Playoff-Check: Eisbären Berlin
Von Matthias Eckart
Der Verlauf der Punkterunde war für den Titelinhaber eine
einzige Enttäuschung. Dass man sich als Meister die Wiederholung des
vergangenen Erfolgs auf die Fahnen schreibt, ist so ungewöhnlich nicht, wenn
nicht gar selbstverständlich. Allerdings klaffte bei den Berlinern selten eine
größere Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Nicht zuletzt wegen der
internen Querelen, gelang es den Eisbären im Gegensatz zu den Vorjahren nie,
einen leistungsfördernden Spannungsbogen aufzubauen. Bewies Manager Peter John
Lee in der Vergangenheit selbst bei spät unter Vertrag genommenen neuen Spielern
ein glückliches Händchen, so scheint ihn dies insbesondere bei der
Verpflichtung von Verteidiger Jeff Jillson verlassen zu haben. Zuletzt wurde
der US-Amerikaner gar zum Absolvieren eines Sonderprogramms verdonnert und für
einige Spiele nicht berücksichtigt. Der andere Spätankömmling Ian Moran ist da
schon von anderem Kaliber, kam aber zu spät, um dem Team in der Punkterunde noch
wesentlich auf die Sprünge helfen zu können.
Blieben die Eisbären in den Meisterjahren bis auf wenige
Ausnahmen von schweren Verletzungen verschont, so schlug die Verletzungshexe
diesmal umso härter zu (z.B. bei Florian Busch, Christoph Gawlik, Frank Hördler,
Stefan Ustorf). In den letzten Spielen der Vorrunde fiel dann auch noch mit
Andy Roach die kreative Schaltzentrale zwischen Abwehr und Angriff aus. Mit
Roach und seinem Verteidiger-Kollegen Deron Quint sind zugleich auch jene
Spieler benannt, auf die es für die Cracks der Frankfurt Lions nicht nur bei
eigener Unterzahl zu achten gilt. Kommt das Verteidiger-Duo in Schussposition,
herrscht im Drittel eines jeden Gegners Alarmstufe Rot. Hinter den drei
US-Amerikanern Roach, Quint und Moran fällt das Niveau in der
Eisbären-Defensive jedoch deutlich ab, auch wenn sich Jungnationalspieler Frank
Hördler nach Verletzungspause wieder auf dem Weg nach oben befindet.
Zwar hat das Powerplay der Hauptstädter nach den Abgängen
von Micki DuPont und Derrick Walser an Kreativität und damit an Überraschungsmoment
verloren, für Platz 1 (17,32%) in der betreffenden DEL-Statistik langte es für
die Eisbären dennoch. Für die Lions kann es da nur heißen, der Strafbank fern
zu bleiben! Schwer genug für das Team von Rich Chernomaz, das mit 28,04 Strafminuten
pro Spiel die meisten aller DEL-Teams kassierte.
Festzustellen ist auch, dass auf Seiten der Eisbären einige Leistungsträger
der Abteilung Attacke enttäuschten. Kapitän Steve Walker ließ quasi über die
gesamte bisherige Saison hinweg den gewohnten Spielwitz und vor allem aber
seine Fähigkeit, ein Spiel allein entscheiden zu können, nahezu komplett
vermissen. Sein Scorerkonto weist zwar solide Werte aus, mehr aber auch nicht. Noch finsterer muss die Einschätzung über
Kelly Fairchild ausfallen. Dem sensiblen Stürmer gingen im Wust der schwelenden
Konflikte scheinbar all seine einstigen Qualitäten verloren. Wenn überhaupt,
blitzten diese nur selten auf. Das Fähnchen hingegen lange hochgehalten haben
hier Mark Beaufait und nach seiner Rückkehr nach Hohenschönhausen auch Denis
Pederson. Beide fielen jedoch zum Ende hin ebenfalls leicht ab. Hoffnung machte
indes das Comeback von Florian Busch, der sich die Lust am Hockey trotz allem
nicht nehmen ließ.
Interessant, dass beide jungen Berliner Goalies, Youri
Ziffzer und Daniar Dshunussow, statistisch gegenüber Routinier Ian Gordon die
Nase vorn haben. Zwar haderte man in der Hauptstadt im Saisonverlauf oft mit
den Leistungen der beiden Talente, doch knüpfte vor allem Ziffzer zuletzt wieder
an seine Top-Leistungen vom Dezember an. Kann er das auch in den Spielen gegen
die Lions fortführen, haben deren Scorer eine harte Nuss zu knacken. Erstmals
heißt es sich für das junge deutsche Torhütergespann in der entscheidenden
Saisonphase zu beweisen. Der von vielen geforderte erfahrene Mann für den Platz
zwischen den Pfosten wurde nicht geholt.
Die Bilanz in dieser Saison zwischen Eisbären und Lions
fällt ausgeglichen aus: 2:2 lautet die Gesamtabrechnung der vier Spiele
gegeneinander. Dabei konnte beide Teams ein Spiel auf fremden Eis gewinnen. Daraus
lassen sich also kaum Schlüsse ziehen. Schon eher sollte aus Berliner Sicht
Hoffnung machen, dass es etliche Spieler im Team gibt, die bisher weit unter
ihren Möglichkeiten spielten. Beginnen diese sich gerade jetzt auf ihr
tatsächliches Leistungsvermögen zu besinnen, dann muss die Saison für die
Eisbären am kommenden Sonntag noch nicht beendet sein. Die Vielzahl der
Fragezeichen auf der einen Seite, und der Fakt, dass auch die Lions in dieser Spielzeit
nicht weniger enttäuschten als die Eisbären auf der anderen, macht eine klare
Vorhersage nahezu unmöglich. Fifty-Fifty, Ausgang offen, da beide Mannschaften
zu allem und nichts fähig sind.