Storr oder Reimer - das ist bald die Frage
"Pssst. Nicht so laut." Lance Nethery, der Manager der Düsseldorfer EG,
wollte sich am Sonntag noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, als er
nach dem 2:1 über Wolfsburg auf die direkte Teilnahme an den Play-offs der
Deutschen Eishockey Liga (DEL) angesprochen wurde. "Wir haben uns jetzt zwar
eine gute Ausgangsposition erarbeitet und können dazu auch in neun der noch
ausstehenden 15 Begegnungen zuhause antreten, aber jede Partie muss erst
einmal gespielt werden."
Dennoch huschte ein zufriedenes Lächeln über Netherys Gesicht. Der Grund war
die Trotzreaktion des Teams auf die vielen unverständlichen Entscheidungen
von Schiedsrichter Christian Oswald aus Kaufbeuren, dessen Leistung Nethery
süffisant nur als "konstant" bezeichnen wollte. Abwehrspieler Peter Ratchuk
ging da schon einen Schritt weiter. "Heute haben wir gegen einen Gegner und
einen Schiedsrichter gespielt. Aber er hat uns damit nur motiviert, noch
härter zu arbeiten. Wir haben einen großen Job gemacht."
Den macht seit Wochen auch Ersatztorhüter Jochen Reimer. Als vor der Partie
gegen Wolfsburg der DEG-Spieler des Monats Dezember ausgezeichnet wurde, da
war es natürlich der 23-Jährige, auf den die Wahl der Fans gefallen war. Am
Sonntag stand der Mindelheimer zum neunten Male seit der Verletzung von
Stammkeeper Jamie Storr bei der Partie in Mannheim am 14. Dezember zwischen
den Pfosten. Und seine Bilanz ist bemerkenswert. Zweimal konnte er seinen
Kasten gänzlich sauber halten, kassierte insgesamt nur zwölf Gegentore (im
Schnitt 1,44) und erreichte eine Fangquote von stolzen 95,6%. Allein in den
vergangenen fünf Spielen entschärfte er 142 der auf ihn abgegebenen 146
Schüsse.
Eigentlich müsste ein Trainer in dieser Situation ruhig schlafen können,
doch Harold Kreis bekommt nun langsam ein Problem. Was soll er machen, wenn
Jamie Storr in ein paar Tagen wieder fit ist? "Ich bin froh, dass ich das
nicht entscheiden muss", sagt Manager Lance Nethery und Peter Ratchuk
ergänzt grinsend: "Das ist der Grund, warum ich kein Trainer bin." Storr
oder Reimer - das ist hier die Frage. Nicht so dramatisch wie bei
Shakespeare, aber doch heikel, denn Jochen Reimer hat seine Ansprüche nun
deutlich angemeldet.
Gut möglich, dass er das Tor deshalb weiter hüten wird, weil die Verteidiger
für ihn auffällig mehr arbeiten, als sie es für Jamie Storr getan haben.
Dieser hatte sich bei der Gegentorflut im Herbst über mangelnde
Unterstützung beklagt und es scheint nun tatsächlich so, dass sich seine
Vorderleute zu häufig allein auf ihn verlassen hätten. "Nein, ich glaube
nicht, dass dies so gewesen ist. Wir spielen seit einiger Zeit generell
besser", sagt Defensivmann Peter Ratchuk. Doch auch Trainer Kreis räumte am Sonntag ein, dass das Team seinem Torwart hilft. Storr oder Reimer - die Antwort auf diese Frage wird mit Spannung erwartet.
Von Thomas Schulz