Larry Mitchell vertraut auf Charakter
Selbst noch auf der Pressekonferenz
nach dem 6:2-Sieg über die Eisbären Berlin wirkte Ausgsburgs
Trainer Larry Mitchell noch angespannt. Vielleicht freute er sich
aber auch innerlich, ließ aber keine offensichtliche Gefühlsregung
zu. Er wirkte fast schon etwas beschämt, dass er wenige Minuten
zuvor den großen Titelfavoriten Eisbären Berlin aus der Jagd um die
Krone der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gekegelt hat. Er, mit seiner
Low-Budget-Truppe gegen das Team vom milliardenschweren Investor
Phillip Anschutz, welches locker doppelt so wertvoll ist. Jedenfalls
auf dem Papier.
„Es ist unglaublich was meine Spieler
leisten. Ich weiß, dass das halbe Team schon Verträge bei anderen
Teams in der Tasche hat, aber trotzdem legen sie sich zu 100 Prozent
ins Zeug. Das ist Charakter!“, so Mitchell nach dem Spiel.
In der Tat war es so, dass vor Allem
die Führungsspieler diese Moral ausstrahlten, welche wohl
letztendlich den Funken Ausschlag in einer selbst chancenlos
anmutenden Situation gaben, um das Momentum auf die eigene Seite zu
holen. Indiz dafür sind die drei Tore nach dem umjubelten
Führungstreffer der Berliner.
Die Augsburger stecken nun in einer
„Now or Never“-Situation, denn das einstige Gründungsmitglied
der DEL schaffte ein Novum und zog erstmals ins Play-off-Halbfinale
eben jener Liga ein. Larry Mitchell dazu: „Vielleicht dauert es
noch einmal genauso lange, bis Augsburg irgendwann diesen Schritt
wieder schafft!“. Auch daher geschuldet, dass aus eben jenen
finanziellen Engpässen kein kontinuierlicher Teamaufbau gesichert
werden kann. Es sieht eher nach ständiger Sysiphusarbeit des
Trainers sowie seinem Sportdirektor Duanne Moeser aus, Spieler zu
verpflichten, die für eher geringe finanzielle Bezüge maximale
Leistung bringen. „Wir versuchen die Spieler zu uns mit der
Aussicht zu locken, dass sie sich in der DEL präsentieren können
und wir ihnen keine Steine in den Weg legen, wenn sie ein neues Team
zu besseren Bezügen nach Vertragsende gefunden haben.“.
Aber nicht alle Spieler lassen die
Panther gehen. Beispielsweise beim Torhüter Dennis Endras, der in
den bisherigen beiden Play-off-Serien gegen Mannheim und Berlin mehr
als überzeugen konnte, gingen die Fuggerstädter bis an die
finanzielle Schmerzgrenze, um den von der halben Liga umworbenen
Torhüter zu halten. Mit Erfolg!
Allerdings in der nährern Zukunft, sprich
den nächsten Tagen, muss Larry Mitchell nicht Bange sein. Er und
seine Panther fuhren erst gar nicht zurück nach Augsburg, sondern
blieben gleich in Berlin. Erst einmal nutzen sie die eigentlich von
den Eisbären zur Mittagsstunde gebuchte Eiszeit in der o2-World, zum
Halbfinalgegener Wolfsburg reisen sie erst direkt am Spieltag, da
wegen des Fussballspiels des VfL Wolfsburg gegen Fulham sämtliche
Hotels in der Autostadt ausgebucht sind.
Aber auch das kann einen Larry Mitchell
sicher nicht erschüttern.
Oliver Koch - Fotos by City-Press