Kölner „Kiss-Cam“ bringt Tigers die Demütigung
Spätestens fünf Minuten vor Schluss der Partie nahm das Gastspiel der Straubing Tigers am Dienstag in der Kölnarena das Ausmaß einer Demütigung an. War das Ergebnis von 4:11 (2:2, 2:5, 0:4) gegen die heimischen Haie noch nicht dessen genug, machten die Verantwortlichen des Videowürfels in einem Übereifer obendrein zur Belustigung des Publikums die „Kiss-Cam“ mit herzlich umrandeten Konterfeis von Trevor Gallant und Eric Chouinard, die gar nicht schnell genug in Deckung gehen konnten, sichtbar.
Straubings Trainer Erich Kühnhackl zeigte kein Verständnis dafür. Für ihn war nicht die höchste Niederlage der Straubinger in ihrer jungen DEL-Geschichte das große Ärgernis, sondern vielmehr diese Aktion, die er als „unterstes Niveau“ wertete. Haie-Pressesprecher Philipp Walter lieferte umgehend die Entschuldigung des Clubs dafür. Einen Zusatzbericht, der möglicherweise Konsequenzen mit sich bringt, gab es dennoch.
Trotz aller Aufregung war dieses Vorkommnis ein Nebenschauplatz, auch aus einem Straubinger Blickwinkel. Das Resultat sprach letztlich eine unliebsam deutliche Sprache, dabei hatten die Niederbayern bis zur Spielmitte gut Paroli geboten und einen 0:2- und 2:3-Rückstand jeweils wieder ausgeglichen und soweit auch Moral bewiesen. Doch wie schon zwei Auswärtsspiele zuvor, Anfang November in Nürnberg, leitete dann eine frühe Auszeit von Erich Kühnhackl den Untergang seiner Tiger ein. Kurz danach schoss Stephane Julien die Haie zum 4:3 und damit auf die Siegerstraße.
„Dieser Treffer war der wichtigste, er hat uns Energie gegeben und ein befreiendes Gefühl gebracht. Wenn wir ins Laufen kommen, sind wir eine Top-Mannschaft“, stellte Kölns Coach Doug Mason zufrieden fest. Sein Gegenüber Erich Kühnhackl merkte an: „Die Jungs hatten sich zurückgefightet, aber nach dem 3:3 gedacht, mitspielen zu können. Wir sind dann auf einen Gegner gestoßen, der uns überlegen war.“
Der Rest des Abends entwickelte sich dementsprechend zu einem Kölner Schützenfest, das bezeichnend von fröhlichem und zutreffendem „Jetzt geht’s los, wir sind nicht mehr aufzuhalten“-Geträller aus den Boxen und „Oh wie ist das schön…“-Gesang von den Rängen begleitet wurde.
„Ratz-fatz stand es dann 3:7 und dann war es vorbei“, merkte Straubings Deutsch-Kanadier Jason Dunham nach dem Spiel an. Er wies auch auf einen „Überzahl-Tag der Kölner Haie“ hin. Immerhin vier ihrer elf Treffer erzielten diese bei numerischer Überlegenheit, was auch Doug Mason frohlocken ließ: „Das hat uns viel geholfen, die Jungs haben Selbstvertrauen bekommen.“
Mit diesem Selbstvertrauen verjagten sie auch den Schrecken der ohnehin mit nun acht Niederlagen aus den letzten neun Spielen angeschlagenen Straubing Tigers endgültig und die Rheinländer streben am 4. Dezember ihren ersten DEL-Sieg an der Donau an. Schließlich hatten die Haie in der letzten Saison dreimal gegen die Gäubodenstädter mit einem jeweils herausragenden Mike Bales im Tor verloren. Jetzt schenkten sie dem kanadischen Goalie satte zehn Treffer ein, ehe Straubings Backup Markus Janka ran durfte.
Auf dem Weg zu diesem Sieg über das Kellerkind hatten die Haie nichts dem Zufall überlassen. „Die Kölner haben bestimmt Videos studiert und gemerkt, dass wir etwas unsicher sind und deshalb mit vollem Druck gespielt“, mutmaßte Jason Dunham im Tigers- Lager richtig.
Doug Mason bestätigte: „Unsere Spieler wissen alles über den Gegner. Sie wissen bei Straubing, dass Josef Lehner und Anton Bader auf die Schüsse gehen und sie wissen, was ein Eric Chouinard macht.“ Zusätzliche Motivation kam an diesem glanzvollen Abend im Kölner Lager von Co-Trainer Clayton Beddoes, der mit einem Netz, das alle Spieler zusammen greifen mussten, den Teamgeist beschworen hatte.
So strahlend die Gesichter auf der einen Seite waren, so sehr hingen die Köpfe auf der anderen. Straubings Verteidiger Stephan Wilhelm wollte trotz seines ersten DEL-Treffers das Spiel erst gar nicht kommentieren, sein schwedischer Kollege Andreas Moborg sprach davon, dass das 4:11 „wahnsinnig weh“ täte. Dabei war die Motivation vor dem Match riesig, wie Jason Dunham erklärte: „Nach dem Sieg gegen Augsburg, auch wenn er nicht schön war, dachten wir, wir könnten in Köln was reißen.“
Die Mission eines reißerischen Überraschungssiegs am Rhein scheiterte trotz zwischenzeitlichem Hoffnungsschimmer allerdings gänzlich. Ein schwacher Trost war es, dass die Straubinger in Köln zum ersten Mal seit Mitte Oktober wieder mehr als zwei Treffer in einer Partie erzielten.
Vielmehr hing in Köln der Haussegen wieder schief und frühzeitiger Betrieb kam in der Straubinger Kabine auf. Drei Spieler waren schon vor der Schlusssirene beim Duschen. Eric Meloche hatte eine Spieldauerstrafe kassiert, Markus Jocher und Anton Bader wurden von Erich Kühnhackl in die Kabine geschickt, was der Coach aber später nicht öffentlich erklären, sondern vielmehr intern besprechen wollte.
Viel Zeit für Aussprachen bleibt allerdings nicht. Am Freitag wartet auf die Straubing Tigers mit den Füchsen aus Duisburg zuhause das Schlusslicht als Gegner. Und da zählt nur eines! „Wir brauchen drei Punkte, darüber brauchen wir gar nicht reden“, stellte Jason Dunham klar.
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