Pierre Pagé: „Wir stecken in einer schwierigen Situation.“
Im Hohenschönhauser Sportforum, der Heimat des Deutschen
Eishockeymeisters der vergangenen zwei Jahre, hängt der Haussegen schief. So
jedenfalls konnte man den Eindruck gewinnen, lauschte man am Sonntagabend den
Ausführungen von Trainer Pierre Pagé, dessen Mannschaft gerade das zweite Spiel
gegen das russische Top-Team Lada Togliatti (3:5) verloren hatte. Der Coach zog
eine erste, ziemlich durchwachsene Bilanz einer Vorbereitungsphase, die er
unumwunden als „keinen guten Plan“ bezeichnete, um den Meistertitel ein
weiteres Mal zu verteidigen. Pagé nahm kaum jemanden von seiner Kritik aus,
weder junge Spieler, noch die im Kader verbliebenen erfahrenen Cracks
(Disziplin) und auch sich selbst nicht - sogar das Management des
Hauptstadtklubs bekam sein Fett weg.
Man habe gehofft, so der Kanadier, dass vor allem einige der jungen
Spieler, die inzwischen über Erfahrung aus zahlreichen Einsätzen in der ersten
Mannschaft verfügen, größere Fortschritte machen würden und bereit seien, mehr
zum Erfolg des Teams beitragen zu können. Diese Hoffnung sieht der Coach zum
derzeitigen Zeitpunkt augenscheinlich aber getäuscht und nennt einige
Problemfelder beim Namen: mit den Abgängen der Offensiv-Verteidiger DuPont und
Walser sowie von Stürmer Denis Pederson
habe man das Potenzial über fünfzig geschossener Tore verloren, ohne für
adäquaten Ersatz gesorgt zu haben. Ersatz, der wie gesagt zu gutem Teil aus den
eigenen Reihen kommen sollte. Nicht nur, dass die Defensivabteilung zu wenig
produktiv ist, sie läßt zudem auch noch zu viele Chancen zu Gegentoren zu.
Bezieht man dann auch noch die durch einen überragenden Torhüter wie Tomás
Pöpperle verhinderten Gegentore in die Rechnung ein, so fiele der Unterschied
zum letzten Jahr noch drastischer aus, addiert Pagé die Defizite zusammen und
tritt damit deutlich auf die Euphoriebremse. „Es wäre wirklich arrogant, jetzt
vom Gewinn des dritten Titels zu sprechen, auch wenn unsere Marketingabteilung
das gerne so hätte. Die Realität ist aktuell eine andere.“
Zwar malt der Coach ein ziemlich düsteres Bild der Gegenwart, doch
scheint er mit seiner Kritik den Druck gerade auf die Spielergeneration um
Florian Busch, André Rankel, vor allem aber auf die bisher eher enttäuschenden
Verteidiger Tobias Draxinger und Jens Baxmann hochhalten zu wollen, deren
„Welpenschutz“ im Begriff ist abzulaufen. Von ihnen und den jungen Torhütern
Youri Ziffzer und Daniar Dshunussow erwartet der Trainer zu Recht den Schritt
auf das nächst höhere Level. Die beiden Keeper erreichen in diesem Jahr jenes
Alter, in dem der Tscheche Tomas Pöpperle den Eisbären mit zum Teil
überragenden Leistungen zum zweiten Meistertitel verhalf. Wie der
Gegentorschnitt aller Testspiele beweist, sind Dshunussow und Ziffzer von diesem
Niveau jedoch meilenweit entfernt.
Die Konsequenzen zeigt Pagé gleich mit auf, bleibt ein Leistungssprung
der jungen Hoffnungsträger aus: „Auch wenn wir es uns anders gewünscht haben,
brauchen wir dann eben doch mehr erfahrene Ausländer. Die wird es aber in einer
bestimmten Qualität erst ab Ende September geben. Alle haben bis dahin weiter
die Gelegenheit sich zu beweisen.“ Womit zugleich der Wink mit dem Zaunspfahl
Richtung Manager Peter John Lee erfolgt ist, die Augen auf dem Transfermarkt
jederzeit offen zu halten.
Auch die Planung der Testspiele fand Pagés Kritik: „Nach nur sechs
Tagen Training am hervorragend besetzten Turnier in Finnland mit vier Spielen
in vier Tagen teilzunehmen war bestimmt keine gute Idee.“, räumte er ein. Zum
vergangenen Wochenende mit wiederum drei Spielen in drei Tagen fiel des
Trainers Urteil nicht positiver aus: „Für Dresden war das eine tolle Sache, für
uns nicht. Am Samstag beim 0:7 gegen Togliati
waren dann auch einige der Jungen müde.“
„Wir stecken in einer schwierigen Situation und es gibt noch viele
Fragen, die wir spätestens bis zum Saisonbeginn beantworten müssen.“, bekannte
Pagé und ist froh, dass ab Dienstag ein geordneter, nur noch vom Pokalmatch in
Schwenningen unterbrochener Trainingsalltag im Sportforum Einzug hält.
(Matthias Eckart/Oliver Koch - Foto by City-Press)