Pierre Pagé: „Schließt sich eine Tür, öffnet sich eine andere“
Wer das Spiel der Eisbären am gestrigen Abend gegen die
Frankfurt Lions gesehen und hin und wieder die Bank der Hauptstädter beobachtet
hat, der musste feststellen, dass der mit dem meisten Engagement keine
Spielkleidung trug. Pierre Pagé tobte bei strittigen
Schiedsrichterentscheidungen, brüllte und gestikulierte zwischen den hängenden
Schultern und Köpfen seiner Spieler, die sich und ihre eigentliche Mission
längst aufgegeben hatten. Der Trainer drang nicht mehr durch zu ihnen, wie
vielleicht schon in der gesamten Saison. 0:6 unterlag der Meister der letzten
zwei Jahre den Frankfurt Lions deutlich, das Nichterreichen der Play-off war damit
traurige, aber konsequente Realität. Pierre Pagés Abschied von den Eisbären
wurde so zu einem bitteren.
Doch bleibt das Erlebnis des gestrigen Abends ganz sicher
nicht, was man in Zukunft mit dem Namen Pierre Pagé in Verbindung bringen wird.
Man wird sich daran erinnern, dass ein kanadischer Trainer zu den Eisbären kam,
der ihnen nicht nur durch seine eigene streitbare Persönlichkeit ein markantes Gesicht
gab, sondern durch seine Philosophie Eishockey spielen zu lassen eine Marke
schuf: Eisbären-Hockey, das diesen Sport hierzulande beeinflusste und den ein oder
anderen gar zur Nachahmung inspirierte. Was bleibt sind zwei Meisterschaften
und vor allem eine ganze Reihe junger deutscher Spieler, die während Pagés
Amtszeit zu Nationalspielern reiften. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass sich
Erfolg und die Entwicklung junger Spieler mit etwas Mut zum Risiko durchaus verbinden
lassen.
Was auch bleibt, ist die Erinnerung an das schier unerschöpfliche
Reservoir des Trainers an Sprüchen, bildreichen Gleichnissen, an nicht enden
wollende Referate zu allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten. Es sind
krachend zugeworfene Türen nach Niederlagen, aber auch gute Gespräche und
Interviews und es sind die Visionen des Pierre Pagé, in denen der EHC Eisbären
Berlin am Ende als eine der besten Eishockeyorganisationen Europas da stehen
sollte. Diese Vision Pagés indes bleibt unvollendet. Er verlässt die Eisbären
jedoch als allemal sehr gute Adresse im deutschen Eishockey.
Wohin es Pierre Pagé verschlägt, das wird in Kürze kein
Geheimnis mehr sein. Der EC Red Bulls Salzburg gilt derzeit noch immer als der
Favorit auf ein Engagement des Coaches.
Auch dort gibt es ein schon funktionierendes
Nachwuchsprojekt, dem mit einer jüngst mit den Los Angeles Kings vereinbarten
Kooperation zusätzlich auf die Sprünge geholfen werden soll. Mit dem Know How
Pagés und der Finanzkraft von Red Bull-Erfinder Dietrich Mateschitz könnten in
Salzburg Faktoren zueinander finden, die das Potenzial bieten, einiges im
Eishockey Österreichs in Bewegung zu versetzen, was bisher unberührt vor sich
hin schlummert. Was dazu bislang fehlte, waren vielleicht die Visionen eines
Pierre Pagé.
Matthias Eckart – Oliver
Koch
Foto by City-Press