Pierre Pagè: „Es geht nicht ohne erfahrene Verteidiger!“
Es war ein sportlicher Offenbarungseid, den die junge
Eisbären-Truppe bei der 5:7-Heimniederlage gegen bisher alles andere als
überzeugende Krefeld Pinguine leistete. Eine Verteidigung, welche diese
Bezeichnung nur selten verdiente und zwei junge Torhüter, die den Anforderungen
der DEL noch immer nicht gewachsen sind, verhalfen den Gästen zu ihrem ersten
Saisonsieg nach regulärer Spielzeit. Wie zuvor schon gegen die Adler Mannheim
verloren die Hauptstädter auch diesmal den Wettlauf um das eine mehr
geschossene Tor, mit den Pinguinen allerdings gegen einen weit schwächer zu
bewertenden Gegner. Da verblüffte das erste Statement von EHC-Coach Pierre Pagé
unmittelbar nach dem Spiel schon etwas: „Nun, mit den ersten vier Spielen war
ich nicht zufrieden, aber am Freitag und heute waren wir schon besser.“,
diktierte der Kanadier in die Notizblöcke der ob dieser Aussage verdutzt drein
schauenden Journalistenschar. Über das erneut wenig überzeugende Auftreten seiner
beiden jungen Torhüter Youri Ziffzer und Daniar Dshunussow wollte Pagé
überhaupt keine Bewertung abgeben und verwies schmallippig auf
Vollzeit-Torwarttrainer Josef Dusek.
Was dann folgte, darf wohl durchaus als Hilferuf betrachtet
werden, denn offen verlangte Pagé einen kritischeren Umgang mit dem Tun des
deutschen Meisters: „Wir haben in den letzten beiden Jahren auch deshalb die
Titel gewonnen, weil uns die Öffentlichkeit stets kritisch begleitet hat; das
hat den Spielern und auch uns, den Verantwortlichen geholfen. Doch trotz einer
schlechten Vorbereitung und lediglich zwei wirklich guten dritten Dritteln in
den ersten Spielen, war ich der Einzige, der böse war mit den Spielern. Was
jetzt passiert, habe ich kommen sehen, aber keiner wollte hören, als ich es
sagte“. Dabei belies es der Coach jedoch noch lange nicht, sondern wies auch
deutlich in Richtung Manager Peter John Lee: „Als klar war, dass auch Rob Leask
uns verlässt, bin ich davon ausgegangen, dass ich noch einen weiteren
erfahrenen Verteidiger bekomme. Der kam aber nicht. Es ist durchaus ein Plan,
der aufgehen kann mit zwei jungen Torhütern und jungen Stürmern zu spielen,
aber dazu braucht man erfahrene Verteidiger. Junge Torhüter, junge Stürmer und
junge Verteidiger dazu, das kann nicht funktionieren“. In der Tat lastet auf
den Schultern der beiden Routiniers in der Berliner Defense, Deron Quint und
Andy Roach, eine riesige Verantwortung, die nach reichlich Eiszeit gerade zum
Ende eines Spiels hin kaum noch zu stemmen ist. Da ist es wenig verwunderlich,
dass sich selbst bei ihnen, die auch noch für offensive Akzente sorgen sollen,
im eigenen Drittel leichte Fehler einschleichen. So bekommen die Gegner
zwangsläufig noch mehr Chancen, das Tor der Eisbären unter Beschuss zu nehmen,
in dem mit Ziffzer oder Dshunussow unerfahrene Torhüter stehen, denen es leider
weiter an einer gewissen Konstanz mangelt. Als Beweis für die Defensivschwäche
der Hauptstädter stehen bisher 28 Gegentore - die meisten aller DEL-Teams - aus nur sieben Spielen zu Buche.
Die kommende Woche dürfte interessant werden im Sportforum
zu Hohenschönhausen, denn für reichlich Zündstoff hat Pagé mit seinen Aussagen
mit Sicherheit gesorgt. Grundsätzlich dürfe am verfolgten Konzept aber nicht
gerührt werden, jungen Spielern die Gelegenheit zu geben sich bei den Eisbären
weiterzuentwickeln, betonte Pagé nachdrücklich, weil das der richtige Weg ist.
Doch will der Coach auch weiterhin den sportlichen Erfolg der Eisbären damit
verknüpft wissen und der ist ohne erfahrene Cracks offensichtlich nur schwer zu
gewährleisten.
(mac/ ovk -Foto by City-Press)