Tabellenführung zurückerobert - 7:2 gegen undisziplinierte Lions

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Man sollte im Eishockey wie im richtigen Leben mit überzogenen
Negativattributen sehr vorsichtig umgehen, aber der Auftritt des amtierenden
Meisters Frankfurt Lions bei der 2:7-Niederlage in Nürnberg war eines Champions
unwürdig. Nach dem für die Gäste die Partie im letzten Drittel verloren war,
veranstalteten sie eine regelrechte Treibjagd auf die Nürnberger Akteure. Zudem
streckte Martin Reichel direkt vor der Pressetribüne einen der beiden
Linienrichter mit einem Schlag in die Magengegend nieder, sodass dieser auf
dem Eis regungslos zusammenbrach und erst nach einer Behandlungspause wieder zur
Pfeife greifen konnte. Sowohl Schiedsrichterbeobachter Stefan Trainer als auch
Hauptschiedsrichter Rönnmark fertigten nach der Partie einen Zusatzbericht an.
Ob die Szene, die unmittelbar nach dem sechsten Nürnberger Treffer erfolgte,
auf dem offiziellen Spielvideo zu sehen ist, war nach der Partie noch nicht
sicher. Reichel, der mit einer Matchstrafe belegt wurde, wird trotz allem
sicherlich mit einer sehr lange Sperre rechnen müssen, die sich auch auf seine
Nationalmannschaftskarriere auswirken könnte.
Dabei fing die Partie für die Lions äußerst gut an. Vom ersten Bully weg
kamen die Gäste mit viel Druck und Tempo aufs Eis. Nach ersten Chancen durch
Norris in Unterzahl, Ratchuk (4.), Bassen (6.) und einem Lattenknaller von
Robidas (7.) war die Führung durch einen Überzahltreffer von Beaucage absolut
verdient. Die Ice Tigers reagierten in dieser Phase mehr, als dass sie selbst
aktiv ins Spielgeschehen eingreifen konnten. Erst in der zweiten Hälfte des
ersten Abschnitts kam die Poss-Truppe besser ins Spiel und hatte jetzt selbst
einige gute Offensivaktionen. Vor allem Leeb hatte nach schöner Einzelleistung
die größte Ausgleichschance. Auch Trepanier und Tapper hätten in den letzten
Minuten vor der ersten Drittelpause treffen können, scheiterten aber an Gordon.
Im zweiten Drittel hämmerte der überragende Trepanier die Scheibe schon nach
34 Sekunden zum 1:1 in die Maschen. Kopitz hatte in Überzahl quergelegt. Vier
Minuten später war es Brad Tapper, der von der blauen Linie mit einem
verdeckten Schuss - ebenfalls in Überzahl - direkt in den Winkel traf - 2:1.
Nur 105 Sekunden danach schloss Trepanier eine Traumkombination über Stastny
und Tapper zum 3:1 ab. Genau zur Hälfte des Spiels scheiterte Sean Tallaire mit
einem Alleingang völlig frei an Gordon. Direkt nach dem anschließenden Bully
kam die Scheibe erneut zu Tallaire, der sie mit einem trockenen
Handgelenksschuss hinter Gordon unterbrachte. Chancen für die Löwen gab es
kaum noch zu notieren, lediglich Bouchard (33.) scheiterte einigermaßen
aussichtsreich.
Nachdem Lasse Kopitz in der 46. Spielminute, erneut per Schlagschuss in
Überzahl, das 5:2 erzielte, gaben sich die Löwen geschlagen und agierten
zunehmend schmutziger. Frankfurts letztes Aufbäumen durch Ratchuks Solo über
das ganze Spielfeld (48.) fand in Ice Tigers Keeper Svoboda ein jähes Ende.
Spätestens nach Trepanier's 6:2, dem nach Meinung der Löwen ein Nürnberger
Foul vorausgegangen war, brannten bei den Gästen alle Sicherungen durch.
Reichel schubste zunächst den Referee auf die Seite, was dieser schon mit einer
großen Strafe ahndete. Unmittelbar danach schlug er den Linienrichter Matthias
Ruß nieder. Auch Michael Bresagk hätte sich über einen vorzeitigen Gang in
die Kabine nicht beschweren dürfen, verletzte er doch mit einem
Stockschlag Felix Petermann. Den Schlusspunkt zumindest in der Torstatistik
setzte dann Sean Tallaire mit einer Direktabnahme bei doppelter Überzahl. Auch
der zumindest im letzten Drittel wie wild übers Eis rasende Chad Bassen musste
nach einer rüden Attacke mit anschließendem Faustkampf noch vorzeitig unter
die Dusche. Nach seinem überharten Bandencheck wurde er vom wesentlich
größeren Franz zur Rede gestellt und musste einiges einstecken. Beide
erhielten eine Spieldauerstrafe.
Gästetrainer Rich Chernomaz war nach der Partie verständlicherweise sehr
wortkarg. Sicher besser als sich zu unüberlegten Äußerungen hinreißen zu
lassen. "Nach dem ersten Drittel waren wir die bessere Mannschaft, dann
bekamen wir zu viele Strafen", mehr wollte er nicht sagen. Auch auf
weiteres Nachfragen gab Chernomaz keine weiteren Kommentare zum Auftritt seiner
Mannschaft und seiner Meinung über die Schiedsrichterleistung ab. Über den
bisher unbescholtenen und als fairen Sportsmann geltenden Martin Reichel sagte
er nur, dass dieser "sehr frustriert war wegen zwei Entscheidungen".
Bitter für die Lions war zudem das vorzeitige Ausscheiden von Topscorer Pat
Lebeau, der nach einem Zweikampf im ersten Drittel nicht mehr zurück aufs Eis
kam. Ersten Meldungen zufolge soll es sich aber nicht um eine schlimmere
Verletzung handeln.
Greg Poss sah im ersten Spielabschnitt ein "sehr knappes" Spiel, mit
starken Frankfurtern. "Erst danach sind wir mit viel Tempo und Disziplin
besser ins Spiel gekommen", so der Bundestrainer. Durch den überraschenden
Neuzugang Robert Tomik, der schon in der letzten Saison mit 17 Treffern
zweitbester Torschütze in Nürnberg war, sieht Poss jetzt mehr Möglichkeiten
mit drei ausgeglichenen Reihen spielen zu können. Ein Sonderlob bekam noch
Benny Barz ab, durch den die "vierte Reihe heute sehr stark war".
Durch die gleichzeitige Kölner Niederlage in Mannheim konnten die Ice Tigers
die Tabellenführung zurückerobern, sind aber am Sonntag erneut spielfrei, da
die Partie in Hannover verlegt werden musste. Am kommenden Dienstag sind dann
die Düsseldorf Metro Stars in der Arena Nürnberg zu Gast.
Tore:
0:1 (06.18) Beaucage (Murphy, Bouchard) 5:4
1:1 (20.34) Trepanier (Kopitz, Stastny) 5:4
2:1 (24.33) Tapper (Green, Stastny) 5:4
3:1 (26.18) Trepanier (Stastny, Tapper) 4:4
4:1 (30:04) Tallaire (Green)
4:2 (32.23) Young (Robidas)
5:2 (45.25) Kopitz (Trepanier, Stastny) 5:4
6:2 (50.31) Trepanier (Martinec, Fical) 5:4
7:2 (52.33) Tallaire (Kopitz, Trepanier) 5:3
Zuschauer: 6753
Strafen: Nürnberg 20 min. plus 10 Disziplinar (Martinec) plus 5 min.
plus Spieldauer (Franz) - 36 min. plus 5 min. plus Spieldauer (Bassen), plus
5 min. plus Matchstrafe (Reichel)
Schiedsrichter: Rönnmark (Schweden)