Sonderzug stärkt Tigers bei Charakterprobe den Rücken
Als die Straubing Tigers am Freitagabend nach der sechsten Niederlage in Folge in der Nürnberger Arena das Eis verließen, blieb ihnen nur noch, sich anständig von ihren mitgereisten Schlachtenbummlern zu verabschieden.
„Unsere Fans sind unglaublich, sie stehen immer hinter uns“, merkte ein sichtlich enttäuschter Topscorer Eric Chouinard nach der Partie, die wieder einmal die Schwächen des Teams offen legte, an.
Zu sehen bekamen die Anhänger der Gäubodenstädter zum ersten Mal seit fast drei Wochen eine Straubinger Führung, die in der 19. Minute von den Hausherren ausgeglichen wurde und damit verpuffte. „Wir sind gut aus der Kabine gekommen, ein 1:1 nach dem ersten Drittel ist gegen ein Team wie Nürnberg nicht schlecht“, sagte Eric Chouinard, „aber im zweiten Drittel haben wir wirklich große Fehler gemacht.“
Diese nutzten die Sinupret Ice Tigers eiskalt aus. Symptomatisch war das 1:2 aus Straubinger Sicht. Die Tiger fuhren ein zu mutiges und überhastetes Break bei eigener Unterzahl, bei dem der abschlussschwache Verteidiger Wade Skolney von Brian Swanson gestoppt wurde und just dieser netzte im Gegenzug ein. Trainer Erich Kühnhackl konnte nur noch den Kopf schütteln und nach dem Spiel feststellen: „Wir haben nicht die Geduld.“
39 Sekunden später erlosch Nürnbergs Ahren Spylo mit einem weiteren erfolgreichen Konter den letzten Funken Straubinger Moral. „Danach haben wir den Faden verloren“, merkte Straubings Coach an. Erich Kühnhackl monierte nach dem letztlichen 2:5 auch die augenscheinlichen Schwächen in der Defensive: „Wir müssen gegen solche Mannschaften konsequenter spielen.“
In der Konsequenz der Tabelle sieht es nun einen Spieltag vor der Länderspielpause aber so aus, dass die Straubing Tigers dem „Worst Case“, sieben Spiele nacheinander ohne Punktgewinn zu beenden, ins Auge blicken. Auf Rang 14 verwiesen, ist der erträumte Platz zehn schon jetzt zehn Punkte entfernt und auch an Teams wie Augsburg (11.) und Krefeld (12.) droht der Anschluss verloren zu gehen. Leistungsträger wie Eric Chouinard sind ob der Krise inzwischen ratlos: „Ich habe keine Antworten. Einige Spieler bringen nicht das, was sie können. Die Jungs sollten in jedem Spiel bereit sein.“
Zur (noch) „Never Ending Story“ wird dabei Cam Severson. Der frühere NHL-Spieler konnte auch bei seinen jüngsten Einsätzen, als er für den verletzten Bill Trew ins Team rückte, nicht überzeugen und ließ bei allem Engagement weiterhin taktische Disziplin vermissen. Die für alle Beteiligten unbefriedigende Gesamtsituation stellt mittlerweile seine Zukunft bei den Tigers in Frage. „Das liegt nicht an mir“, war die vielsagende Aussage des Kanadiers danach befragt. Angesichts möglicher personeller Konsequenzen und Veränderungen steht Cam Severson ganz oben auf der Tigers-Checkliste.
Nun ist am Sonntag bei der Auswärtspartie in Iserlohn, auf die eine 13-tägige Spielpause folgt, ein Lebenszeichen und ein charakterstarker Auftritt der Tigers gefragt. An der Unterstützung wird es dabei nicht mangeln, denn ein mit viel Enthusiasmus organisierter Sonderzug mit 750 treuen und begeisterungsfähigen Fans macht sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf den Weg in die Eissporthalle am Seilersee und der ostbayerische Anhang wird dort vor den Kameras von Premiere und ZDF für Aufsehen sorgen können.
Aber auch das eigene Team in die Pflicht nehmen. Denn wenn diese lange geplante Aktion der Straubinger Mannschaft nicht wieder mehr Leben und Leidenschaft über die volle Spielzeit einhaucht, was dann?
„Natürlich hilft diese Unterstützung“, meint Eric Chouinard. Auch Erich Kühnhackl setzt nun angesichts der weiter gestiegenen Drucksituation auf den Kick, denn die 17 Punkte in dieser Saison wurden nicht zuletzt unter emotionalen Vorzeichen gewonnen: „Ich bin optimistisch, die Fans können der Mannschaft den notwendigen Auftrieb geben.“
Das Gastspiel bei den Roosters wird aber auch Aufschluss darüber bringen, ob das aktuelle Tigers-Team über den gefragten Charakter verfügt. Zumindest Erich Kühnhackl glaubt daran: „Die Mannschaft hat einen guten Charakter.“ Dies auch in seinem Interesse zu unterstreichen, obliegt aber alleine den Spielern.
Foto by City-Press