Tabellenspitze verteidigt - Eisbären bezwingen Scorpions
Mit einem 5:2-Heimsieg über die Hannover Scorpions untermauerte der EHC Eisbären Berlin am Sonntagabend seinen Führungsanspruch in der Deutschen Eishockey Liga.
Das Spiel geriet für die 4000 Zuschauer im Wellblechpalast jedoch zunächst fast zur Nebensache, denn es „menschelte“ gehörig im Sportforum. Grund? Bradley Bergen kehrte unter den Standing Ovations der Fans und Zuschauer auf das DEL-Eis zurück! Und der Wellblechpalast tobte vor Freude. Dem sympathischen Verteidiger tat das Bad in Menge sichtlich gut. Eine besondere Botschaft überbrachte Bergens Familie: „We love you, Daddy!“ stand auf dem großen Transparent, was Anja Bergen vor Beginn des letzten Drittels für alle sichtbar enthüllte. Vor, während und nach dem Spiel wurde Bergen enthusiastisch vom Anhang gefeiert. Mit einer Ehrenrunde war es da nicht getan.
Aufgrund der vielen Ausfälle, jüngst der von Darryl Shannon ( Schulter-Bänderdehnung) und Jens Baxmann (Erkältung), hatte Bergen seinem Trainer Pierre Pagé signalisiert: „Ich bin zwar noch nicht hundertprozentig fit, aber wenn ich gebraucht werde, möchte ich meinen Beitrag bringen“. Die Zeit war also reif und Bergen war bereit. Noch lief zwar nicht alles rund beim Rückkehrer, aber er konnte mit seiner Routine der Abwehr der Eisbären einige Stabilität verleihen.
Ein weiterer Verteidiger im Eisbärentrikot hatte im Spiel gegen die Scorpions seinen großen Auftritt:
Rob Leask trug sich dreimal als Torschütze in die Scorerliste ein! Der Kanadier, der seit wenigen Wochen im Besitz eines deutschen Passes ist, überzeugte jetzt schon zum wiederholten Male mit bisher nicht gekannten Offensivqualitäten. Den Fans war das Anlass genug, dessen Einsatz in deutschen Nationalteam einzufordern. Leask, der wegen seines sonst zurückhaltenden Wesens den bezeichnenden Spitznamen „Mutti“ verpasst bekam, wurde mit dem Spruch „Mutti für Deutschland!“ vom Anhang für seine starke Leistung belohnt. Hält Leask diese Form, ist er dabei eine Karrieresaison zu spielen. Ob Hans Zach dann noch einen Bogen um den Wahl-Berliner machen kann bleibt abzuwarten. In seiner derzeitigen Verfassung wäre Leask eine Verstärkung für jedes Team.
Schon in der 3. Spielminute schlug Leask zum erstenmal in Überzahl zu (Akerblom saß für Hannover eine Strafzeit ab). Einen sauberen Pass von Verteidigerkollegen Micki DuPont, von hinter dem Tor, nagelte „Mutti“ unhaltbar für Ilpo Kauhanen im Wedemärker Tor zum 1:0 unter die Latte.
Aber auch die Gäste kamen zu Einschussmöglichkeiten. So z.B. Rikard Franzen, der aber an Parent im Eisbärengehäuse scheiterte.
Die nächste Chance hatten die Bären, doch Beaufait fand nach Alleingang in Kauhanen vorläufig seinen Meister. Weitere Möglichkeiten auf beiden Seiten, doch die Goalies hatten jeweils das bessere Ende für sich.
Kurz nachdem Eisbär Keith Aldridge eine Strafe wegen Bandenchecks abgesessen hatte, erzielten die Niedersachsen in der 14. Spielminute durch Thomas Dolak den Ausgleich zum 1:1. Die Assists wurden Krestan und Senger gutgeschrieben.
Weitere Chancen zur erneuten Führung versiebten für den Gastgeber Denis Pederson und Marc Beaufait.
So blieb es zur ersten Pause beim Stand von 1:1.
Der Mittelabschnitt begann für die Eisbären weniger freundlich. Schon zwei Minuten nach Wiederbeginn brachte Björn Bombis die Scorpions mit 2:1 in Führung (Assist: Frylén).
Dem den Eisbären zugeneigten Beobachter schwante nun nichts Gutes. Im Hinterkopf wurden die Bilder vom 0:4 in Mannheim wach, denn die Gäste zeigten sich gegenüber den beiden Begegnungen in der Vorbereitung, die jeweils von den Bären gewonnen wurden, doch stark verbessert. Insbesondere Scorpions-Goalie Kauhanen präsentierte sich in recht guter Verfassung. Der EHC war zwar um einen geordneten Spielaufbau bemüht, aber vieles misslang dort.
Der EHC-Anhang spürte, dass das Team seine Unterstützung benötigte und erhöhte seinerseits die Anstrengung um eine entsprechende Lautstärke. Wie zuletzt schon häufiger funktionierte auch diesmal diese Wechselbeziehung: In der 34. Spielminute baute der wieder als Verteidiger agierende Florian Keller über Micki DuPont einen Angriff auf, DuPont bediente Denis Pederson und der verwandelte souverän zum 2:2-Ausgleich. Nun kochte der Welli und auf dieser Woge der Begeisterung legten die Eisbären noch in der selben Minute zur 3:2 Führung nach. Wieder war Keller der Ausgangspunkt, Fairchild diesmal die Schaltstation und Beaufait der Vollstrecker.
Als sich der EHC in Unterzahl den Angriffen der Gäste erwehren musste (Leask- unnötige Härte), kam es zu einer Rangelei hinter dem Tor der Gastgeber, weil Eisbärentorsteher Parent angegangen wurde. Nedved, der Auslöser, hatte dann seine Begegnung mit dem eisenharten Denis Pederson: „Rumms“, da hatte Pederson den Übeltäter einhändig ans Plexiglas genagelt! Der späte Neuzugang der Eisbären ist immer und überall präsent, ob als Torschütze, Vorlagengeber oder als Bodyguard für seine Kollegen. Selten wurde eine Ausländerlizenz so gewinnbringend angelegt.
Auch das Schlussdrittel beginnt der Gast mit zwei Einschusschancen, scheiterte diesmal aber an Parent.
In Überzahl (Wilson saß) fanden die Bären zu ihrer gewohnten Spielstärke zurück. Doch Versuche von Aldridge, Pederson und Leask blieben zunächst ungenutzt. Was im Zusammenspiel nicht gelang, bewerkstelligte Leask dann aber im Alleingang. Bei seinem Torschuss benutzte er einen Hannoveraner als Bande, und von dem abgefälscht findet der Puck den Weg ins Tor zum vorentscheidenden 4:2 für den Tabellenführer (48.). In der letzten Spielminute verhängte Schiri Langer eine Zweiminutenstrafe an EHC-Goalie Rich Parent wegen Zeitspiels. Für die letzten 30 Sekunden nahm das Gästetrainergespann Öst/ Leidborg Kauhanen aus dem Tor, um in 6 gegen 4 Überzahl spielen zu können. Jedoch schafften es die Skorpione nicht ausreichend Druck zu erzeugen, mal um mal befreiten sich die Eisbären. Noch waren 19 Sekunden auf der Uhr, da kam Rob Leask im linken Bullykreis des eigenen Drittels in Puckbesitz, mit einem weiten Schlenzer versenkte der Verteidiger die Hartgummischeibe zum 5:2 im gegnerischen Gehäuse. Das wars!
Die bittere Niederlage bei den Adlern war also nicht der Auftakt zu einer Negativserie. Kein Loch, in welches das mit vielen jungen Förderlizenzspielern gespickte Team gefallen war, wie manch Anhänger schon befürchtet hatte. Lediglich wohl eine schöpferische Pause.
Sportdirektor Ole Öst bedauerte die erneute Niederlage seines Teams an diesem Wochenende. „Wir hoffen weiter auf die Wende. Dass die ausgerechnet bei den Eisbären eintreten könnte, war wohl nicht zu erwarten. Wir haben nicht schlecht gespielt, die Eisbären haben aber ihre Möglichkeiten besser ausgeschöpft. Wir wollen da unten weg, irgendwann müssen wir mit dem Siegen beginnen.“, zog der Schwede eine eher ernüchternde Bilanz.
EHC-Coach Pierre Pagé zeigte sich zufrieden und resümierte: „Unser Spiel war heute wie der Berlin-Marathon. Wir haben uns von Drittel zu Drittel gesteigert, das war gut. Die Belastungen der letzten Woche war für alle sehr hoch. Besonders den jungen Spielern war das heute anzumerken. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen einfach spielen. Sie haben mich verstanden. “
Am Nationalfeiertag in der kommenden Woche geht es für die Eisbären zum Meister nach Krefeld. Den freien Tag werden viele EHC-Anhänger zu einer Stippvisite an den Niederrhein nutzen. Mehrere Busse sind bereits gechartert und ausgebucht, schließlich ist mit den Pinguinen noch eine sportliche Rechnung zu begleichen. Eine stimmungsvolle Atmosphäre in der Krefelder Eishalle sollte damit schon mal garantiert sein. (mac/ovk/REK)