Vom „Psycho“ zum Diplomaten ohne Koffer (1/2)In zweiter Reihe – die Co-Trainer der DEL
Bernie Englbrecht ist Co- und Torhütertrainer der Straubing Tigers. (Foto: Heribert Böckl)Geboren wurde der Urniederbayer am 16. Februar 1958 in Landshut, wo er später auch das Eishockeyspielen begann und den Großteil seiner Karriere die Pucks fing. „Ich habe als Fußballtorwart bei der SpVgg Landshut angefangen. Jaro Truntschka, der Vater von Gerd und Bernd, suchte einen Torwart für die Bambini-Mannschaft. Das habe ich mir mal angesehen. Die Ausrüstung und die Masken waren sehr interessant und daher habe ich mich entschieden, auch im Eishockey ins Tor zu gehen.“
Nun blickt er auf eine sehr erfolgreiche Laufbahn zurück. Neben der Meisterschaft 1983 mit dem EV Landshut stehen zwei Olympische Spiele als Torhüter, eine Teilnahme als Trainer unter Hans Zach in Salt Lake City sowie mehrere Weltmeisterschaften als Spieler und Trainer und ein Canada Cup in seiner Vita. Doch er vergisst auch seine frühesten Erfolge nicht und betont: „Ich habe in Landshut auch viele Meisterschaften mit den Schülern, Jugend und Junioren erreicht.“
Sein Heimatclub hat ihn als Spieler nie losgelassen. In 17 von 25 Jahren stand er im Tor des EVL. Nur zwischendurch gab es einen nicht ganz freiwilligen Ausflug. „Ich war 1986/87 in Garmisch, zuvor hatte ich mich mit dem Vorstand in Landshut etwas überworfen. Eigentlich hatte ich schon einen Vertrag mit Düsseldorf, aber der Manager, der mit mir den Vertrag machte, ist kurz vor der Saison ausgeschieden und so hat es sich ergeben, dass ich keinen Verein hatte. In Garmisch war Zehentner Geschäftsführer, der früher in Landshut war. Er hat gemeint: ‚Bevor Du nichts hast, spiel halt bei uns‘.“ In vielen Statistiken stehen für das Jahr keine Spiele: „Ich habe das ganze Jahr gespielt, aber leider waren wir in der Relegationsrunde, weil Garmisch damals keine so gute Mannschaft hatte. Das war kein Superjahr. Danach hat mich Landshut wieder zurückgeholt und dort habe ich dann bis 1993 gespielt. Eigentlich wollte ich in Landshut meine Karriere beenden. Aber die haben dann Petr Bříza geholt. Ich bin ein Jahr nach Essen-West gegangen, die sind aber im Januar Pleite gegangen. Danach habe ich beim EHC Nürnberg das erste DEL-Jahr gespielt. Zu der Zeit waren meine Kinder schon auf der Welt, ich wollte nicht mehr weiter weg und meine Frau wollte in Landshut bleiben. So bin ich nach Erding gegangen und habe da auch noch viereinhalb Super-Jahre gehabt und mit 41 meine Karriere beendet.“ Es war nach der Spielzeit 1999/2000.
Als Spieler bekam er von Fans der gegnerischen Teams den "schmeichelhaften" Spitznamen „Psycho“. Wer ihn erst jetzt kennenlernt, wird nur schwer verstehen, wie es dazu kam. Doch er war so etwas wie der Barry Brust der 80er. Fliegende Getränkeflaschen und Fäuste traut man dem heute urgemütlichen Mitfünfziger, dem man mit einer Priese Schnupftabak eine Freude machen kann, nur schwer zu. „Ich war halt ein Typ, der unbedingt gewinnen wollte, egal wie und mit welchen Mitteln. Da ist man auch mal ausgerastet. Man weiß aber hinterher immer mehr, denn das hat nicht so viel gebracht. Wenn ich das nicht gemacht hätte und vielleicht auch mehr mit den Medien kommuniziert hätte, wäre ich vielleicht auch als Spieler noch weiter gekommen. Aber ich war immer gegen die Presse und wenn mir einer dumm gekommen ist, dann habe ich auch dumm geantwortet. Man lernt daraus. Jetzt als Trainer kann man schon mal aufbrausend werden, aber es ist besser, wenn man ruhig bleibt. Die Spieler sind sowieso manchmal auf 120, da sollte man lieber der ruhende Pol sein und beruhigend einwirken.“
Schon zur Saison 2001/02 wurde er Trainer und wechselte auf die andere Seite der Bande. Zu verdanken hat er das keinem geringeren als dem Alpenvulkan. „Das hat sich ergeben, als mich Hans Zach 1998/99 in sein Trainerteam der Nationalmannschaft als Torwarttrainer holte. Er hat zu mir gesagt, dass ich Trainer werden muss und dass ich das kann.“ Und wieder begann alles in Landshut. „Dort hat man mir einen hauptamtlichen Posten als Nachwuchstrainer gegeben. Nach der halben Saison ist Gary Clark als Trainer der ersten Mannschaft entlassen worden und so bin ich Trainer der Ersten geworden. Wir haben das Saisonziel Play-offs erreicht, sind aber in der ersten Runde gegen Duisburg ausgeschieden. Die nächsten drei Jahre waren sehr gute Jahre, mit jungen Spielern. Wir waren im Halbfinale, im Finale und im Viertelfinale. Dann hat die Führung gemeint, das sei zu schwach für Landshut und ich bin nach der Saison entlassen worden.“
Nach Landshut hatte er ein schweres Jahr in Kassel. „Es war erst im Juni klar, dass sie weiterspielen. Es war schwierig, die Spieler zusammen zu bekommen, wobei es eine gute Truppe war. Einige von denen sind und waren in der DEL erfolgreich. Aber wir waren nur Drittletzter.“ Daher musste er Anfang Oktober seinen Hut nehmen. Weiter ging es als Co-Trainer, wieder unter Hans Zach, zu den Hannover Scorpions und später als Cheftrainer zum EHC München, wo Christian Winkler bei der Verpflichtung sagte: „Bernhard Englbrecht ist ein Sechser im Lotto für den EHC.“ Doch nach nur neun Spielen wurde er wegen „vereinsschädigendem Verhalten in der Öffentlichkeit“, so das damalige EHC-Vorstandsmitglied Jürgen Bochanski, entlassen. Über den Deggendorfer SC führte der Weg dann zur Spielzeit 2010/11 zu den Straubing Tigers.
Seit 2011 ist Bernhard Englbrecht Mitglied der deutschen Hall of Fame. Darüber sagt „Bernie“: „Das war schon eine Super-Auszeichnung, aber es hat viele andere Sachen gegeben. Da erinnert man sich vielleicht nicht mehr so dran, weil es schon so lange her ist. Zum Beispiel 1977/78 haben wir, also Ernst Höfner, Gerd Truntschka und wie sie alle heißen, die erste U20-WM überhaupt gespielt. Da waren wir stark und haben gegen die Russen nur 1:2 verloren. Alle die uns heute schlagen, haben wir damals geschlagen und sind Fünfter geworden. Ein Jahr später war die WM in Kanada, da habe ich sehr gute Leistung gebracht und bin gedraftet worden.“ Bernhard Englbrecht war der erste Deutsche, der jemals gedraftet wurde. Die Atlanta Flames zogen ihn in Runde 12 als insgesamt 196. Zum Thema Draft erzählt er: „Das war was ganz anderes als heute. Heute werden die jungen Spieler verhätschelt und vertätschelt und haben Camps. Ich wusste damals gar nicht, dass ich gedraftet worden bin. Mir ist das erst über Presse und den Manager zu Ohren gekommen. Ich bin erst fünf Jahre später auf ein Probetraining eingeladen worden.“ Auch an die damaligen Gehälter erinnert sich Englbrecht: „Die NHL-Gehälter waren im Schnitt 100.000 Dollar, das hat sich jetzt ja verzehnfacht. Im Farmteam hat man 20 vielleicht 25.000 Dollar verdient. Das war gerade so, dass man über die Runden gekommen ist. Da gab es auch keine Wohnungen und Autos, wie es jetzt auch bei uns gibt, dass musste man sich alles selbst organisieren.“
Morgen blicken wir auf seine aktuellen Aufgaben, seine Arbeit bei den Straubing Tigers und lassen Spieler und den Cheftrainer zu Wort kommen.