Prost Neujahr 2008
Lieber Leser,
gerade ist das Jahr 2007 zu Ende
gegangen. Es war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Trotz nicht vorhandener
Abstiegsmöglichkeit Trainerwechsel en masse, ein paar seltsame Entscheidungen
der Oberen und andere Kuriositäten machten es mir recht leicht, eine wieder
einmal ironische Vorschau zu schreiben. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim
Lesen und hege insgeheim die Hoffnung, dass vielleicht doch etwas von dem
eintreten wird, was Sie hierunter finden.
Ein gesundes und erfolgreiches
2008 wünscht Ihnen
Ihr Werner Nieleck
Januar 2008
Der Schleier des Geheimnisses ist
gelüftet: Ab dem neuen Jahr ist das russische Unternehmen Mafiorkin mit Sitz in
Wolgograd Besitzer der Niederlassungen Hamburg Freezers und Eisbären Berlin. Die
Russen lösen damit die Anschutz-Gruppe ab. Hamburgs Geschäftsführer Boris Capla
fällt als Erster der Aufräumwut der neuen Chefs von der Wolga zum Opfer und muss
das Köfferchen packen. Sein Berliner Kollege Peter John Lee wird verdonnert,
sofort Russisch zu lernen. Das ist für den Kanadier, der bekanntlich nicht
gerade als Sprachwunder gilt, so gut wie aussichtslos. Die alten Hamburger
freuen sich, dass ihr ehemaliger Topscorer aus den 80er Jahren, Oleg Mischin,
Caplas Job übernimmt, während in Berlin Joachim Ziesche zu neuen Ehren kommt.
„Mensch, jetzt muss ick wieda Russisch büffeln wie früher als Kind“, so der
sichtlich überraschte „Lange“.
Februar 2008
Die Verantwortlichen der
bekannten Kaufhauskette in Düsseldorf haben die gepuderten Nasen endgültig von
dem sportlichen Herumkrebsen unter der Leitung von Lance Nethery voll. Sie
verhehlen auch ihre Ängste nicht, dass der Misserfolg des Eishockeyklubs mit
ihrer Firma in Verbindung gebracht wird. Um größeren Schaden abzuwenden, haben
sie die DEG-Verantwortlichen angewiesen, neue Trikots beflocken zu lassen. Diese
Jerseys tragen die Aufschrift „Mehmets Dönerbude“. Als Chefcoach wurde das
unverwüstliche Düsseldorfer Urgestein Walter Köberle engagiert, der in der
ersten Drittelpause von seinen Heldentaten als 16-Jähriger im heimischen
Kaufbeuren erzählt. „Wir zahlen zwar weiter, aber möchten nach außen momentan
nicht in Erscheinung treten“, so ein Sprecher des Unternehmens. Bis auf weiteres
firmiert der Verein unter dem Namen „DEG-Dönerkometen“.
März 2008
Zwar haben die Augsburger Panther
den Einzug in die Play-offs verpasst, dürfen aber trotzdem noch nicht auf ihre
geliebten Golfplätze. Manager Max Fedra ist mit Oldtimer Horst Eckert
übereingekommen, dass sich im Hinblick auf Eckerts Alter (der wackere Schwabe
wurde jüngst „75“) jeweils zwei seiner Cracks als Wächter des Eishockey-Museums
zur Verfügung stellen. „Das isch a Ehrenamt. Ich kann da nix zahla“, so der als
sparsam bekannte Museumsdirektor. Eckert will sich nach eigener Aussage dafür
verwenden, dass eine siebenjährige Spielertochter, die ihren Vater für zwei
Stunden vertrat, wegen ihrer Verdienste
in die „Hall of Fame Deutschland“ aufgenommen wird. Es gilt als
abgemacht, dass auch in Zukunft ein oder mehrere „Panther“ dieses wichtige Amt
bekleiden werden. „Schön fürs Museum, weil´s nix koscht“, so noch einmal der
Direktor.
April 2008
Die Iserlohn Roosters haben es
geschafft und sind in die Play-offs eingezogen. Doch nicht nur das: Manager
Karsten Mende, einziger Träger des Ordens „sieben auf einen Streich“ (im Vorjahr
verliehen wegen seines siebenmaligen Scheiterns an den Play-offs seit
DEL-Zugehörigkeit), kann sich vor Glück nicht mehr fassen. Getragen auf der Woge
der Begeisterung marschieren Robert Hock & Co. durch Viertelfinale,
Halbfinale und schlagen auch die Nürnberger, deren sportliche Leitung gerade mit
dem Ost-West-Preis (West-Trainer, Ost-Manager, was bisher nur in der Noris
klappt) ausgezeichnet wurde. Auf der anderen Seite des Atlantiks feiert Luke
Sellars die Meisterschaft auf seine Weise, nachdem er die frohe Kunde im
32-Seelen-Dorf „Bloody Springs“, wo er Kapitän der „Fighting Rustlers“ ist,
vernommen hatte. Im Überschwang seiner Freude schlägt der Kurzzeit-Rooster die
Einrichtung einer Kneipe kurz und klein. „Karsten will pay“, lallt er kaum
verständlich die Royal Mountain Police an, die ihn in das nächste Jail stopft.
Mai
2008
Während
Bundestrainer Uwe Krupp sich mit seinen Adlerträgern wacker bei der WM schlägt
und einige Achtungserfolge einheimst, wird abseits der Spiele in einem
Konferenzraum eines Hotel in Halifax Wichtiges diskutiert. Es geht vordringlich
um die Berichterstattung der DEL-Spiele. Es soll der sogenannte Trikotzwang
eingeführt werden, der den Träger schon von weitem als Anhänger eines bestimmten
Vereins kenntlich machen soll. „Die Fans sollen positiv unterrichtet werden.
Kritik können wir uns mit Blick auf die sinkenden Zuschauerzahlen nicht leisten.
Und damit auch der Rest der Journaille das richtige Feeling bekommt, soll er die
Kutte überstreifen“, so einer der DEL-Gesellschafter. Der Kreis kam überein,
dass zu Saisonanfang jedem Medienvertreter ein Leibchen mit der Maßgabe
überreicht wird, es bei den Spielen zu tragen.
Juni
2008
Wie
erwartet, schafften Kassel Huskies in Liga zwei die Play-offs wieder nicht. Die
Hessen mussten sich nach den Wolfsburgern im Vorjahr heuer den Schwenningern
geschlagen geben. Doch irgendwie passen den DEL-Gewaltigen die Gesichter
diverser Verantwortlicher aus dem Schwarzwald nicht. „Das riecht nach ganz arm!“
so ein Entscheidungsträger aus der Kölner Zentrale. Alle möglichen Argumente
werden gegen die Underdogs vorgebracht. Mal ist das Eis nicht DEL-gerecht, mal
fehlen ein paar Sitzplätze, mal sind die VIP-Loungen zu klein. Außerdem sind
Spielpläne und Anfahrtswege schon gedruckt, und zwar mit der Aufschrift „Kassel
Huskies“. Hinter verschlossenen Türen entscheiden die Gewaltigen, die Nordhessen
anstatt Schwenningen gegen eine angemessene Gebühr trotz der Finalniederlage
aufzunehmen. „Die Gebühr sollten wir ´Hundesteuer´ nennen“, so ein Witzbold aus
dem Rheinischen mit Blick auf den Firmennamen des Aufsteigers. Kassels Antrag
geht einstimmig durch.
Juli 2008
Endlich fasst sich die
Ligenleitung ein Herz und lässt sich von den Vertretern eines Boulevard-Blattes
einladen, das in seiner Sonntagsausgabe das Treiben auf Deutschlands diversen
Eisflächen geflissentlich übersieht. Folgender Dialog spielt sich ab, den wir in
gekürzter Form wiedergeben. (A = Medienvertrer, B = Ligenleitung)
A: Welche Spieler haben Sie, die
das Gesicht der Liga prägen? B: (überlegt lange, und antwortet dann doch
nicht)
A: Wer war denn in den letzten
Jahren der überragende Akteur? B: Ein fast 40-Jähriger; (jetzt überlegt A lange,
ob er eine deftige Bemerkung machen soll, vermeidet sie aber)
A: Gibt es jetzt einen Auf- und
Abstieg? B: Ja, aber es gelten verschiedene Ausländerregelungen. (A guckt seinen
Gesprächspartner an, als hätte er einen Entsprungenen vor sich)
A: Wie sieht der Spielplan aus?
B: Gegen die meisten wird viermal gespielt, gegen andere nur zweimal, was aber
nichts mit der Geographie zu tun hat. A: (B fassungslos anschauend): Das
versteht doch keiner.
A: Sind Sie im Fernsehen präsent?
B: (kleinlaut) Ja, im Pay-TV. A: (hat jetzt endgültig die Nase voll) knurrt:
Aber das guckt ja kein Aas. Und warum sollen wir etwas von Ihrer Sportart
bringen? Auf Wiedersehen und machen Sie erst einmal Ihre Schulaufgaben.
August 2008
Ralf Pape, Duisburgs starkem Mann
im Vordergrund, ist ein spektakulärer Deal gelungen. Der „Alleinunterhalter“ der
Füchse kam mit einer in Duisburg ansässigen Brauerei überein, zusammen mit
Neuzugang Alexander Seliwanow für ein neues Produkt zu werben. Nach dem Flop mit
„Urgäuer“ forcieren die Hopfenleute nun den Verkauf der Marke „Seli´s Weizen“.
Als Logo dient das Konterfei des Stürmers mit dem typisch hochroten Kopf, der
lächelnd ein Weizenglas schwenkt. „Wir denken, wir haben einen guten Deal
gemacht. Hiervon werden Biertrinker, unsere russiche Werbelokomotive, die Füchse
und wir gleichermaßen profitieren“, so ein Sprecher des Unternehmens. Der
Stürmerstar selbst: „Charascho.“ Dann ganz langsam, weil er es auswendig lernte:
„Hauptsache, ich brauche keine Ami-Brühe zu trinken.“
September 2008
Die
neue Vorschrift, dass die Teams einen Tag vor dem jeweiligen Spiel an Ort und
Stelle sein müssen, findet fast überall Zustimmung. Aber halt nur fast… Krefeld
spielt mal wieder eine Ausnahmerolle. Denn die Pinguine reisen auf ausdrückliche
Weisung von Geschäftsführer Wolfgang Schäfer in einer vereinfachten Form eines
Rollotels an. Der Sparfreak ordnete an, dass den Akteuren lediglich schmale,
längliche Kisten zur Verfügung gestellt werden, die eher an Särge denn an
Schlafstätten erinnern. Die leidgeprüften Spieler sind morgens steif wie
Bretter. Fluchend arbeiten die Masseure wie die Berserker. „So wurden bestimmt
die Pharaonen im alten Ägypten eingewickelt“, so eine Stimme aus dem
Pinguin-Lager, die ihren Träger nicht preisgeben will.
Oktober 2008
Reagierten die
DEL-Verantwortlichen überhaupt nicht euphorisch, wie es sonst ihre Art ist, auf
Entscheidungen des Weltverbandes IIHF, so weicht diese Zurückhaltung schnell
gehörigem Entsetzen. Das Austauschprogramm der Schiedsrichter wurde ab dieser
Saison erweitert, und Deutschland muss mal wieder die Vorreiterrolle übernehmen.
Schon bei der Ankunft des Exoten kommen den Beteiligten gewisse Zweifel auf.
Anstatt Helm trägt Piffar Singh, so heißt der gute Mann, was frei übersetzt
soviel wie „singende Pfeife“ heißt, einen metallenen Turban, an den Füßen sind
sandalenähnliche Schuhe zu sehen. Bei den Spielern kommt nach anfänglicher
Belustigung schnell Unmut und Wut auf. Der wackere Mann aus Mittelasien pfeift
jeden Körperkontakt ab. Schnell kommt Weltenbummler „Jupp“ Kompalla, der aus
lauter Neugierde aus Krefeld angereist war und das Match beobachtet, auf die
Lösung. „Das ist ein Anhänger des gewaltlosen Widerstandes“, knurrt der
gebürtige Oberschlesier.
November 2008
„Da hat wohl jemand den Ausdruck
´jederzeit´ buchstabengetreu genommen“, so ein sichtlich gestresster Ligenleiter
Gernot Tripcke. Ganz Eishockey-Deutschland ist jedenfalls in heller Aufregung,
ob zu Unrecht oder nicht. Was war geschehen? Beim Spiel der Kölner Haie gegen
die Düsseldorfer Dönerkometen am 11. November wird Daniel Kreutzer, Kapitän der
Düsseldorfer, in der ersten Drittelpause von den Domstädtern gekauft.
„Schnitzel“, wie er früher genannt wurde, entledigt sich des rot-gelben Jerseys,
geht schnurstracks in die Kölner Kabine, wo er den Haie-Dress entgegennimmt und
zum zweiten Drittel das Eis in Kölner Kluft betritt. Viele Kölner Fans halten
das Ganze für einen Karnevalsscherz, doch den meisten rot-gelben Zuschauern
schwant Fürchterliches. Kölns Manager Rodion Pauels: „Wir haben Herrn Kreutzer
ein Angebot gemacht, er hat sich entschieden. In den Bestimmungen steht
ausdrücklich ´kann jederzeit wechseln´. Noch Fragen?“
Dezember 2008
Rechtzeitig haben sich die
Vertreter der 2. Liga und der DEL auf ein gangbares Verfahren bezüglich der
Qualifikationsspiele geeinigt. Der Sieger der Zweitliga-Play-offs darf nach
Erringung der Meisterschaft vier neue Ausländer verpflichten, damit die
Chancengleichheit gewahrt ist. Diese Ausländer müssen jedoch aus der DEL kommen.
Um den Verantwortlichen des Siegers wegen der Kürze der Zeit eine
Entscheidungshilfe an die Hand zu geben, werden die Ausländer jener Teams, die
die Plätze elf bis 14 belegten, in einer Liste geführt und dort quasi
feilgeboten. Über Ebay können sie ersteigert werden. Die meisten Cracks murren, weil sie viel lieber im
Ausland noch schnell ein paar Euro, Dollars oder Fränkli gemacht hätten und
agieren zum Ende hin sauschlecht, damit sie ja nicht gekauft werden.