Unglückliches Saisonende - Ice Tigers scheitern an Waite
Zittersieg gegen Huskies
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Wenn man kein Glück hat, kommt in der Regel
auch noch Pech hinzu. So wird die Stimmungslage von Spielern und Fans der
Nürnberg Ice Tigers nach dem überraschend frühen Saisonende im sechsten
Viertelfinalduell gegen den ERC Ingolstadt sein. Trotz einer hervorragenden
Leistung verlor man mit 0:2 und hat nun lange Zeit über die Ursachen
nachzudenken.
Wie schon in den Spielen zuvor scheiterten die Ice Tigers auch diesmal an Jimmy
Waite, der vor allem in den ersten beiden Spielabschnitten mit Wahnsinnssaves
die Nürnberger Stürmer reihenweise zur Verzweiflung brachte. Vom ERC war
nichts zu sehen, Alfie Michaud, der für Frederic Chabot das Ice Tigers Tor
hütete, hatte einen geruhsamen Nachmittag, aber weder Stastny (völlig frei vor
Waite), Greilinger (mehrfach aussichtsreich), Larouche (aus kürzester Distanz),
noch Fical (an die Latte) fanden den Weg hinter Waite. Großchance auf
Großchance rollte auf das Tor des ehemaligen NHL-Keepers, aber es reichte
dennoch nicht, um ein siebtes Spiel in Nürnberg zu erzwingen.
Wie es dann im Sport so oft kommt, machten die
Gastgeber aus einer halben Chance ein ganzes Tor, die Entscheidung. Von
Stefenelli umkurvte das Nürnberger Gehäuse, schob den Puck vors Tor, wo Mike
Stevens unfair arbeitete, ehe die Scheibe zu Sean Tallaire gelangte, der seine
17 Spiele andauernde Torflaute mit dem "series winner" beendete. Der
in Spiel fünf und sechs über weite Strecken souveräne Schiedsrichter Petr
Chvatal hatte dabei allerdings übersehen, dass Mike Stevens Nürnbergs Keeper
Michaud in den Schwitzkasten nahm und ihn dadurch regelwidrig behinderte. Das
2:0 von Doug Ast ins verwaiste Nürnberger Gehäuse war nur noch eine
unbedeutende Zugabe.
Trotz allem ist die Enttäuschung im Nürnberger
Lager nach dem, nach einer 2:0-Führung, überflüssigen Viertelfinal-Aus zwar
riesig, aber dennoch sollte der Stolz auf eine großartige Saison überwiegen.
Viele junge Spieler haben sich mit großem Engagement und dank der Führung von
Trainer Greg Poss schon im ersten Jahr in der DEL etabliert. Das
Zuschauerinteresse ist aufgrund des attraktiven, offensiven Spielsystems von
Poss erheblich gestiegen und auch im Sponsorenumfeld scheinen sich positive
Entwicklungen abzuzeichnen. Die nächsten Tage und Wochen will man
"intensiv nutzen", um alles genau zu analysieren und die
Personalplanungen für 2004/05 abzuschließen. Der Sommer ist lang.
Keinen Platz mehr in Nürnberg wird definitiv
Martin Jiranek finden. Der 34-jährige Deutsch-Kanadier, der zwar schon seit der
Saison 1996/97 die Schlittschuhe für die Ice Tigers schnürt, drängte sich
allerdings auch zu keiner Zeit für eine Vertragsverlängerung auf. Zu pomadig
und vor allem im Defensivverhalten zu schwach war seine Spielweise in den
letzten Wochen. Auch von Führungsqualitäten und Charakter war nur selten etwas
zu sehen. Es reicht eben nicht, nur schöne Penalties zu schießen, um bei Greg
Poss einen Vertrag zu bekommen.
Aber auch über andere Spieler hat der
Saisonverlauf und speziell die Serie gegen Ingolstadt Aufschluss gegeben. Zu den
Gewinnern zählen eindeutig die Verteidiger Garvey und Posmyk, die mit
Engagement und weitgehend fehlerfrei nicht nur ihren Job erledigten, sondern
auch Akzente setzten, was man von den Routiniers Dahl, Julien und Lehoux dagegen
eher vermisste. Die deutschen Defensivstrategen Petermann und Kopitz waren
solide, sind aber natürlich in ihrer Leistung noch ausbaufähig. Nicht abwegig
erscheint, dass mit Christian Franz (Iserlohn) und Stefan Schauer (Köln) zwei
weitere talentierte Deutsche in die Nürnberger Verteidigung einrücken.
Im Sturm hatte das Team vor allem unter dem
verletzungsbedingten Ausfall von Marian Cisar zu leiden, der zwar heute wieder
eingesetzt wurde, aber bei weitem nicht im Vollbesitz seiner Kräfte ist. Der
Toptorjäger der Vorrunde hätte im Verlauf der Serie vielleicht eher einen Weg
gefunden, Jimmy Waite das ein oder andere Mal zu bezwingen. Starke
Leistungen muss man vor allem Greg Leeb und Thomas Greilinger attestieren, die
beide während des gesamten Saisonverlaufs vollends überzeugten. Vor allem Leeb
ist wohl einer meistunterschätzten Spieler in der DEL. Nahezu perfektes
Defensivspiel, gutes Auge und schnelle Hände, starkes Penaltykilling sowie auch
den nötigen Torinstinkt in den Playoffs machen ihn zu einem wertvollen
Allrounder, der noch ein weiteres Jahr in Nürnberg unter Vertrag steht.
Enttäuscht muss man dagegen eher von einigen Routiniers sein. Ebenso wie der
schon angesprochenen Jiranek, vermochte auch Jürgen Rumrich nur wenig Akzente
zu setzen. Es sollte nicht verwundern, wenn der ehemalige
Nationalmannschaftskapitän in Nürnberg ausgedient hätte. Anders sieht die
Lage bei Steve Larouche aus. Der Frankokanadier, der schon mehrmals angedeutet
hat, dass er sehr gerne in Nürnberg bleiben würde, hat mit einer starken
Playoff-Leistung seine Wünsche untermauert. Hier wird wohl das
Preis-Leistungs-Verhältnis den Ausschlag für einen weiteren Verbleib geben,
wobei durchaus jüngere, schnellere und billigere Akteure auf dem Spielermarkt
sein werden, die Larouche ersetzen könnten.
Im Schatten von Jimmy Waite wurde auch einmal
mehr deutlich, dass Frederic Chabot in den Playoffs nicht an seine Leitungen der
Hauptrunde anknüpfen kann. Und das zum dritten Mal in Folge. Da Alfie Michaud
zwar solide, aber wohl für eine Nummer eins zu inkonstant ist, deutet alles auf
einen Doppelwechsel auf der so wichtigen Position. Hinter einer starken Nummer
eins wird wahrscheinlich ein deutscher Keeper stehen.
Auch wenn kurzfristig der Frust überwiegt, die
Zukunft für das Eishockey in Nürnberg sieht rosiger als in den Jahren zuvor
aus. Mit vernünftiger Finanz- und Personalpolitik hat Manager Otto Sykora schon
im letzten Sommer die richtigen Weichen gestellt und dabei mit Greg Poss den
idealen Trainer für Nürnberg an seiner Seite.