Vom „Psycho“ zum Diplomaten ohne Koffer (2/2)In zweiter Reihe – die Co-Trainer der DEL

Heute ist Bernhard Englbrecht Co- und Torwarttrainer bei den Straubing Tigers. Er sieht seine Aufgaben aber vielschichtiger: „Ich bin ein bisschen das Bindeglied zwischen Mannschaft und Headcoach. Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Aufgabe, weil es ja auch immer wieder mal Schwierigkeiten zwischen Headcoach und Spieler gibt, und ich versuche, das dann wieder in die richtigen Wege zu leiten. Da unterstütze ich voll den Headcoach, aber manchmal bin ich auch auf Spielerseite.“ Damit ist Englbrecht sozusagen der Diplomat im Team. Englbrecht lacht zustimmend und meint: „Ja, Diplomat ohne Koffer.“
Ähnlich sieht es auch Spieler Alex Dotzler: „Der Bernie ist ein echter Typ, eine Marke. Er ist ein Klassiker aus der alten Schule und ist jemand, der harte Arbeit schätzt, der aber auch für gute Stimmung sorgt. Er ist für das Leben in der Mannschaft ganz wichtig, er ist das Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainer, da ist er ein ganz wichtiger Teil.“
Sein Schwerpunkt bei der Eisarbeit liegt natürlich bei den Torhütern. Doch auch hier ist der Übergang fließend, denn wie bei den meisten Clubs gibt es in Straubing einen offiziellen und gemeinsamen Teil und im Anschluss daran hat jeder Spieler noch Zeit, freiwillig eigene Übungen alleine oder in kleinen Gruppen zu machen. „Er ist nach dem eigentlichen Training noch ewig auf dem Eis und macht mit den Spielern noch unendlich viele Übungen. Er hat halt brutal viel Erfahrung“, erzählt Dotzler.
Ganze Einheiten leitet „Bernie“ nur selten, doch wenn, kann es für den Zuseher auch mal lustig werden. Bei einer Einheit, die Englbrecht letzte Saison leitete, schaute Laurent Meunier fragend seine Teamkammeraden an, zuckt die Schulter, schüttelt den Kopf und fährt auf die Spielerbank. Es war offensichtlich, Meunier verstand nicht ein Wort von den Anweisungen. Alex Dotzler sagt schmunzelnd dazu: „Bernie versteht die englische Sprache auf jeden Fall, das einzige Manko ist vielleicht die Aussprache.“ Meunier schaute einfach, was die anderen so machen und kam dann aufs Eis zurück.
Man sollte denken, dass Straubings erster Keeper Jason Bacashihua am meisten mit ihm arbeitet und von der Erfahrung Englbrechts am meisten profitiert. Was „Cash“ jedoch gelernt hat, überrascht. Bacashihua erzählt lachend über Englbrecht: „Bernie ist ein toller Kerl. Ich habe von ihm gelernt „Habe d´Ehre“ zu sagen. Er hilft mir bei meinem Deutsch, aber es ist wohl mehr Bayrisch. Er ist wirklich ein richtig guter Typ, der nie schlecht drauf ist. Er kommt morgens immer gut gelaunt in die Kabine.“ Insgesamt bleibt jedoch mehr als ein zweifelhafter Deutschkurs und Bacashishua ergänzt: „Es ist toll, einen Goaliecoach zu haben, in der AHL ist der meistens in der großen Liga oben und kommt nur für ein oder zwei Tage runter. Es ist klasse, dass wir mit ihn jeden Tag trainieren können.“
Über seine Arbeit mit Bacashihua sagt der Goaliecoach: „Er ist ein erfahrener Torhüter mit über 30 Jahren. Da spricht man nur noch Sachen an, die dir auffallen. Wenn zum Beispiel einige Tore im kurzen Eck fallen, dann spricht man das an und macht ein paar Übungen, mir denen man versucht, das abzustellen. Aber machen muss er das selbst. In dem Alter kann man bei keinem mehr am Stil was machen, das kann man nur mit jungen Torleuten. Die Alten müssen zusehen, dass sie ihren Kopf richtig einsetzten.“
Mit jungen Goalies ist es also etwas anderes: „Man muss auch zusehen, dass er sein Selbstvertrauen in die Übungen einbaut. Da kann man nicht irgendwelche Übungen machen, in denen sie ihm jede Scheibe ins Tor hauen. Dann hört er nach zehn Minuten auf. Man muss auch dementsprechend Schussübungen machen, in denen es nur darum geht, die Technik zu verbessern.“
Der jüngste Goalie in Straubing ist Christoph Samhuber. Auf den Spielberichten meist als Nottorwart aufgeführt und Spieler der Juniorenmannschaft, macht er aber viele Einheiten bei den Tigers mit. Er sagt über die Arbeit mit Englbrecht: „Mir bringt das extrem viel. Er sagt mir viele Sachen, zum Beispiel wie ich meine Fanghand halten soll, oder viele kleine Sachen die Dan (Ratushny, Anm. d. Verfassers) wahrscheinlich nie sehen würde. Am Anfang hat er mir viel mehr gesagt, jetzt wird’s schon langsam weniger. Er ist sehr wichtig für mich, ich bin sehr froh, dass wir einen Torwarttrainer und keinen ‚normalen‘ Co-Trainer haben.“
Cheftrainer in Straubing ist Dan Ratushny. Er schwärmt in den höchsten Tönen: „Bernie ist ein traumhaft guter Partner für meine Arbeit. Aber er ist auch ein guter Freund. Er ist eine großartige Unterstützung und loyal. Er arbeitet hart, es ist eine große Freude, mit Bernie zusammenzuarbeiten.“ Bei den Trainern hört die tägliche Arbeit natürlich nicht um 11.30 Uhr nach der Eiseinheit auf. Ratushny berichtet: „Wenn wir eine Entscheidung treffen, diskutiere ich viel und lange mit ihm, um auch seine Ansicht zu bekommen. Ich denke, das ist seine größte Aufgabe, Probleme und Angelegenheiten mit mir zu diskutieren und dabei zu helfen, eine bessere Entscheidung zu finden. Er macht nicht nur das Torwarttraining und arbeitet mit den verletzten Spielern, um sie schnell wieder fit zu bekommen. Er ist in alles involviert, was ich mache, wir arbeiten als Team.“
Coach Ratushny schwört also auf Englbrecht, da liegt die Frage nahe, ob ein Mann mit seiner Reputation und Erfahrung sich irgendwann auch wieder einen Posten als Cheftrainer vorstellen könne: „Selbstverständlich. Das ist sicher mal eine Idee. Nur jetzt in Straubing ist die Zusammenarbeit mit Dan überragend. Wir verstehen uns jetzt drei Jahre super, das wird immer so bleiben.“