Kölns künftiger „Leiter Hockey Operations“ Matthias Baldys im Interview„Die Haie kennen meine Arbeitsweise“
Nach 14 Jahren verlässt Matthias Baldys Mitte Mai den EC Bad Nauheim. In Köln kennt sich der Manager bestens aus. Dort durchlief er den Nachwuchs und studierte an der Deutschen Sporthochschule. (Foto: Andreas Chuc / chuc.de)Die Corona-Saison 20/21 ist für Bad Nauheim und dich beendet. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Insgesamt bin ich zufrieden und froh, dass wir Eishockey spielen durften. Es war lange ungewiss, ob die Saison überhaupt stattfindet. Entsprechend intensiv waren im Vorhinein die Gespräche mit Spielern und Beratern. Die Vertragsmodalitäten mussten geklärt werden. Umso schöner war es dann, die Jungs im Stadion spielen zu sehen. Leider ohne Publikum.
Wie verlief die Saison?
Es gab viele Herausforderungen wie Quarantäne, kurzfristige Spielabsagen und Planänderungen. Planungen waren generell nie sicher. Es gab Phasen, in denen sich die Ereignisse überschlugen und ich am liebsten Urlaub genommen hätte. Das war eine sehr spezielle und emotionale Saison. Unter dem Strich können wir uns glücklich schätzen, dass die Liga lebt, wir unserem Beruf nachgehen können und Geld verdienen. Ohne staatliche Hilfen wäre es nicht möglich gewesen, die DEL2-Saison zu spielen.
Gab es in dieser Spielzeit etwas Positives, was es sonst wohl nicht gegeben hätte?
Die jungen Spieler haben vermehrt die Chance erhalten, sich zu beweisen. Das wäre ohne Corona in diesem Ausmaß sicher nicht der Fall gewesen. Sie sind die Gewinner dieser Saison. Durch den Wegfall des Abstiegs war der sportliche Druck minimiert. Das hat dazu beigetragen, dass der Nachwuchs mehr Eiszeit erhalten hat. Zudem konnten wir starke Spieler in die Liga locken, die normalerweise höherklassig untergekommen wären.
Können Sie ein paar Namen nennen?
Vor allem die ausländischen Spieler waren stark dieses Jahr. Cason Hohmann zum Beispiel wäre mit seiner Vita nicht zu uns nach Bad Nauheim gekommen. Auch Kelsey Tessier wäre woanders gelandet. Mark Richerdson ist in Großbritannien ein gefragter Mann und hätte auf der Insel gespielt. Jamie Arniel hätte vermutlich in der ersten österreichischen Liga einen Vertrag gekriegt.
Warum hat es Bad Nauheim trotzdem nicht in die Play-offs geschafft?
Letztlich waren wir in der Verteidigung zu dünn besetzt – das ist ein Hauptfaktor. Uns hätte eine Portion Routine in der Defensive gut getan. Wir hatten auch mit Verletzungspech zu kämpfen. Unser Kooperationspartner Köln hatte wie wir nur eine dezimierte „Corona-Mannschaft“. Dadurch waren dort Spieler wie Luca Sennhenn oder Julian Chrobot dauerhaft im Einsatz. Durch die Test- und Quarantäneregelungen war es nicht so einfach die Akteure frequentierter zu tauschen.
Harry Lange bleibt Chefcoach der Roten Teufel. Was zeichnet ihn aus?
Harry ist ein 24/7-Trainer. Er macht sich ununterbrochen Gedanken zum Eishockey und über die Mannschaft. Harry schaltet ganz selten ab. Vielleicht liegt es auch daran, dass er ein junger Trainer ist und alles richtig machen will. Seine taktischen und inhaltlichen Kenntnisse sind hervorragend und er überzeugt mit seinem Wissen über das Spiel. Harry arbeitet akribisch, lässt nichts schleifen, manchmal verbissen. Er steht keinem Trainer, die wir in den vergangenen Jahren beim ECN hatten, nach. Einzig Erfahrung kann man sich nicht kaufen, die muss er noch sammeln.
Wie ist er im Umgang mit den Spielern?
Er ist ein kommunikativer Trainer und in keinster Weise verschlossen. Das bedeutet aber nicht, dass er der Kumpeltyp ist. Er weiß die Grenzen sehr gut zu ziehen. Er ist mitten in der Saison von der Assitenz- auf die Chefposition gewechselt. Das ist gar nicht so einfach, denn als Co-Trainer bist du eine Art „Good Cop“. Der plötzliche Wechsel zum „Bad Cop“ muss gemeistert werden. Das ist einfacher, wenn du von Anfang an mit der Mannschaft startest und die Vorbereitung durchläufst. Ich mach mir bei Harry überhaupt keine Sorgen. Er ist der beste Trainer für Bad Nauheim.
Wie sieht es mit dem bisherigen Co-Trainer Patrick Strauch aus? Bleibt er?
Patrick hat im Profi-Eishockey Blut geleckt. Er hat aber einen laufenden Vertrag als hauptamtlicher Nachwuchscoach bei den Kölner Junghaien. Dort ist er Cheftrainer der U20 und will sich in diesem Bereich weiterentwickeln. Er war nur auf Leihbasis in Bad Nauheim und tritt dort seinen Dienst wieder an.
Sie selbst werden in der kommenden Saison nicht mehr zum Team der Teufel gehören. Ihr Vertrag läuft noch bis Mitte Mai. Sind Sie bis zum Schluss in die alltägliche Arbeit involviert?
Ich werde hier noch bis zum letzten Tag alles so gewissenhaft machen wie nur möglich. Das Wichtigste ist geschafft, wir haben die Saison detailliert analysiert. Es ist jetzt ein fließender Übergang: Harry Lange übernimmt in der ersten Phase eine Doppelfunktion bis meine Nachfolge geregelt ist. In der Mannschaftszusammenstellung wird keine Lücke entstehen.
14 Jahre Rote Teufel gehen für Sie zu Ende. Was nehmen Sie mit?
Bad Nauheim ist zu meiner Heimat geworden. Ich bin glücklich, wie alles hier gelaufen ist – dazu gehören die schönen und die weniger schönen Erlebnisse. Das macht das Leben aus. Ich wurde hier gefördert und habe mich mit Herz und Fleiß für den Club eingesetzt und mein Bestes gegeben. Ich bin mit dem Club gewachsen. Die gesamte Entwicklung nehme ich mit. In meinem ersten Jahr haben wir Oberliga-Play-downs gespielt, haben uns dann etabliert, sind aufgestiegen. Früher waren wir zwei Leute in der Geschäftsstelle, heute ist da mit PR, Ticketing, Sales, sportlicher Leitung etc. schon mehr los. Es ist alles viel professioneller geworden. Sportlich sticht natürlich die Oberliga-Meisterschaft 2013 heraus.
Jetzt also die Kölner Haie. Sie kennen die Stadt durch ihre Zeit im Nachwuchs und das Studium an der Sporthochschule. Wie kam es zu Ihrem neuen Engagement?
Im Laufe der Saison entstand die Situation, dass die Haie eine Person mit meinem Profil gesucht haben. Sicherlich war dabei unsere Kooperation hilfreich. So haben sich unsere Gespräche intensiviert. Die Haie kennen meine Arbeitsweise und können mich dadurch entsprechend einschätzen.
Wann werden Sie Ihre Koffer packen?
Mitte Mai werde ich einen Koffer packen. Und dann schaue ich Schritt für Schritt, wie es läuft und was ich benötige. Die Wohnung in Bad Nauheim behalte ich erstmal. Köln ist ja nicht weit weg und meine Freundin und ich werden sicherlich noch das ein oder andere Mal in die Wetterau pendeln.
Sie sind nebenbei als Vorsitzender im Eishockey-Verband Hessen tätig. Werden Sie dem EHV treu bleiben?
Ich bleibe dem Verband zunächst erhalten. Da sind noch Projekte, die wir realisieren wollen. Wir konnten trotz Corona einiges bewegen. Es gibt jetzt einen hauptamtlichen Trainer und einen Team-Manager. Stützpunkttrainings und Camps fanden statt. Die Infrastruktur soll noch weiter verbessert werden, dafür möchte ich meine Kontakte nutzen.