Stefan Langwieder: "Ich will mich hier durchbeißen".
Er ist wieder da und er ist voller Tatendrang. Adler-Crack Stefan Langwieder hat eine harte Lehrzeit hinter sich gebracht in Übersee, aber es hat ihm Spaß gemacht. 72 Spiele, immer auf Achse, das totale Programm mit Jungs, von denen etliche in Kürze in der NHL spielen könnten. Für den einstigen Jungadler ist klar: "Das kann ich nur jedem empfehlen."
Derzeit trainiert der junge Mann mit den Deutschen im Adler-Team. In der SAP-Arena sind sie alle wieder an Bord, die Trainer Greg Poss und Teal Fowler, Konditionscoach Martin Müller und eben die einheimischen Spieler. Die aus Übersee haben ihre Trainingspläne mitgenommen. Langwieder: "Letztendlich machen wir alle die selben Tests, da stellt sich schnell heraus, wie fit einer ist."
Er selber scheint topfit und er ist auch mental voll da. Die Saison in Portland Oregon hat ihm gut getan, das merkt man schon bei den ersten Sätzen. Hier sitzt einer nach dem harten Training und brennt darauf, allen zu zeigen, was er kann. Er ist schließlich weggegangen, um sich weiterzuentwickeln, nachdem er merkte, wohin der Hase lief mit dem Adler-Team und dem unbedingten Willen zur Meisterschaft. Dass da nicht viel Eiszeit für ihn übriggeblieben wäre, das wusste er und er hat es auch verstanden. "Früher", sinniert er, "da hab ich tatsächlich gedacht, mit 18 bist Du ein fertiger Spieler. Jetzt weiß ich es besser, man braucht einfach noch Zeit."
Und die nutzte er. Er flog nach Übersee, heuerte an in der WHL und tauchte ein in ein ganz neues Leben. Die erste Woche war hart, da hatte er eigentlich nur zum zweiten Ausländer im Team Kontakt, "aber dann hab ich einen umgefahren und war anerkannt", grinst er. Von dem Zeitpunkt an war der Deutsche - eine Seltenheit in dieser Liga, in der pro Team nur zwei Ausländer spielen dürfen und die kommen meist aus osteuropäischen Staaten - eine feste Größe im Team, spielerisch, aber auch hinter den Kulissen.
72 Spiele hat er absolviert auf höchstem Niveau, drei bis vier die Woche, oftmals vor 8000 bis 9000 Fans, auch mal vor 12 000. "Und die kommen, um Dich zu sehen", staunt er immer noch, auch darüber, wie viele Trikots von ihm verkauft worden sind. Die Fans in Portland seien überhaupt Spitze, sagt er und erzählt vom Teddybärenspiel. Im ersten Spiel der Saison werfen, bei einem Sieg des Heimteams, die Anhänger Teddybären aufs Eis. "Wir hatten 14 000", sagt Langwieder, "zehn Minuten lang hat es Teddybären geregnet." Das war zu dem Zeitpunkt der Rekord der Liga. Die Spieler brachten anschließend die Stofftiere in Kinderkrankenhäusern, auch das eine gute Tradition.
Und dann gings mitten hinein in den ganz normalen Stress eines jungen Spielers in der Liga. "Das war schon brutal", sagt Langwieder. Da spiele man neben Jungs, von denen viele wohl in Kürze in der NHL auftauchen werden, bekomme Eiszeit ohne Ende und kaum eine Verschnaufspause. Er erzählt an einem Beispiel, wie das so laufen kann: "Donnerstagsabends spielst Du zu Hause, direkt nach dem Spiel werden die Taschen gepackt, ab in den Bus durch die Nacht. Im nächsten Spielort kommt man um 4 Uhr früh an, packt in der Arena aus, fährt für ein paar Stunden ins Hotel, abends wird gespielt. Und in der nächsten Nacht dieselbe Geschichte, wieder landet man morgens mit dem Bus in einer anderen Arena und macht genauso weiter."
Oder die Tour in eine andere Region: "Da fährt man 26 Stunden durch, hält nur mal zum Essen." Nur der Busfahrer, der den ersten ablöst, darf fliegen, die Jungs müssen Bus fahren, "man will uns schließlich nicht verwöhnen." Auch nicht mit Geld, die Jüngsten der Liga, die von 16 bis 20 Jahren reicht, erhalten 180 Dollar im Monat, das steigert sich bis hin zu 210 Dollar, die Langwieder erhielt. Untergebracht sind alle bei Gastfamilien, Ausnahmen werden nicht gemacht. "Es gibt eine Warteliste von Gastfamilien, die Leute reißen sich danach", erzählt Langwieder und fügt grinsend an: "Es könnte ja ein späterer NHL-Star darunter sein." Im Grunde aber, meint er, hänge das alles damit zusammen, dass ganz Kanada -und auch ein Teil der USA, absolut eishockeyverrückt sei. Da stolpere man über den Sport an allen Ecken.
Diese harte Tour mit den ewigen Fahrten, dem wenigen Schlaf, sie hat dem Deutschen gefallen. "Das war eine ganz unglaubliche Atmosphäre nachts in den Stadien. Das wird mir fehlen." Oder diese Reisen, stundenlang geradeaus ("wenn Dein Hund wegläuft, siehst Du ihn auch nach fünf Tagen noch"), keine Behausung, "bis bei einem Mal auf einen kleinen Rasthof mit einer Deutschlandflagge drauf", das übt schon einen besonderen Reiz aus.
Und er hat gelernt: Er weiß jetzt, dass man immer bereit sein muss zum Spielen, dass es vollkommen egal ist, ob man müde ist oder traurig oder grantig oder fröhlich, die Leistung muss stimmen. Und zwar immer. 72 harte Spiele lang. Ausreden zählen nicht in einer Liga, in der die Konkurrenz riesengroß ist. Da kommt nur durch, wer sich einsetzt und zwar hundertprozentig. Große Talente, die nicht ackern, die haben keine Chance.
Und man muss auch in tiefen Tälern seinen Mann stehen. Bis Weihnachten lief alles wunderbar bei Langwieders Team, dann wurden die Führungsspieler und der Kapitän getradet und es ging bergab - "aber mit Volldampf". Zum Schluss verpasste das Team die Play-offs, die schon gesichert schienen, und verlor nur noch. Dann immer motiviert aufs Eis zu gehen, ist nicht leicht, "aber man muss da durch".
Er ist durchgekommen, er ist reifer geworden, er wollte wieder in Deutschland auflaufen. "Es war an der Zeit", stellt Langwieder fest, "ich will hier nicht weglaufen, ich will mich durchsetzen". Dass das schwer wird, das weiß er, Die Adler werden wieder bestens bestückt sein und er, der Junge, wird es wohl am schwersten haben. Aber kneifen gilt nicht, hier ist er und hier hofft er auf seine Chance. Und spielt auch gerne für Heilbronn, "da hab ich mich immer wohl gefühlt, die Fans sind Klasse, die feiern, wenn sie merken, dass die Mannschaft kämpft". Auch hier gilt: Das Beste geben und sich weiterempfehlen. Langwieder kann das und sein Wille ist riesenstark.
Angelika von Bülow - Foto by City-Press