Straubing und das verflixte zweite Jahr - Mehr Verlierer als Gewinner
Es gab wohl kein deutlicheres Signal als die
frühzeitigen Personalplanungen bei den Straubing Tigers. Die Saison, in die man
euphorisch mit dem Traum, um Platz zehn mitspielen zu wollen, startete, war
frühzeitig gelaufen. Das Geschehene abgehakt, auf Platz 14 eine kurzfristige
Perspektive ermangelnd, richtete man den Blick bereits im Januar voraus in die
neue Spielzeit.
Im Eiltempo wurden die Eckpfeiler des kommenden
Teams in den Boden zementiert. In der Hoffnung auf Besserung. Diese Besserung
tut Not, denn es lief nicht rund in dieser Saison für das Team aus dem mit
Abstand kleinsten DEL-Standort.
Die Straubing Tigers mussten sie erfahren, die
Tücken dieses verflixt schweren zweiten Jahres, von dem man in der Sportszene so
oft hört. Es war im Gäuboden eine DEL-Saison, die von einem überzogenen Ziel,
einer dadurch hervorgerufenen überhöhten Erwartungshaltung, an der die
Mannschaft scheiterte, sowie einem zögerlich vollzogenen Trainerwechsel geprägt
war.
Beendet wurde die Spielzeit mit drei Niederlagen in
Folge und nur einem Sieg aus den letzten sieben Partien - die Luft war offenbar
raus - als Vorletzter vor Duisburg und hinter Wolfsburg und damit zwei Plätze
schlechter als noch die Vor- und Aufstiegssaison. 50 Punkte auf der Habenseite,
trotz vier Spielen mehr waren das sechs Zähler weniger als noch zur Inventur vor
Jahresfrist.
Letztlich blieb vor allem die nachhaltige
Erkenntnis, dass man zwar so manchen namhaften Gegnern einiges abverlangen
konnte, aber auch der im November als Trainer-Nachfolger von Erich Kühnhackl
geholte Italo-Kanadier Bob Manno musste letztlich erfahren, dass es für ein Top
Ten-Team einfach an Qualität mangelte und er selbst bei seinem Amtsantritt mit
dem Festhalten an dem Saisonziel die Meßlatte zu hoch gelegt hatte.
Blickt man auf die seit dem vergangenen Sonntag
feststehende DEL-Abschlusstabelle etwas genauer, dann konnten es die Straubing
Tigers auch unter seiner Regie trotz vieler guter Anzeichen nicht abwenden, nach
56 Spielen das torärmste Team zu sein und deshalb nicht so ganz zu unrecht auf
diesem vorletzten Platz zu stehen.
Drei Stürmer, der herausragende Eric Chouinard
(30), der erst spät akklimatisierte Eric Meloche (17) und der zu unerwarteter
Torgefährlichkeit aufgelaufene Chad Bassen (11), waren dabei für rund 44 Prozent
der 132 Treffer verantwortlich und bildeten ein Trio mit Vorbildcharakter und
Gewinnermentalität im Team, auf das man ab dem kommenden Sommer wieder bauen
wird.
Gewinner der Saison waren auch
Nachwuchs-Verteidiger Stephan Wilhelm und Ersatzgoalie Markus Janka. Beide
erarbeiteten sich im Saisonverlauf immer mehr das Vertrauen des neuen Trainers
Bob Manno.
Doch wo Gewinner sind, gibt es auch Verlierer. Und
die Liste dieser ist im der Vergangenheit angehörenden Straubinger Team ungleich
länger. Mit Cam Severson, Neville Rautert, Anton Bader und Trevor Gallant
verabschiedeten sich vier Spieler vorzeitig, weil sie sich an der Donau nicht
mehr zurechtfanden oder einfach die Erwartungen nicht zu erfüllen
vermochten.
Die aus der zweiten Liga gekommenen Andrew
McPherson und Andreas Moborg konnten den Sprung in die deutsche Eliteliga
letztlich nicht erfolgreich vollziehen. Probleme hatte auch der vom
Erstlinienverteidiger zum Drittlinienstürmer abgerutschte US-Amerikaner Andy
Canzanello, während Bill Trew und Greg Schmidt vor allem vom Verletzungspech
verfolgt waren und deshalb zu wenig der von ihnen erhofften Akzente setzen
konnten. Nur noch ein Schatten vergangener (giftiger) Tage war Markus Jocher,
der damit auch an Wert für das Tigers-Team verlor und vor allem bei Bob Manno in
Ungnade fiel.
Die bitterste Pille musste allerdings Erich
Kühnhackl als gescheiterter Coach bei seiner ersten DEL-Station schlucken. Die
deutsche Eishockeylegende wurde Ende November nach einem historischen 4:11 in
Köln und einem 1:4 gegen Schlusslicht Duisburg praktisch von den Straubinger
Fans mit einem organisierten Protest gestürzt und unrühmlich aus dem Stadion
gejagt, nachdem es die Tigers-Verantwortlichen zuvor versäumt hatten, zur
Länderspielpause und damit einem sich aufdrängenden Zeitpunkt nach bereits
sieben Niederlagen in Folge die unabwendbaren Konsequenzen zu ziehen und so für
Ruhe im Umfeld zu sorgen.
Nach Erich Kühnhackl kam der kantige, aber auch
erfrischende Bob Manno und mit ihm zu den Straubing Tigers zumindest der
Kampfgeist und das Spiel, das man als Underdog einer Liga spielen muss, zurück.
Durch seine konzentrierte Arbeit sowie seine positive Einstellung und weniger
durch in der nackten Tabelle Ablesbares empfahl er sich für einen neuen Vertrag
bei den Tigers.
Neuer Vertrag, neue Saison, neue Spieler, neues
Glück. Doch noch etwas wird sich ändern: Der Blick muss sich in der nächsten
Spielzeit zwangsläufig nach unten in Richtung Klassenerhalt richten. Wenn man
außerdem die richtigen Lehren aus dieser Saison gezogen hat, dann kann das den
Straubing Tigers und seinen nach wie vor treuen und geduldigen Fans
(Zuschauerschnitt: 4.361; kalkuliert: 4.000) künftig nur
weiterhelfen.
Oder man hält es einfach mit dem scheidenden
Stürmer Tobias Abstreiter und seinen Worten zum Abschied: „Auch in Zukunft muss
man in Straubing realistisch sein, um nicht in Sphären zu kommen, die der
Mannschaft nicht mehr gut tun.“ Der Ex-Nationalspieler war lange genug dabei, um
ganz genau zu wissen, wovon er redet: Bäume wachsen nicht so leicht in den
(Eishockey-)Himmel der Bayern.