Nachbetrachtung der Junioren U18-WM in Pilsen und Budweis
Continental-Cup-Finale in UngarnVon Thomas Roost (Central Scouting Europe)
Dies war eine WM der Gegensätze. Viele Spiele gehörten zu den
schwächsten die ich in den letzten 8 Junioren-WM-Jahren verfolgt habe.
Vor allem das Niveau der Europäischen Mannschaften (ausser Tschechien)
war enttäuschend. Das Spiel USA-Tschechien hingegen war das beste
Eishockeyspiel der gesamten Saison (inklusive DEL, NLA,
A-Nationalmannschafts-Länderspiele und Major Junior Hockey)!
Speziell der Europäische Jahrgang 87 wird nicht in die Geschichtsbücher
eingehen und bei den Kanadiern haben traditionellerweise viele Spieler
gefehlt. Die besten 5 Kanadischen Stürmer sowie die vielleicht besten 2
Verteidiger waren allesamt noch in den Play-Off in ihren Ligen
engagiert oder waren verletzt. Der Russische Jahrgang 87 ist einer der
schwächsten seit jeher und auch die Finnen, Slowaken und Schweizer
dürfen nicht von einem guten Jahrgang sprechen. Die Schweden waren
unter der Führung des guten Prospects Niklas Bergfors OK, nicht aber so
gut wie die Bronzemedaille vortäuscht, einzig Tschechien hatte ein echt
gutes Team mit einigen guten Spielern (Hanzal, Vojta, Kudelka, Pavelec
und der 88er Frolik) und musste sich nur bei den Verteidigern Nr. 4-7
Abstriche gefallen lassen. Die USA, der grosse Favorit auf die
Goldmedaille, ist mit allen Assen angetreten (Kessel, Skille, Jackson,
Mueller). Sie konnten die Erwartungen erfüllen. Ich kannte sie aus
vergangenen Turnieren als klar dominierend und unter normalen
Verhältnissen unschlagbar. In Plzen sind sie aber eher zahm gestartet,
um dann aber ein echtes Feuerwerk zu zünden. In den ersten Spielen
haben sie sich der Taktik der Gegner (Tempo aus dem Spiel nehmen)
angepasst und sich darauf beschränkt, auch so die Spiele zu
kontrollieren. Später haben sie das Eishockey richtiggehend zelebriert:
Tempo, Intensität, Forechecking, Aggressivität und Skills auf höchstem
Niveau.
Die US-Amerikaner zeigten Eishockey von einem anderen Planeten:
Phantastisch die läuferischen Fähigkeiten, phantastisch der Zug zum
Tor, phantastisch der Skill-Level der meisten US-Spieler. Auch der
Deutsche Jahrgang 87 ist der beste seit langem, dies zum Leidwesen der
Schweizer welche diese Tatsache mit dem für die meisten Scouts
erwarteten Abstieg bezahlen mussten. Es war dies der erste Sieg einer
Deutschen Juniorenauswahl gegen die Schweiz in einem Ernstkampf seit
vielen Jahren. Eine Trendwende? Dazu später. Die Deutschen haben ein
gutes Turnier gespielt und in den meisten Spielen überzeugt. Sie gingen
in dem Duell mit der Schweiz als verdiente Sieger vom Platz und die
meisten Scouts waren sich einig: Ein Abstieg der Deutschen wäre nicht
gerechtfertigt gewesen. Weil ich diesen guten Deutschen Jahrgang über
das gesamte Jahr hinweg verfolgt habe, hat meine Prognose einen Sieg
gegen eine grosse Nation beinhaltet. Leider ist dieser Wunsch nicht
ganz in Erfüllung gegangen obwohl bei den sehr knappen Niederlagen
gegen Kanada, Schweden und Finnland der Grat zwischen Sieg und
Niederlage schmal war. Vielleicht hat die Absenz des Schlüsselspielers
Christoph Gawlik den Unterschied ausgemacht denn die Breite im Kader
der Deutschen ist nicht zu vergleichen mit demjenigen der Russen oder
Kanadier. Ich glaube es ist angebracht, der Deutschen
Junioren-Nationalmannschaft U18 zum 8. Platz zu gratulieren, ein guter
Erfolg mit ansehnlichen Spielen und zudem: Erkennbar besser als die
Schweiz und die Schweiz wurde ja in den vergangenen Jahren immer wieder
für ihre Nachwuchsarbeit gelobt. Eine Trendwende? Hat Deutschland die
Schweiz im Junioreneishockey überholt? Nein, es ist gefährlich, dieses
eine Resultat zu hoch zu bewerten. Ein erster Augenschein bei den 88er-
und 89er-Jahrgängen lässt eher darauf schliessen, dass die Schweizer
wieder ein klein wenig besser sein werden als die Deutschen.
In den nächsten Tagen werden wir die Nachbetrachtung des Turniers mit
einer ausführlichen Analyse der deutschen Mannschaft, Geschehnissen am
Rande und einer Betrachtung der Top-Prospects fortsetzen. Zudem werden
wir Thomas Roosts "Puck Dreams - der steinige Weg in die Big League,
die NHL" vorstellen.