Mannheim: Hockey ist nicht das Wichtigste im Leben
Klare Worte bei den AdlernDas Spiel der Mannheimer Adler gegen die Pinguine Krefeld, das die Adler mit 2:1
für sich entschieden, geriet fast zur Nebensache angesichts einer
Nachricht, die alle im Eisstadion schockierte: Wie sich vor ein paar
Tagen herausgestellt hat, leidet die einjährige Tochter von Co-Trainer Rico Rossi an Krebs. Das kleine Mädchen hat einen Tumor, der ein Zehntel
des Gewichtes des Kindes ausmacht. Tag und Nacht wachen die Eltern am
Bett der Kleinen, die in Heidelberg mit Chemotherapie behandelt wird.
Headcoach Bill Stewart und seine Frau Kim begleiten die Rossis in die
Klinik, versuchen, ihnen zu helfen, wo es geht. Letztendlich, so ein
sichtlich aufgewühlter Bill Stewart, "können wir alle nur beten, dass
das Kind eine Chance hat." Der Kanadier betonte, jetzt sähe man wieder
einmal, wie eminent wichtig die Aktion "Rosys Kids Corner", die
Ex-Adler-Goalie Mike Rosati ins Leben gerufen hat und die sich an
krebskranke Kinder wendet, ist. Gerade an diesem Abend übergab eine
Theatertruppe von der Schönau tausend Euro an Stadionsprecher Udo Scholz
für die Aktion. Klaus Stahl, einer der Schauspieler der Laientruppe von
"Was ä Theater": "Diese Aktion ist ungemein wichtig, wir wollen helfen,
den Kindern das Leben zu erleichtern."
Auch Adler-Kapitän Sascha Goc und Spieler Chris Joseph äußerten sich
Hockeyweb gegenüber zu der Krankheit des kleinen Mädchens. Beide
betonten, man sähe an einem solch traurigen Schicksal, wo die wahren
Prioritäten im Leben lägen. Goc: "Wir können alle nicht helfen, wir
können nur versuchen, für Rico Rossi zu spielen, damit er sieht, dass
seine Anstrengungen nicht umsonst waren beim Team." Chris Joseph dachte
an die Schmerzen der Familie Rossi und wie dankbar jeder sein müsste für
Gesundheit der Kinder. Joseph: "Wir denken alle an Rico, seine Frau und
das Kind."
Vor diesem Hintergrund verblasste alles andere. Aber es gab natürlich
ein Spiel und das gewannen die Adler denkbar knapp mit 2:1 gegen die
Krefelder Pinguine. Mit denen Stefan Ustorf kam, bis vor kurzem noch
Kapitän der Adler. Für Ustorf ein schwerer Schritt, zurück an die alte
Wirkungsstätte zu kommen. "Ich fühle mich bescheiden", bekannte er
gegenüber Hockeyweb und erzählte, dass seine Familie bereits wieder in
den USA sei.
Sascha Goc bedauerte, dass "eigentlich alle im Team durch das
schlechte spielen damals schuld daran sind, dass Stefan und Yves gehen
mussten." Man vermisse die beiden, vor allem mit Ustorf seien fast alle
befreundet gewesen. "Das wird sich natürlich nicht ändern, aber es ist
sehr merkwürdig, dass er, der eben noch hier war, jetzt für eine andere
Mannschaft spielt." Vor allem, weil, wie immer noch diskutiert wird,
keine offizielle Begründung für die Suspendierung Ustorfs und Racines
vorliegt.
Das Spiel an sich zeigte wenige Höhepunkt, obwohl sich beide Teams
Chancen herausspielten. Die Adler mit Überlegenheit, in
Überzahlsituationen allerdings hatten die Pinguine die Nase vorn.
Besonders gefielen einmal mehr deutsche Spieler wie Hock, Martinec,
Ullmann, Bakos, Pyka, Carciola, Goc und Blank. Der Einsatz, mit dem die
Cracks spielen, brachte Stimmung in das ansonsten eher stille Stadion.
4500 Fans blieben meist ruhig und auch die 5000 von der SAP gespendete
Wunderkerzen flackerten ziemlich matt auf. Ein paar der
Schoko-Nikoläuse, die man dem Anhang kredenzt hatte, erlitten gar
Schiffbruch und landeten auf dem Eis, als sich die Fans mehr als
unzufrieden zeigten mit der Leistung der Schiedsrichter. Da hatten sie
etwas gemeinsam mit Butch Goring. Der Krefelder Coach beschwerte sich,
dass die Unparteiischen durch ihre schlechte Leistung das Spiel
entschieden hätten. Das Niveau der Schiedsrichter in der Liga sei nicht
gut. Ansonsten fand Goring, dass man ein sehr gutes Spiel gesehen habe
mit starken Teams.
Krefelds Torwart Robert Müller, ein weiterer Ex-Adler, zeigte einmal mehr eine großartige
Leistung. Natürlich, meinte er nach Spielende zu Hockeyweb, sei er
unzufrieden mit der Niederlage, er fachsimpelte auch noch länger mit
Sascha Goc, der einen sauberen Treffer erzielt hatte, aber im Grunde
sei er heilfroh, Mannheim einst den Rücken gekehrt zu haben. Er fühle
sich in Krefeld großartig.
Marc Seliger auf der anderen Seite hatte einige "big saves" und rettete
kurz vor dem Schlusspfiff den Sieg für seine Adler. Der Torwart, der
immer noch an einer Erkältung leidet und sich Vitamine spritzen lässt,
winkte bescheiden ab, nachdem er von Adler-Coach Bill Stewart gemeinsam
mit Robert Müller zu den besten Männern auf dem Eis erklärt worden war:
"Ich hatte ja nicht so viel zu tun, aber sonst wars schon in Ordnung."
Er wird auch die nächsten Spiele im Kasten stehen, denn Richard
Shulmistra ist noch nicht fit, wenngleich er auf der Bank saß, damit
Danny aus den Birken den Heilbronner Falken helfen konnte, deren
erster Mann, Mike Rosati, noch verletzt ist.
Was sonst noch vom Spiel zu berichten wäre: Das 1:0 schoss nach vielen
Adler-Anläufen, die entweder am großartigen Robert Müller oder am Pech
scheiterten, in der 38. Minute Sascha Goc auf Vorarbeit von Chris Joseph und Robert
Hock. Den Ausgleich erzielte in der 40. Minute Robert Guillet nach Zuspiel von Alexander Selivanov und Terry Yake. Den Siegtreffer für Mannheim
markierte schließlich in der 50. Minute Rene Corbet im Powerplay. Mike Kennedy wurde von Trainer Bill
Stewart nicht mehr häufig eingesetzt, nachdem er erneut nicht die
Leistung gezeigt hatte, die man einst von ihm erwartete.
Richtig glücklich waren nach dem Sieg vor allem die Youngsters. Sachar
Blank, der sich bestens eingefügt hat ins DEL-Team und sich freut wie
ein Schneekönig über das Vertrauen von Trainer Stewart, bekannte, wie
viel Freude es ihm bereite, in diesem Team zu spielen und wie gut ihn
die Kollegen aufgenommen hätten. Und das Toreschießen, das werde
hoffentlich auch bald klappen, sagte er. Die Chancen hatten die
Ex-Jungadler bereits.
Klaus Kathan ist auf dem Weg der Besserung. Er nimmt regelmäßig am
Training teil, nachdem er bei den ersten Versuchen noch zwischendrin
abbrechen musste. Er hat gegen seine Hirnhautentzündung viele
Antibiotika schlucken müssen, die den Körper zusätlich geschwächt haben.
Eigentlich, so Kathan zu Hockeyweb, fühle er sich fit, er wisse nur noch
nicht, wie gut es um die Kondition bestellt sei. "Der Trainer bestimmt,
wann ich wieder spiele," sagte er und auch, dass noch eine Untersuchung
am 10. Dezember im Krankenhaus anstünde.
Dann drehten sich die Gespräche wieder um Rico Rossi und seine
Familie. Keiner im Team, der nicht mit allen Gedanken bei der kleinen
Tochter des Co-Coaches gewesen wäre und dem Kind und seinen Eltern alle
Kraft der Welt gewünscht hätte. (Angelika von Bülow)