Teamcheck Thomas Sabo Ice Tigers: Mit Routine zum Ziel?
Die Neuzugänge der Thomas Sabo Ice Tigers für die Saison 2011/2012 - obere Reihe von links: Paul Traynor - Shane Joseph - Jame Pollock - Trainer Andreas Brockmann - Co-Trainer Derek Mayer - Jan Benda, Maskottchen Pucki, untere Reihe von links: Sven Butens
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Die letzte Saison war im Nachhinein betrachtet eine Spielzeit zum Vergessen. Die Thomas Sabo Ice Tigers hielten sich zwar lange gut, hatten aber gerade zum Saisonende ein niederschmetterndes Tief das vielschichtige Gründe hatte. Nur 2 der letzten 13 Saisonspiele konnten gewonnen werden und am Ende sprang mit Platz 10 die schlechteste Platzierung seit Jahren heraus. Kein Wunder, dass dann nach zwei - zugegebenermaßen engen - Pre-Playoff-Spielen gegen die Mannheimer Adler die Saison viel früher beendet war als man sich das rund um die Arena Nürnberger Versicherung erhofft hatte.
Mangelnde Team-Chemie und das Fehlen von Führungsspielern machte die sportliche Leitung um Manager und Geschäftsführer Lorenz Funk, sowie den beiden Trainer Andreas Brockmann und Derek Mayer als Hauptgründe für das schlechte Abschneiden aus. Kein Wunder also, dass die Ice Tigers im Sommer viel Wert auf diesen Sektor legten und eine ganze Menge Erfahrung für die neue Spielzeit verpflichteten.
Auch am Monopol von Patrick Ehelechner, der von seinem Back-up Sebastian Stefaniszin praktisch nie gefordert wurde, wollte man etwas ändern und angelte sich mit Tyler Moss einen erfahrenen Weltenbummler, der sowohl in der NHL (Calgary, Carolina), als auch in der KHL (Khabarovsk) und in der DEL (Hannover) schon seinen Mann gestanden hat, als zweiten Mann. Ob man damit den Ehrgeiz von Ehelechner anstachelt oder dessen Wunsch Nürnberg zu verlassen eher in die Karten spielt, ist noch nicht abzusehen. In der Vorbereitung kristallisierte sich noch nicht heraus, wer sich für mehr Einsätze empfehlen konnte, zumal Moss vorerst nach einer Kniespiegelung pausieren muss. Der eigentlich Gewinner der Vorbereitung heißt Andreas Jenike. Der 23-jährige Hamburger, der für das Oberligateam der Tölzer Löwen spielt, konnte bei drei Einsätzen überzeugen und zuletzt sogar mit einem Shut-out gegen München glänzen. Eine wichtige Erfahrung für den jungen Mann, der aber sicherlich weiterhin beim Kooperationspartner agieren wird, sofern Ehelechner und Moss fit sind.
Vor allem in der Defensive setzen die Ice Tigers auf Führungsqualitäten. Den Abgängen von Blanchard, Platil, Likens und Eriksson setzten die Ice Tigers drei überaus erfahrene Neuzugänge entgegen, die allesamt über Finalerfahrungen in der DEL verfügen. Paul Traynor kommt von Vizemeister Wolfsburg und weiß selbst nicht so genau warum er dort keinen neuen Vertrag angeboten bekam. Von den Mannheimer Adlern stoßen Sven Butenschön und der "verlorene Sohn" Jame Pollock zu den Franken. Butenschön blickt auf sechs Jahre beim Ligakrösus mit reichlich Playoff-Einsätzen zurück, während Pollock in der Saison 2006/07 der überragende Akteur beim Vizemeister-Titel der Ice Tigers war, danach aber den Verlockungen des Mammons folgte und über die AHL und die KHL bei den Adlern landete. Vor allem Pollock sollte fähig sein - mit seinem fulminanten Schlagschuss - das Nürnberger Überzahlspiel zu verbessern. Traynor und Butenschön gelten mehr als Charakter-Player mit Stärken in der Defensive. Zusammen mit Neu-Kapitän Rob Leask, sowie Martin Walter, TJ Kemp und Tim Schüle sollte das neue Trio sowohl offensiv als auch defensiv eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr darstellen.
Die schlechteste Nachricht des Sommers erreichte Lenz Funk schon vor dem Trainingsauftakt: Ryan Bayda, der sich nach Startschwierigkeiten zu einem zuverlässigen Scorer mauserte, riss sich die Achillessehne und fällt mehrere Monate aus. Ein Ersatz musste her und wurde schnell gefunden. Shane Joseph von den Iserlohn Roosters soll die Lücke füllen. Ohnehin war der Ice Tigers-Sturm im Vorjahr eher lau. Mit 138 Treffern rangierte man nur auf dem drittletzten Platz. Damit dies besser wird, wurde neben Joseph auch der giftige Chris Collins verpflichtet. Collins überzeugte zuvor schon in Augsburg und gilt als kampfstarker Außenstürmer, der weiß wo das Tor steht. Als Abgänge stehen nur Clarke Wilm und Colin Beardsmore auf der Liste. Zusammen erzielten beide allerdings nur 14 Tore und fallen damit nicht sonderlich ins Gewicht, zumal Wilm eine verheerende Plus-Minus-Bilanz zu verzeichnen hatte (-17).
Bei der (bisher vergeblichen) Suche nach einem weiteren ausländischen Stürmer, konnte Lenz Funk eine echte Sensation präsentieren. Mit Jan Benda - mittlerweile 39 Jahre - schloss sich eine lebende Legende den Ice Tigers an. Nach 17 Jahren und der Bundesliga-Meisterschaft 1994 mit Hedos München schlägt der Allrounder erstmals wieder in Deutschland auf. "Lenz Funk war einfach am schnellsten, nachdem ich bei Slavia Prag keinen Vertrag bekam", erklärte der in Belgien geborene aber mit einem deutschen Pass ausgestattete Routinier. Benda ist sicher nicht mehr in der Form seines Lebens, kann aber immer noch Qualitäten einbringen, die den Ice Tigers zuletzt so schmerzlich fehlten.
Fazit: Besser als im Vorjahr (Platz 10) sollte es schon werden, um das doch recht verwöhnte Nürnberger Umfeld einigermaßen zufrieden zu stellen. Sollte das hohe Durchschnittsalter nicht auf Kosten der Schnelligkeit und Spritzigkeit gehen, dürfen die Ice Tigers vielleicht sogar an Platz 6 und der damit verbundenen direkten Play-off-Teilnahme schnuppern. Allerdings: Eine Saison ist lang und voller Unwägbarkeiten. In erster Linie wird der Erfolg davon abhängen wie homogen die Truppe von Andreas Brockmann auftritt. Nur über tadellosen Teamgeist und einer "Jeder für Jeden"-Mentalität wird sich der Erfolg einstellen. Sollten wieder einzelne Spieler ihre eigenen Wege gehen, kann das Gesamtziel auch schnell verfehlt werden.
Die Buchmacher von HAMSTERbet sehen dies eher skeptisch und schätzen mit einer Quote von 50 (500 Euro für 10) die Chancen auf einen Titelgewinn nicht wirklich hoch ein.