Stephane Richer: Die Saison könnte morgen beginnen
Die Sonne brennt auf den Mannheimer Marktplatz. Es ist heiß, die Leute laufen
leichtgeschürzt herum. Doch Adler-Coach Stephane Richer denkt an die Kälte,
bekommt glänzende Augen und meint: "Von mir aus könnte es morgen
losgehen." Gemeint ist die neue Saison, der er entgegenfiebert. Aber dann
besinnt er sich, weiß, dass fünf Wochen in Kanada vor ihm liegen, mit Fischen
und Faulenzen, aber auch mit dem Ausarbeiten neuer Taktiken. "Das wird eine
spannende Saison", sagt der Trainer der Adler. Auf Prognosen will er sich
nicht festlegen lassen: "Ich möchte, dass dieses Team die ganze Saison über
das Beste gibt."
Eine neue Arena, ein neues Team, da muss man einiges leisten, um die Zuschauer
bei der Stange zu halten. Richer weiß das natürlich, aber bange
ist ihm davor nicht. Gemeinsam mit Adler-Sportmanager Marcus Kuhl und
Gesellschafter Daniel Hopp hat er die Jungs ausgesucht, die in der kommenden
Saison das blau-weiß-rote Trikot tragen werden. "Eine gute Mischung",
befindet der Coach.
Noch ist nicht klar, ob Steve Kelly auflaufen wird oder nicht. Richer grinst ein
wenig, wenn er darauf angesprochen wird. Der Spieler, der höchst
umstritten ist in Mannheim, besitzt noch einen gültigen Vertrag für ein Jahr.
Auf der einen Seite, sagt Richer, könnte ja alles besser werden, das Können wäre
da, inzwischen hätte sich Kelly wohl auch an Europa gewöhnt. Und doch, so ganz
wohl scheint dem Frank-Kanadier nicht zu sein, wenn er an sein Sorgenkind denkt.
Bei einem sind die Würfel inzwischen gefallen: Sascha Goc verlässt die Adler.
"Ich habe mit ihm geredet", sagt Richer, "und ihm gesagt, dass
wir so
viele Leute haben, dass er nur die Nummer sieben oder acht bei den Verteidigern
wäre. Und das ist nichts für ihn, er hat eine gute Einstellung, er ist wieder
fit, er wird einen Job finden, in dem er zeigen kann, wozu er fähig ist."
Noch nicht in Sicht ist ein Torhüter Nummer eins, der bei den Adlern Klasse
beweisen könnte. Ja, doch, Namen gäbe es, sagt Richer, aber so richtig überzeugt
habe noch keiner. Danny aus den Birken und Patrick Ehelechner sind an Bord.
Danny kennt er, der habe eine gute Saison in Heilbronn gespielt, bestätigt der
Trainer und von Ehelechner sei ihm nur Gutes berichtet worden: "Er ist
reifer und besser geworden."
Das alles beschert aber immer noch keine Nummer eins. Nun, meint Richer, vieles
hinge ja auch von der NHL ab. Spielt sie oder nicht, die alte Frage, die seines
Erachtens am 1. Juli mit einem klaren Ja beantwortet werden dürfte. Und dann?
Welche Probleme haben die Adler in einem solchen Falle? Richer: "Ich glaube,
wir könnten höchstens Stephane Robidas verlieren und vielleicht Andy Roach,
die anderen werden wohl bleiben."
Wie Michael Bakos, dem es nach einer Bandscheibenoperation gut geht und der im
September zurückerwartet wird, wie Schubert oder Peter Ratchuk, wie Cespiva und
Schütz. Eine offensive Verteidigung erwartet Richer, nennt die Namen Roach,
Robidas und Ratchuck, "das sind die imports", alle drei seien zudem
hervorragende Läufer. Schubert sei offensiv und aggressiv, genau das, was man
bräuchte. Und sollte man vor der Saison Spieler Richtung Übersee verlieren,
nun, dann greife Plan B, der fertig in der Schublade liege. Die Defensive sei
jedoch noch mit einem Fragezeichen versehen, meint Richer und deutet erneut in
Richtung NHL.
In der Offensive meint er auf der sicheren Seite zu sein. Jeff Shantz, Shawn
Carter, das seien zwei gute "two way players." Seien gut im Sturm,
aber defensiv sehr stabil. Ronny Arendt hat mit Carter in den vergangenen beiden
Jahren gespielt, "das ist immer gut, wenn zwei sich schon kennen",
sagt Richer. Von John Tripp erwartet er, dass er gleich zu Beginn die Leistung
zeige, die er nach der Eingewöhnung in Europa erst dem Ende der Saison zu
abrufen konnte. Edgerton und Corbet seien natürlich noch da, die einzigen
beiden Ausländer, die in der Offensive geblieben wären.
Vitali Aab besitzt noch einen Vertrag, so ganz begeistert schaut Richer bei der
Erwähnung nicht aus, aber vielleicht blendet ihn ja nur die Sonne. Auch
Greilinger wird zurückkommen, deutlich abgespeckt und hoffentlich fit, wie sein
Coach meint, dann gäbe es auch kein Problem. Er freut sich auf Ullmann,
Carciola und Kink, die Schritt für Schritt immer besser würden. Sachar Blank
wird seine Chance erhalten, die Youngsters Langwieder, Schietzold und Pielmeier
in Heilbronn eingesetzt werden, mit einer Adler-Option. Sobald es eine Möglichkeit
gibt, will Richer sie einsetzen. Cespiva und Schütz seien ja auch noch da und hätten
eine gute Zukunft, meint der Coach.
Lonny Bohonos sieht er eventuell in einer Reihe mit Corbet und Edgerton,
"das ist ein richtiger Goalgetter, er hatte immer 20 und mehr Tore in einer
Saison", freut sich Richer. Was außerdem für das Team spricht: "Alle
Cracks haben schon europäische Erfahrungen, sie fangen hier nicht neu an, wie
das im letzten Jahr der Fall war bei den Jungs. Und er setzt auf den Charakter
der Spieler.
Und auf seine Co-Trainer: Anders Olsson brächte sehr viel ein, technisch und außerdem
aus europäischer Sicht. Und Jackson Penney käme die wichtige Aufgabe zu, die
Spieler zu motivieren, "er kann das". Er selber hat den Jungs in ihrem
Urlaub einen Brief geschrieben, nochmal von der neuen Arena erzählt, von der
Erwartung, dass sie von Anfang an ihr bestes geben und auch darüber, dass er
sich freut auf die Zusammenarbeit. Er selbst war die ganze Zeit in Mannheim, hat
hart gearbeitet und sich eigentlich den Urlaub dringend verdient. Egal, ob er
sofort loslegen könnte mit der neuen Saison, erstmal ist ein wenig Erholung das
Gebot der Stunde.
(Angelika von Bülow - Foto: City-Press)