
Ganz und gar nicht. Wir hätten die Auflagen doch so hoch schrauben können,
dass sie kein Zweitligist hätte schaffen können. Aber das wäre eine
Mogelpackung und nicht ehrlich. Wir werden uns mit den Klubs aus der 2.Liga
zeitnah zusammensetzen, Lösungen finden und die Tür für die Vereine nicht
verschließen. Sollten die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, eine gute
Halle vorhanden und ein interessanter Standort interessiert sein, werden wir in
Zukunft eine DEL-Aufnahme möglich machen. In Russland, und Finnland spielt man
bereits ohne Auf- und Abstieg. In zwei Jahren auch in der Schweiz. Es handelt
sich also keineswegs um ein rein „amerikanisches“ Phänomen.
Wie kann man den Modus in der DEL interessanter gestalten, damit es für die
unteren Klubs auch um etwas geht?
Möglich wäre, dass zehn Teams in die Play-Offs kommen, wie dies in Finnland
mit Erfolg praktiziert wird. Die Mannschaften zwischen sieben und zehn würden
eine Art „Wildcard-Runde“ im „Best of Three“-Modus spielen. Die Spannung
würde sicher nicht zu kurz kommen. Im diesem Zusammenhang muss man auch
beachten, dass das Medien- und Zuschauerinteresse an den Play-Downs in der
Vergangenheit eher mäßig war.
Zu allem Überfluss stieg die Nationalmannschaft noch in die B-Gruppe ab. Befürchten
sie einen hohen Imageschaden für die Liga?
Der Abstieg hilft natürlich nicht, aber es hat direkt nur wenig mit unserer
Liga zu tun. Ich hoffe aber, dass der direkte Wiederaufstieg klappt. Das wäre
wieder eine positive Nachricht. Auch bei Olympia hat das Team die Chance zur
Rehabilitation.
Befürworten Sie, dass Greg Poss weiter an der Bande steht und nicht Uwe
Krupp?
Es ist nicht meine Aufgabe das zu beurteilen. Allerdings gab es nach der WM
Absprachen des DEB-Präsidiums mit der DEL-Sportkommission, die sich in der
seinerzeitigen Pressemitteilung des DEB wieder finden, in der vom vergangenen
Mittwoch aber nicht.
(Das Interview führte Frank Neussser - Foto: City-Press)