Man spricht BayrischStraubing Tigers greifen runderneuert an

Coaches
Der 51-jährige Tom Pokel kam vergangene Saison, um zu retten, was kaum noch zu retten war, und machte das äußerst überzeugend. In diesem Spieljahr ist er von Beginn an dabei und will zeigen, dass in diesem Team etwas steckt. Nach dem ersten öffentlichen Training sagte er: „Wir wollen etwas beweisen.“ Unterstützt wird er dabei vom Co-Trainer Rob Leask, der bereits in seine vierte Saison bei den Tigers geht, und vom österreichischen Torwarttrainer Manuel Litterbach. Komplett neu im Staff und auch im Job ist Athletiktrainer Giovanni Willudda. Neu aber nur in dem Sinn, dass er erstmals ein Profiteam betreut. Kontakt zum Eishockey und den Spielern hatte er zuvor schon, da er in einem Fitnessstudio tätig war, in dem das Team früher trainierte. Bei der Mannschaft ist diese Verpflichtung extrem positiv aufgenommen worden. An der Fitness werden die Straubinger diese Saison wohl nicht scheitern.
Tor
Mit dem Landshuter Sebastian Vogl ist nur noch ein Goalie der Vorsaison im Team. Der eine oder andere wollte ihm letzte Saison die DEL-Tauglichkeit absprechen, doch mit einer starken Vorbereitung nimmt er seinen Kritikern viel Wind aus den Segeln. Vor allem im letzten Heimspiel gegen den HC Innsbruck konnte er in den entscheidenden letzten Minuten zeigen, was in ihm steckt. Neu hinzugekommen ist der US-Amerikaner Jeff Zatkoff. Er gewann als einer der Backups von Marc-André Fleury 2015/16 mit den Pittsburgh Penguins den Stanley Cup. Zuletzt spielte er in der AHL für die Cleveland Monsters. Für Zatkoff ist es die erste Europastation. Diese Verpflichtung kann man durchaus als Coup bezeichnen, denn Zatkoff war eigentlich nie auf dem Markt. Doch dank der Straubinger Verbindungen zu ihrem ehemaligen Torhüter Mike Bales, der einst mit Jason Dunham zusammenspielte und Zatkoffs Goaliecoach war, gelang dem Manager dieser Deal. Neulich sagte Coach Tom Pokel, dass er froh ist, zwei gute Torleute zu haben, wie er die Einsätze verteilt, ist aber nicht sicher: „Wie ich sie einsetzen werde, weiß ich noch nicht, das wird sich zeigen, das werden die Torleute zeigen“, so Pokel beim ersten Training. Zu diesem Duo kommen mit dem 21-Jährigen aus Bogen stammenden Cody Brenner (Deggendorfer SC) und dem 20-jährigen Straubinger Klaus Hieronymus (EHC Straubing) zwei Förderlizenz-Goalies. Brenner bekommt von vielen Seiten viel Lob und kann sich daher Hoffnungen auf sein erstes DEL-Spiel machen.
Verteidigung
Aus dem letzten Jahr findet man nur noch den Regensburger Alexander Dotzler und den Rosenheimer Max Renner. Mit einem Jahr Unterbrechung ist es für Dotzler bereits das siebte Jahr im Gäuboden. Der 33-Jährige arbeitet bereits an der Zeit nach seiner aktiven Laufbahn und hat mit seiner Lebensgefährtin ein Lokal mit Saal und Biergarten übernommen. Wo? Natürlich in der Regensburger Straße. Nach drei Jahren kam der Dingolfinger Marcel Brandt zurück. Zwischenzeitlich war er Nationalspieler und will das auch wieder werden. Maximilian Gläßl stammt aus Marktredwitz und gehört nun endlich zum Straubinger Kader. 2016 sicherten sich die Tigers für drei Jahre die Rechte an dem Verteidiger, der in den letzten beiden Jahren bei den Löwen Frankfurt Erfahrung sammeln konnte. Mit dem Weidener Benedikt Schopper kommt Erfahrung und ein Meistertitel hinzu. Schopper wechselte aus Ingolstadt und das ist der Heimatort von Stephan Daschner. Zu der bayerischen Verteidigung gesellen sich drei Importspieler. Der Schwede Fredrik Eriksson ist zwar schon 35 Jahre, doch er dürfte ein wichtiger taktischer Baustein sein, der in der Defensive alles spielen kann. Nur ein Faustkämpfer wird er auf seine „alten Tage“ nicht mehr, diese Rolle könnte dem Amerikaner Sena Acolatse zufallen. In der Vorbereitung hatte er immer wieder Bodyguard- und Rächersituationen. Allerdings zeigte er auch schon seine Qualitäten als Eishockeyspieler. Letzter Zugang war der Kanadier Steven Seigo, der nur den letzten Test in Innsbruck mitgemacht hat. Seigo verfügt über Stärken im Abwehrspiel und in der Offensive und ist damit der Spielertyp, den man noch gesucht hat. Alles in allem eine gestandene und erfahrene Verteidigung mit vier rechten und fünf linken Schützen. Doch mit insgesamt neun Mann hat Coach Pokel ein Luxusproblem, dass sich aber vielleicht auch fast von alleine löst, denn am Freitag sagte Tom Pokel dazu: „Auf jeden Fall ein Luxusproblem, aber ein oder zwei müssen kapieren, wenn sie nicht bringen, was wir verlangen, dann macht das unsere Entscheidung leichter. Wir haben zu viele leichtsinnige Fehler mit der Scheibe und das werden wir nicht riskieren in der Meisterschaft.“
Sturm
Gegen Ende der letzten Saison bildeten der Straubinger Stefan Loibl und die Kandier Mike Connolly und Jeremy Williams eine sehr gut harmonierende Sturmreihe. Momentan sieht es danach aus, dass dies auch in der anstehenden Spielzeit so sein wird. Neben diesem Trio haben nur noch der Landshuter Thomas Brandl und das Weidener Urgestein Sandro Schönberger den Cut überstanden. Bayerisch geht es weiter mit dem aus Nürnberg gewechselten Peißenberger Marco Pfleger und dem Nürnberger Sven Ziegler, der aus Berlin kam. Einziger gebürtiger Deutscher, der nicht in Bayern das Licht der Welt erblickte, ist der im russischen Omsk geborene Vladislav Filin. Damit ist der Sturm mit Dialekten aus Niederbayern, Oberbayern, der Oberpfalz und Mittelfranken auch für Sprachforscher ein interessantes Terrain. Mit deutschem Pass spielen die beiden Kanadier Dylan Wruck und T.J. Mulock. Wruck kam aus Köln, wo es für ihn nicht wirklich lief, doch im kleinen Straubing könnte ihm eine ähnliche Rolle wie einst in Iserlohn zukommen und da lief es recht ordentlich. Auch Mulock wechselte aus Köln, doch in seinem Schrank funkeln vor allem drei Meisterschaften mit Berlin. Er weiß, wie man Spiele gewinnt. Mit seinen Qualitäten und seiner Erfahrung soll er Straubing wieder weiter nach vorne bringen. Aus Ingolstadt schnappte man sich den Kanadier Kael Mouillierat. Nach eigener Aussage beobachtete Manager Dunham Mouillerat schon seit einiger Zeit und auch Kael Mouillerat zeigt sich über den Wechsel sehr erfreut. Hilfreich vielleicht auch, dass beide in Edmonton ca. 200 Meter Luftlinie auseinander wohnen. Mit Antoine Laganière kommt ein weiterer Kanadier, der den einen oder anderen Live-Kommentator vor eine sprachliche Hürde stellt. Der 1,93-Meter-Mann kommt aus dem finnischen Porin Ässät, fand die DEL aber schon seit einiger Zeit interessant. Nun hat er die Chance sich in der Liga zu beweisen. Trifft er, ertönt „Have you heard?“ aus der Stadionbeschallung und nach seinem sehenswerten Faustkampf bekam er stehende Ovationen. Der Kanadier Mitchell Heard kann in jeder Statistik Punkte sammeln. Neben dem schon erwähnten Fight bliebt auch ein Traumtor aus der Vorbereitung in Erinnerung. Jason Dunham beschreibt ihn als Spieler, der scoren kann und eine gesunde Härte hat. Vergangene Saison hat er in insgesamt 87 Spielen 34 Tore, 55 Vorlagen und 194 Strafminuten gesammelt. Mit einer Förderlizenz vom Deggendorfer SC hat der Bad Tölzer Christoph Kiefersauer eine Chance auf Eiszeit. Auch in diesem Mannschaftsteil findet man vor allem Bayern und Ausgeglichenheit. Man hat vier rechts schießende rechte Flügel gefunden und muss somit zunächst niemanden „Umschulen“. Zudem stehen Tom Pokel eine ganze Reihe von Spielern zur Verfügung, die mehr als auf einer Position eingesetzt werden können.
Fazit
Manager Jason Dunham und Coach Tom Pokel haben im Sommer jeden Stein umgedreht und nahezu ein komplett neues Team zusammengestellt. Erstaunlicherweise kommt man mit nur zwei „Zwei-Flaggen-Spielern“ aus und hat jede Menge Bayern gewinnen können. Erstaunlich ist das auch deshalb, weil seit Jahren über die Kostenexplosion bei deutschen Spielern geklagt wird. In einem Interview im November 2016 sagte zum Beispiel Geschäftsführerin Gaby Sennebogen: „Man bekommt – mit unseren finanziellen Möglichkeiten – leichter bezahlbare Ausländer als Deutsche.“ Solche und ähnliche Statements hört man immer wieder, nicht nur in Straubing. Hilfreich war hier aber wohl, dass einige der neuen Spieler nicht ihre beste Saison hinter sich gebracht haben oder wie Marco Pfleger nahezu die halbe Saison verletzt waren. Betrachtet man die Namen, hat man ein tolles und interessantes Team zusammengestellt, doch um das Phrasenschwein zu bemühen: Die Wahrheit liegt auf dem Eis. In einer Ausgabe vom „Talk am Pulverturm“ sagte der Manger: „Namen zählen nicht.“ Doch die Voraussetzungen, um eine erfolgreiche Saison zu spielen, sind gegeben. Ein Athletiktrainer, der den Spielern Beine macht, ein gutes Torhütergespann, eine gestandene Verteidigung mit vier Rechtsschützen und ein Sturm, in dem mehr als eine Reihe scoren und der zudem noch variabel aufgestellt werden kann. Man hat Einheimische, viele Deutsche, spannende Imports, Spieler, die das Zeug zum Publikumsliebling haben, Scorer, Fighter, Abwehrtürme und Aufbauspieler. Die Mischung wirkt gelungen, auf dem Papier. Die Verantwortlichen der Straubing Tigers wünschen sich, dass die Zuschauerzahlen wieder steigen. Eine Chance hat das neue Team auf jeden Fall verdient und nach sechs Siegen aus acht Spielen in der Vorbereitung dürfte man die Fans wieder richtig heiß gemacht haben. Wenn es läuft, ist im Eishockey alles möglich, das sah man 2011/12 mit dem Halbfinaleinzug. Läuft es nicht, kann auch eine Saison wie die letzte herauskommen. Realistisch betrachtet hat man sicher eine gute Chance auf die erste Play-off-Runde, doch gerade in dieser Region liegen die Teams sehr eng zusammen. Auf die Straubing Tigers und deren Fans kommt aber sicher eine spannende Zeit zu.
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