Kleiner Mann ganz groß
Brandon Reid stand entspannt in der Pressezone der Düsseldorfer Arena und
beantwortete bereitwillig die Fragen der Journalisten. Drei Tore in einem
Spiel - der quirlige Kanadier war der Mann des Tages beim in der Höhe
sensationellen 5:1-Erfolg der Düsseldorfer EG über die Eisbären Berlin im
vierten Play-off-Halbfinalspiel am Dienstag Abend. Reid spielte dabei seine
ganze Klasse und Schnelligkeit aus. "Das war in Ordnung und hat der
Mannschaft geholfen. Jetzt müssen wir nur noch ins Finale, das ist viel
wichtiger", blieb der 27-Jährige völlig bescheiden.
Wohl auch, weil
der in Kirkland in der Provinz Quebec geborene Flügelflitzer nicht vergessen
hat, dass er in der Vorrunde oft im Mittelpunkt der Kritik stand und häufig
zum Sündenbock für das schwache Abschneiden der Rot-Gelben gemacht wurde. Zu
wenig Leistung für zu viel Geld, lautete immer wieder der Vorwurf. Die
Erwartungshaltung an Reid war groß, obwohl er auch in seiner ersten Saison
in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) 2004/05 bei den Hamburg Freezers nicht
der Torschütze vor dem Herrn war. In 51 Spielen für die Hanseaten traf der
Stürmer lediglich 18 Mal, in den Play-offs ging er gar gänzlich leer
aus.
Diese 18 Treffer stehen seit Dienstag nun auch in seiner
DEG-Statistik. Die Wende zum Positiven gelang Brandon Reid dabei am 16.
März. Im dritten und entscheidenden Play-off-Qualifikationsspiel bei den
Hannover Scorpions schoß der nur 1,77 Meter große Angreifer in der
Verlängerung und nach insgesamt 91
Minuten und 44 Sekunden das goldene 2:1,
mit dem die DEG nach einer Grusel-Saison überhaupt erst ins Viertelfinale
einzog. Kleiner Mann ganz groß. "Das war bestimmt nicht mein schönstes Tor,
aber sicherlich eines meiner wichtigsten", sagte Reid damals. Und es stärkte
das Selbstbewusstsein. Sein Weltklassetor zum 2:0 am Dienstag gegen Berlin,
als er in Unterzahl ein Solo startete, erst Verteidiger Busch und dann
Torhüter Zepp alt aussehen ließ, bevor er den Puck im Netz versenkte,
bewies, dass er nun nicht nur wichtige, sondern auch schöne Tore
erzielt.
Vielleicht gerade noch rechtzeitig, um sich für einen neuen
Vertrag bei Lance Nethery und der DEG zu bewerben. Die Wahrscheinlichkeit
für einen Verbleib ist jedenfalls sehr hoch, wie Nethery bereits
durchblicken ließ. "Ich bewerte einen Spieler immer über eine gesamte
Saison." Und die soll für die Düsseldorfer EG mit dem heutigen Spiel in
Berlin noch nicht beendet sein. Auch, weil Brandon Reid rechtzeitig zu
seiner besten Form gefunden
hat.
Thomas Schulz - Foto by City-Press