Tschüss Welli
Die Türen sind zu, das
Eis wird abgetaut. Am gestrigen Sonntag verabschiedeten sich 4500 Eisbären-Fans
von ihrem Wellblechpalast. Die alte Eishalle in Berlin-Hohnschönhausen ist für
das DEL-Eishockey Geschichte. Die Zukunft gehört der o2-World, die neue Multifunktionsarena
im Herzen von Berlin.
Vorher wurde aber noch einmal kräftig gefeiert, und die Gästeliste dieser
Veranstaltung las sich wie die Geschichte der letzten 50 Jahre des
(Ost)Berliner Eishockeys. Begonnen bei den alten Recken wie Hanne Frenzel oder
Joachim Ziesche ging es über Dieter Frenzel, Dietmar Peters, Harald Kuhnke bis
hin zu den Spielern der "nach Bosman-Ära" wie die Ex-NHL Profis
Thomas Steen, Mike Bullard oder Ricard Persson - um nur einige Namen zu nennen.
Begonnen hatte die Veranstaltung mit einem kleinen Charme der Anfangszeit vom
Wellblechpalast. Sicherlich ungewollt, aber die teilweise akustisch
übersteuerten Ansagen von Stadionsprecher Uwe Schumann, sowie seinen für diesen
Abend eigens angeheuerten Co-Moderator Desmond Squire (Radio Fritz, Deutsche
Welle), glichen dem Klang der einst unter dem Wellblechdach angebrachten
Druckkammerlautsprecher. Was aber nicht schlimm war, verlagerten sich die
Hauptgeschehnisse eher optisch auf das Eis und deren Akteure.
So fand nach einem
kulturellen Intermezzo einer Cover-Band mit "ostalgischen" Liedern
die Vorstellung der Helden von einst bis heute statt. Derick Mayer, einst
gefürchteter Verteidiger in der DEL und jetziger Trainer der Eisbären Juniors
in der Oberliga, musste als "bester Mann" zwar nicht seine Kelle
'rausholen, dafür aber die Welle anstimmen. Ex-Kapitän Marc Fortier, der wie
Mike Bullard eigens aus Nordamerika eingeflogen wurde, oder Niklas Hede zeigten
nicht nur in der "Skills-Competiton", dass sie keinen Rost angesetzt
haben, auch beim Spiel der beiden Ehrenmannschaften zogen sie locker und
flockig so manch einem gestandenen Profi davon.
Sven Felski, oft als Eisbären-Urgestein bezeichnet (was er wohl gar nicht so
gerne hört) hatte noch eine Herausforderung der besonderen Art zu absolvieren.
Nicht nur das der einstige Eiskunstlaufschüler eine Pirouette mit
anschließender Landung auf einem Bein absolvierte, auch Claudia Pechstein,
Olympiasiegerin im Eisschnelllauf, ließ es sich nicht nehmen, noch zwei finale Stadionrunden
gegen den Eisbärenstürmer unter Wettbewerbsbedingungen zu laufen. Endeffekt
war, dass Claudia Pechstein eher auf der längeren Distanz die Nase vorn hatte,
im Sprint präsentierte sich aber Felski als spritziger. Den Schneewalzer nach
dem Rennen ließen sich aber beide nicht nehmen. Das ehemalige Eistanzpaar Kati Winkler
und René Lohse wären neidisch geworden.
Richtig emotional wurde
es noch einmal zum Schluss der Veranstaltung. Der Dynamische Oktoberklub (eine
Fanvereinigung, die schon seit einigen Jahren CDs zu verschiedenen Anlässen
produzieren) bot ihr für diesen Abend komponierte Hymne zum Besten. "Welli
adé - scheiden tut weh". Unter dieser Melodie wurden die Meisterbanner aus
den Jahren 2005 und 2006 herabgelassen, sowie ein Wellenbrecher aus dem Fanblock
geflext, welche nun in die o2-World integriert werden.
Die große
Autogrammstunde ließ noch einmal jeden Fan das Eis des Wellblechpalalsts
betreten und somit Abschied von seiner Kultstätte nehmen. Ein Feuerwerk krönte
den Abschluss von "Tschüss Welli" und ließ viele Anhänger doch die
eine oder andere Träne verdrücken.
Die Türen werden
wieder aufgeschlossen, das Eis wieder bereitet, denn die Eisbären Juniors
werden dort weiter ihre Heimspiele austragen. Aber die ganz großen geballten
Emotionen werden nicht mehr von den Rängen kommen. Trotzdem bleibt diese
Kultstätte unvergessen - und hat nun seinen (Un)Ruhestand verdient. Tschüss
Welli! (Oliver
Koch,
Matthias Eckart)
Foto by City-Press: „Mister
Wellblechpalast“ Hartmut Nickel zusammen mit aktuellen und ehemaligen
Schützlingen