Uwe Krupp: "Hatte das Gefühl, sie wollten mich nicht mehr!" Klartext! Trainer erklärt seinen Wechsel von den Eisbären Berlin zu Sparta Prag

Rigaer Straße. Buntes Treiben. Sonnenschein. Kiez. Der Kiez von Uwe Krupp. Seine Wohlfühloase. Aus der er gar nicht weg wolle. „Meine Familie und ich fühlen uns hier wohl.“ Dennoch verlässt er Berlin nach dreieinhalb Jahren, wechselt zu Sparta Prag. Dann der Satz, der vieles erklärt, einschlägt wie ein Schlagschuss: „Ich hatte das Gefühl, die wollen mich nicht mehr.“
Dem ehemaligen NHL-Star und Stanley-Cup-Gewinner fehlte das Vertrauen. „Das Ganze hatte sich im Laufe der Saison schon angedeutet“, sagt der 52-Jährige. Im Dezember gab es erste Gespräche. „Man sagte mir, dass man zufrieden mit mir ist, die Richtung stimmt. Und dass man weiter zusammenarbeiten wolle. Doch danach kam nichts mehr. Bis eine Woche vor dem Viertelfinale.“
Im Prinzip war da schon die Chance vertan: „Davor kam nichts, da macht man sich schon Gedanken“, erklärt Krupp. Ein Alibi-Angebot. Eine Woche vor dem Viertelfinale wurde es konkreter. Nach dem Motto: Wenn man dort erfolgreich ist, geht es ein Jahr weiter. Wenn nicht ist alles vorbei. Hätte Krupp die Meisterschaft gewonnen, wäre der Kontrakt um zwei Jahr verlängert worden. „Da hatte man schon das Gefühl, dass die Zeit abgelaufen ist. Damit hatte ich mich schon länger vertraut gemacht.“ Also entschied sich Krupp schweren Herzens für eine Veränderung. „Wenn es wichtig gewesen wäre, die Sache zu regeln, so wie es in der Vergangenheit schon geschehen ist, Peter John Lee hat sowas schon mal gemacht, wäre es anders verlaufen.“ Ein klarer Crosscheck gegen Sportdirektor Stephane Richer. „Wenn man mich im Dezember auf die Geschäftsstelle gebeten und mich gefragt hätte, ob ich ein Jahr verlängern will, hätte ich sofort zugesagt.“
Überrascht sei Krupp gewesen, dass Richer geschockt über seinen Abgang sei (Hockeyweb berichtete). „Das habe ich auch gelesen. Man kann doch nicht geschockt sein, wenn man so ein Angebot macht. Ich bin ja seit dreieinhalb Jahren hier, wir haben immer gut zusammengearbeitet. Es gibt gewisse Zyklen im Trainerleben. Damit komme ich klar. Entweder man macht weiter, oder nicht. Für mich standen die Weichen auf Veränderung. Ich möchte nur klarstellen, dass ich mich nicht gegen das Angebot der Eisbären entschieden habe. So wird es immer dargestellt. Es gab ein Angebot, das im Prinzip keines war. Das hatte schon einen Beigeschmack,“ sagt Krupp.
„Reden wir mal Klartext. Es wäre für mich viel einfacher gewesen, in Berlin zu bleiben. Ich habe zwei kleine Kinder im Kindergarten. Meine Frau fühlt sich hier wohl. Es ist unser Zuhause. Deshalb habe ich die Entscheidung umzuziehen nicht leichtherzig getroffen. Ich bin morgens nicht aufgewacht und habe gesagt, so jetzt habe ich keinen Bock mehr. Ich musste diese Entscheidung treffen. Wenn ich das Angebot angenommen hätte, würde ich im nächsten Jahr vor der gleichen Situation stehen. Unter normalen Umständen wäre ich in Berlin geblieben.“ Nach dem Finale setzte man sich nicht mehr zusammen. Krupp: „Wenn man sieben oder acht Monate Zeit hat, die Sache zu regeln, ist irgendwann der Spaß vorbei.“
Also Tschechien. Sparta Prag. Für zwei Jahre. „Nach Ablauf der Vorrunde habe ich mit meinem alten Agenten in Nordamerika Kontakt aufgenommen. Ich habe seit 2011, als ich in Köln eingestiegen bin, erstmals wieder meine Fühler ausgetreckt. Ich hatte nach drüben ein paar Optionen. Dann hat Sparta sein Interesse bekundet. Die haben mich dann auch erstmal in Ruhe gelassen. Sie sind sehr zuvorkommend gewesen in der Angelegenheit. Ich wollte, dass alles gut abläuft. Mit der Verabschiedung von der Mannschaft und den Fans. Und dann mit Prag eine Lösung zu finden. Es ist uns gelungen, die Sache sauber über die Bühne zu bringen. Das ist mir wichtig.“
Krupp ist stolz, bald in einem Land mit einer solchen Eishockey-Tradition zu arbeiten: „Dort gehört dieser Sport zum Lebensgefühl. Es ist ein toller Verein, mit einer langen Geschichte, den es seit 1903 gibt. Und ich bin dort der erste Trainer mit einem deutschen Pass. Das ist eine absolute Ehre für mich.“ Maßgeblich beteiligt war Petr Bříza, der inzwischen Generalmanager in Prag ist. „Wir sind befreundet, haben während des Lockouts in der NHL beim EV Landshut zusammengespielt, hatten danach immer wieder Kontakt. Ohne ihn hätte ich den Schritt wohl nicht getan.“ Umzugstress ist vorprogrammiert: „Erstmal gehen die Möbel in einen Container, bis ich eine Wohnung gefunden habe.“ Prag ist die goldene Stadt. Eine wunderschöne Stadt. Aber seinen Kiez an der Rigaer Straße wird Krupp mit Sicherheit vermissen. „Ich hatte nie die Zeit, die Stadt richtig zu erkunden. Zudem waren die Kinder noch zu klein. Schade!“
Favorit auf die Nachfolge von Krupp als Chefcoach bei den Eisbären ist derzeit wohl der bisherige Co-Trainer Clément Jodoin.