Richer nach Hamburg - ein Abschied mit Folgen?
Was bereits seit Oktober gemunkelt
wurde, hat sich gestern Nachmittag als Gewissheit herausgestellt: Stéphane
Richer, der in Kassel nicht nur die Rolle des Head-Coaches sondern auch
die eines sportlichen Leiters erfüllt, wechselt zur neuen Saison als
Sportdirektor zu den Hamburg Freezers. Für die Huskies ist der Abgang
des gebürtigen Kanadiers ein schmerzhafter Verlust mit möglichen Folgen.
Richer hatte im Januar 2006
den in Kassel wenig erfolgreichen Bernhard Engelbrecht abgelöst, konnte
den Abstieg in die 2. Bundesliga aber nicht verhindern. Im ersten Jahr
im Unterhaus scheiterten die Huskies unter seiner Leitung im Finale
gegen die Wolfsburg Grizzly Adams, erst im zweiten Jahr gelang der Wieder-Aufstieg
in die DEL nach einer spannenden Finalserie gegen Landshut. Zurück
in der höchsten deutschen Spielklasse, lieferten Richers Huskies im
letzten Jahr trotz erheblicher finanzieller Engpässe einige beachtliche
Erfolge ab, kamen aber nicht über den 14. Tabellenplatz hinaus. Auch
in der aktuellen Saison hindert vor allem der Etat von offiziell 2,6
Millionen Euro - mit Abstand der niedrigste der Liga - Richer und seine
Schlittenhunde an großen Erfolgen.
Keine Frage, an der Elbe bieten
sich Stéphane Richer ganz andere Möglichkeiten. Allein der Etat der
Hamburger ist fast drei Mal so hoch wie der der Huskies und gehört
damit zur Ligaspitze. Während man in Kassel von Jahr zu Jahr um den
Fortbestand bangt, hat Hamburg in den nächsten Jahren großes vor.
Klar, dass man dabei gern einen Mann wie Richer an Bord hat. Mit seiner
Erfahrung und seinem Netzwerk wird er die Freezers auf dem Weg zur Meisterschaft
einen großen Schritt voran bringen. Dass Richer für diesen Weg auch
einige der wenigen Top-Spieler aus dem Kader der Schlittenhunde mit
in den Norden nehmen wird gilt als sicher. Kassels Eigengewächs und
inzwischen Nationalspieler Manuel Klinge und Abwehrrecke Jean-Philippe
Côté, der erst in der Saison nach Nordhessen gekommen war, sind dabei
die wahrscheinlichsten Kandidaten.
Entsprechend steht man in Kassel
vor mehreren Baustellen zugleich: Abgesehen von der schwierigen finanziellen
Situation muss einerseits der Kader wohl gänzlich neu aufgebaut werden,
andererseits - und dies wiegt wesentlich schwerer - wird man den Verlust
des sympathischen Trainers nur schwer verdauen können. Sicherlich ist
es nicht unmöglich einen adäquaten Ersatz zu finden, fraglich aber
bleibt, ob Kassel die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen
und man noch einmal einen solchen Glücksgriff in Sachen Übungsleiter
landen kann. Ob der nicht unumstrittene Geschäftsführer Rainer Lippe
den Laden allein am Laufen halten kann, wird sich zeigen. Gespräche
mit potenziellen Nachfolgern Richers jedenfalls laufen, so Lippe, genaueres
dazu wie auch zum Fortbestand des Kasseler Eishockeys wisse man aber
erst nach der Olympia-Pause Ende Februar.
Bis dahin liegt es also an
Fans und Sponsoren sich wieder einmal explizit zum Eishockey in Kassel
zu bekennen, die Fahnen hochzuhalten und erste Zeichen zu setzen.
Leona Malorny - Foto by City-Press