Kommentar: Pierre Gilbert Pagé – Der Visionär geht
Pierre Pagé ist
zweifelsohne der erfolgreichste Trainer seit dem der, im Berliner Stadtteil
Hohenschönhausen beheimatete, Eishockeyklub Eisbären Berlin heißt. Pagé brachte
in den über fünf Jahren, in denen er in Berlin tätig
war, nicht nur den Erfolg in den Wellblechpalast, sondern auch Visionen. Junge
deutsche Spieler hat er zusammen mit erfahrenen Ausländern in einem Team
zusammengeführt. Er ließ seine Mannschaft das offensive Torpedo-System
praktizieren und faszinierte so über Jahre das deutsche Eishockey-Publikum.
Zusammen mit Manager Peter-John Lee lockte er u.a. mit Florian Busch, Frank
Hördler und Christoph Gawlik Talente nach Berlin, die mittlerweile aus dem
deutschen Nationalteam nicht mehr wegzudenken sind. Pagé entwickelte zusammen
mit den Eisbären ein Nachwuchskonzept, das stets im Zusammenhang mit dem der
Kölner Junghaie und den Jungadlern aus Mannheim in einem Atemzug genannt wird
und damit zu den besten in Eishockeydeutschland zählt. Eine weitere Vision wird
Pagé aber nicht mehr als Trainer hinter der Bande der Eisbären erleben: Wenn
sich im September 2008 die Türen der O2-World öffnen, und die Eisbären aus dem
eher versteckt gelegenen Wellblechpalast in die neue, zentraler gelegene Arena
ziehen, wird es ein anderer Trainer sein, der diese Vision, den Traum von
Pierre Pagé leben wird.
Nein, die Mission
des Pierre Gilbert Pagé ist eigentlich nicht zu Ende. Ein Mann, der sich gerne
an seinen eigenen Worten messen lässt, hätte eigentlich noch einige Visionen zu
realisieren. Neben der weiteren Entwicklung der jungen Spieler, die in der
neuen Arena „unglaublich“ sein sollen, wollte Pagé mit den Eisbären die beste
Organisation in Europa werden. Letzteres war eine Vision, die Pagé wohl als
„Preis des Erfolges“ am Ende nur noch alleine hatte. Zu glückselig machten die
Meistertitel in den letzten beiden Jahren. Ein Zustand offensichtlich, der
neue, höhere Ziele schnell aus dem Auge verlieren lassen kann.
Nicht aber Pierre
Pagé, der schon nahezu gebetsmühlenartig mit seinem ständigen „Wir müssen noch
besser werden!“ versuchte sein Team immer wieder auf den Boden zurück zu holen.
Zu Recht, denn zweifelsohne scheint sich so mancher Berliner Meisterheld in
Selbstzufriedenheit zu ergehen. Teilweise vergessend, wie schwer der Weg zum
Erfolg doch war.
Ohnehin wird dem
streitbaren Pagé nachgesagt, ein „harter Hund“ zu sein. Allerdings ein
erfolgreicher harter Hund! Fünf Play-off-Teilnahmen, (Viertelfinale 2002,
Halbfinale 2003, Finale 2004, Deutscher Meister 2005 und 2006) stehen unter
seiner Regie zu Buche. Was in der aktuellen Saison noch dazu kommt, steht noch
in den Sternen. Aber klar ist, das Buch „Pagé und die Eisbären“ wird sich
schließen – allerdings unvollendet! „Das Leben ist voll Veränderung, stelle
dich ihnen jeden Tag neu.“, diesen Spruch erhielt ich von Pierre zum
Jahreswechsel. Jetzt verstehe ich, was er meinte. Vielleicht hat er aber auch
erkannt, dass seine Visionen (auch in materieller Hinsicht) woanders mehr wert
sind?
Oliver Koch
Foto by City-Press