Straubing in der DEL, die Dritte
Die dritte Saison der Straubing Tigers in der Deutschen Eishockey-Liga steht zunächst unter keinem guten Stern. Nach einer Brandstiftung im heimischen Eisstadion am Pulverturm müssen die Niederbayern für zwei Monate ins Exil. Nach dem aktuellen Trainingslager in Bad Tölz werden sie in Regensburg ihr Übergangsquartier aufschlagen.
Ob das wiederum Auswirkungen auf Mannschaft und Fans hat, werden erst die Punktspiele zeigen, derartige Gedanken will man im Team aber nicht aufkommen lassen. Top-Zugang Jon Klemm kam das Thema bereits in den ersten Tagen zu Ohren, er meint: „Das sollte keine Rolle spielen. Vielleicht bringt es sogar die Chance, dass die Mannschaft enger zusammenrückt.“ Coach Bob Manno sieht das ähnlich und blickt nach Nordamerika. Dort ist es gang und gäbe, dass die Spieler eine Dreiviertelstunde oder mehr Anfahrt zur Trainingshalle einplanen müssen.
Während in der Organisation die Klippen des vorübergehenden Umzugs in die Oberpfalz umschifft werden, gilt der Fokus von Trainern, Betreuern und Spielern in den knapp vier Wochen bis zum Ligastart gegen Wolfsburg (5. September) ganz der Vorbereitung auf die neue Aufgabe und die dürfte kaum einfacher sein als in den Vorjahren.
Zwar haben die Tigers das „verflixte zweite Jahr“ in der Liga nun hinter sich, aber es gilt in den nächsten Wochen wiederum spannende Fragen zu beantworten. Als Aufsteiger auf Platz zwölf, in der letzten Spielzeit auf Rang 14, geht es auch in der neuen Saison für die Straubinger wieder darum, bei nun 16 DEL-Teams vor allem nicht zu rasch von der Bedeutungslosigkeit der Kellerkindermeisterschaft geschluckt zu werden.
Dafür will Bob Manno das Niveau im Kollektiv und auch jedes einzelnen anheben. Das soll die Basis für konstantere Leistungen sein. Die Arbeit des Trainers ist ein Schlüssel, viel wird aber auch davon abhängen, ob sich die Neuzugänge tatsächlich als Verstärkungen darstellen.
Angeführt wird die Liste der Verpflichtungen von dem zweimaligen Stanley-Cup-Gewinner Jon Klemm. Über 13 Millionen US-Dollar (8,7 Millionen Euro) hat der 38-Jährige offiziell in 16 Jahren NHL verdient, jetzt spielt der Defensivkünstler vergleichsweise für ein Taschengeld im Gäuboden, einer „neuen Erfahrung, in einem anderen Teil der Welt“ wegen.
Der Haudegen wird dann für die Tigers vom Transfercoup zum Glücksgriff, wenn er sich als Turm in der Schlacht erweist, der die Defensive zusammenhält und, wie von Bob Manno erwartet, viel Eiszeit nehmen kann. Obendrein sollte er auch in der Lage sein, als eine Art Mentor jungen Spielern wie Stephan Wilhelm zur Seite zu stehen.
Jon Klemm führt die Transferliste als der einzige Straubinger Zugang in der Defensive um Torhüter Mike Bales an. Einer, der dort zur Disposition stand, aber doch noch eine zweite Chance auf Probe bekommen hat, ist der US-Boy Andy Canzanello. Ihm stärkt Bob Manno den Rücken: „Er hat mein Vertrauen.“ Dieses will der 26-Jährige, der nun wieder an der Seite von Wade Skolney zu erwarten ist, rechtfertigen. Für ihn kommt es darauf an, vor allem offensiv mehr Durchschlagskraft zu entwickeln.
Den aus der letzten Saison noch präsenten Ruf des Coachs nach mehr Firepower neben dem herausragenden Eric Chouinard müssen aber andere erhören. Sechs Neuzugänge zählt man im Angriff, eine Schlüsselrolle könnte der US-Amerikaner Tony Voce übernehmen. Vor drei Jahren war er der Top-Scorer des Teams der Philadelphia Phantoms (AHL), in dem mit seinen wahrscheinlichen Sturmpartnern Eric Chouinard und Eric Meloche sowie Wade Skolney drei weitere aktuelle Tigers standen.
Als potenzieller Zweitlinien-Center wurde Brian Maloney aus Krefeld geholt. An seiner Seite könnte der inzwischen eingebürgerte Bill Trew wieder zu alter Torgefährlichkeit finden, wenn dieser seine überstandene Schulterverletzung und unglücklich verlaufene letzte Saison hinter sich lassen kann.
Doch die Konkurrenzfähigkeit in der DEL hängt für die Tigers nicht zuletzt davon ab, ob das Schwenninger Top-Duo Dusan Frosch und Dustin Whitecotton, mit dem Rückkehrer Florian Schnitzer in der dritten Linie auflaufen soll, auch in der Eliteklasse einschlägt und ob der 2004 als Nummer 36 von den New York Rangers für die NHL gedraftete Darin Olver, ebenfalls aus der zweiten Liga (Bremerhaven) gekommen, in seiner ins Stocken geratenen Karriere den nächsten Schritt macht.
In dieser und der nächsten Woche werden die alten und neuen Raubkatzen in sechs Testspielen die ersten Eindrücke hinterlassen, ehe es in die Pokalspiele gegen Landshut und München und dann in die neue DEL-Saison geht. Ob diese Partien schon entscheidende Rückschlüsse zulassen, ist aber fraglich, denn mit Nürnberg misst man sich mit nur einem unmittelbaren Ligakonkurrenten.