Kurze Vorschau auf die Play-offs

Schafft es Ingolstadt bereits im dritten Jahr?
Die elften Play-offs in der Geschichte der DEL stehen an. Erst am allerletzten Spieltag standen die
zwei letzten Teilnehmer am Viertelfinale fest. Doch auch in den oberen Rängen herrschte erst bei
Ertönen diverser Schlusssirenen Klarheit. Selten war schon aus diesem Grund der Ausgang der
Meisterschaft so offen wie heuer. Ein Rückblick auf die Galerie der Champions belehrt auch, dass
der Erste der Punktrunde fast schon, so kurios sich diese These anhört, aus dem Rennen um den
Titel ist. Nur die Adler Mannheim schafften es, und das gleich zweimal (1997 und 2001), sich als
Vorrundenerster auch mit Meisterehren zu schmücken. Gleich dreimal wurde der Sechste (Köln
1995 und 2002, Krefeld 2003) Deutscher Meister, zweimal der Dritte (Düsseldorf 1996, Mannheim
1999), jeweils einmal der Vierte (Mannheim 1998), Zweite (München 2000) und im letzten Jahr mit
Titelverteidiger Frankfurt Lions der Fünfte der Punktrunde.
Die wegen der Vorfälle in Nordamerika ohnehin einmalige Spielzeit zeigte auch etwas anderes. Die
DEL und damit ihre Verantwortlichen sind längst den Kinderschuhen entwachsen. Es gab mit Blick
auf die passive NHL keine Ausnahmeregelungen, die einmal gefasste Beschlüsse rückgängig gemacht
hätten. Lächerlich gemacht haben sich die Nordamerikaner, die mit ihrer beiderseitigen Sturheit
unserem Sport weltweiten Schaden zugefügt haben.
Doch kommen wir zurück zu unseren Kandidaten, deren Chancen wir wie folgt beurteilen:
ERC Ingolstadt
Die Oberbayern haben es in ihrer erst dritten DEL-Saison zum Topfavoriten gebracht. Unter ihrem
Trainerfuchs Ron Kennedy integrierte die Truppe noch rechtzeitig zahlreiche prominente
Neuzugänge, die, wie beispielsweise Jamie Langenbrunner, erst im Verlauf der Saison zu Marco
Sturm und seinen Teamgefährten stießen. Das Überzahlspiel lässt zwar zu wünschen übrig, aber die
fairen Donaustädter werden dafür des öfteren Gelegenheit zur Perfektion bekommen. Die homogene
Mannschaft scheint in der Lage zu sein, auf Knopfdruck zu reagieren, wie jüngst in Düsseldorf.
Nürnberg Ice Tigers
Nach der enttäuschenden Vorsaison rechnet man sich in der Noris viel aus. Der lettische
Nationalspieler Herbert Vasiljevs hat nach seiner langen Verletzungspause wieder die Kurve gekriegt
und brennt darauf, in seiner deutschen “Eishockey-Heimat” es jenen zu zeigen, die früher nichts von
ihm wissen wollten. Für den scheidenden Trainer Greg Poss, der sich nur noch der Verbandsarbeit
widmen wird, wäre der Gewinn des Titels ein geradezu idealer Abgang von der (Vereins-)Bühne.
Mit den Franken und ihrem Gemisch aus Ost und West ist auf jeden Fall zu rechnen.
Eisbären Berlin
In den letzten drei Spielzeiten beherrschten die Hauptstädter mit ihrem Chefcoach Pierre Pagé die
Vorrunden und beendeten die Punktrunden zweimal als Erste. Doch der große Wurf blieb Steve
Walker und seinen Gefährten bisher versagt. Lag es daran, dass die Hohenschönhausener vielleicht
das technisch, aber nicht das kämpferisch beste Eishockey spielen? Eine große Rolle spielt die
Antwort auf die Frage, ob Torhüter Olaf Kölzig aus seiner Minikrise herausfindet und wieder an
seinen Normalform anknüpfen kann. Seine bisherigen Vorstellungen waren nicht gerade fehlerfrei.
Frankfurt Lions
Der Champion hat zwei Garanten für den Erfolg. Das sind auf der einen Seite Topscorer Pat Lebeau
und Cheftrainer Rich Chernomaz, der den Gewinn seines dritten Titels nach Köln 2002 und der
Vorsaison anstrebt. Beeindruckend, wie ernst die Mainstädter die ganze Vorsaison nahmen und nach
Anfangsproblemen schnell die Tabellenspitze erklommen, die sie am allerletzten Spieltag
zurückeroberten. Die Truppe ist nicht so homogen wie die Konkurrenz, was auch seine Nachteile
hat, weil sie leichter auszurechnen ist. Die große Frage: Ist Pat Lebeau zu stoppen?
Kölner Haie
Ähnlich wie Ingolstadt wird auch in Köln Disziplin groß geschrieben. Doch ob dies zum Erfolg
reicht, scheint zumindest fraglich. Einen Titelgewinn trauen Cheftrainer Hans Zach, der bereits ein
rundes Dutzend Jahre auf einen solchen wartet, nicht viele zu. Stehen die von Zach zu Beginn seiner
Amtsübernahme vor drei Jahren als “FC Bayern des deutschen Eishockeys” bezeichneten Raubfische
erneut vor einer Pleite wie im Vorjahr, als sie sang- und klanglos bereits im Viertelfinale
ausschieden? Ohne den 37-jährigen Dave McLlwain läuft bei den Rheinländern (fast) nichts.
Adler Mannheim
Auch die Mannheimer haben schon bessere Zeiten gesehen. Manager Marcus Kuhl, dem Fachleute
stets ein gutes Händchen bei der Zusammenstellung seiner Truppe bescheinigten, scheint in dieser
Saison ein paar Mal so richtig in den Wassereimer gegriffen zu haben. Das Team präsentierte sich oft
genug mehr als disziplinlos. Mit Helmut de Raafs Nachfolger Stéphane Richer steht zudem ein
Anfänger an der Bande. Wir legen uns fest: Der Meister wird nicht Adler Mannheim heißen, weil die
Mannschaft trotz hochkarätiger Besetzung den Hebel nicht rechtzeitig umlegen kann.
Hamburg Freezers
Sowohl die Hanseaten als auch Ingolstadt stehen in ihrer dritten Saison. Bei einer Gegenüberstellung
schneiden die Norddeutschen schlecht ab. Erst am allerletzten Spieltag stellten die Freezers die
Teilnahme an den Play-offs sicher, obwohl, vom Verletzungspech einmal abgesehen, das Umfeld
stimmt und hier vor allen Dingen die Zuschauerzahlen. Experten werfen Manager Borko Capla vor,
dass er den ungeliebten Dave King schon viel früher hätte entlassen müssen. Hat Capla jetzt auch auf
dem sportlichen Sektor Misserfolg, nachdem er in München, (West-)Berlin und Sachsen strandete?
Augsburger Panther
Es ist den Fuggerstädtern zu gönnen, dass sie sich nach zweijähriger Abstinenz wieder für die
Play-offs qualifizierten. Hut ab vor Manager Charlie Fliegauf und Cheftrainer Benoit Laporte, der in
der kommenden Saison die Nürnberg Ice Tigers übernehmen wird. Jahrelang müssen die Schwaben
mit einem relativ geringen Etat über die Runden kommen, jahrelang werden ihnen die besten Akteure
weggeködert. Mit Meisterehren werden sich der unverwüstliche Duanne Moeser und seine Kollegen
höchstwahrscheinlich nicht schmücken können, aber vielleicht sorgen sie für eine Überraschung.
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