Klaus Kathan: "Dann wollen wir nun mal die Berliner ärgern!"
Die obere Etage im Mannschaftsbus der Düsseldorfer EG war auf der Rückfahrt
aus Nürnberg hell erleuchtet. Entgegen sonstiger Gepflogenheiten einer
professionellen Einstellung ließen die Spieler ausnahmsweise fünfe einmal
gerade sein, feierten ausgelassen und leerten vor dem freien Donnerstag die
von einem Düsseldorfer Radioreporter für den Halbfinaleinzug spendierten
drei Kästen Bier. Sie hatten allen Grund dazu. Schließlich war ihnen kurz
zuvor das Husarenstück gelungen, als Vorrunden-Neunter den haushohen
Favoriten aus Franken auszuschalten.
Von Versagern zu Helden, von
Tellerwäschern zu Millionären - das absurde Düsseldorfer Eishockeymärchen
geht in die nächste Runde, ins Halbfinale. Nachdem den Ice Tigers die
Krallen gezogen wurden, sollen nun die vom ehemaligen Düsseldorfer Trainer
Don Jackson betreuten Eisbären aus Berlin auf's Glatteis geführt
werden.
"Eigentlich sind wir ja gar kein richtiger Neunter, da wir
während der ganzen Saison durch unsere vielen Verletzten nie wirklich das
zeigen konnten, was wir eigentlich zu leisten imstande sind. So wurde es
dann auch gegen den Spitzenreiter die erhoffte enge Serie, in der wir in den
entscheidenden Kleinigkeiten das Glück auf unserer Seite hatten",
analysierte Trainer und Manager Lance Nethery. Entscheidend für den Erfolg
waren in erster Linie drei Dinge. Der mit Jamie Storr gegenüber Dimitrij
Kotschnew bessere Torhüter, die eiserne Disziplin und die Rolle des
unbekümmerten Außenseiters, in der sich die DEG pudelwohl zu fühlen scheint.
"Die waren total arrogant, haben uns absolut unterschätzt und nun die
Quittung dafür bekommen", tönte Verteidigertalent Korbinian Holzer und
ergänzte: "Wir waren in allen fünf Partien besser, auch bei der Niederlage
im ersten Spiel." Damit lag der 20-Jährige vollkommen richtig und er durfte
auch zurecht den Mund voll nehmen. Holzer hatte in allen fünf Spielen eine
bärenstarke Leistung gezeigt und mit Ahren Spylo den Top-Star der Nürnberger
fast vollständig abgemeldet. Der erzielte zwar das erste und das letzte Tor
der Serie, doch dazwischen lief es für den Vorrundensieger durchgehend
suboptimal. "Ich bin von meinen Leistungsträgern total enttäuscht", sagte
der sichtlich fassungslose Nürnberger Trainer Benoit Laporte, der eine
einjährige Auszeit vom Eishockey ankündigte, während Nürnbergs sympathischer
Manager Otto Sykora seinen Tränen freien Lauf ließ.
Schockzustand auf
der einen Seite, Glückseligkeit auf der anderen. Mit einem breiten Grinsen
drehte sich Klaus Kathan noch einmal um. "Dann wollen wir nun mal die
Berliner ärgern." Sprach's und bestieg den Bus, in dem das Licht noch lange
anblieb.
Zusatzinfo: Noch nie wurde eine
Mannschaft, die nach der Vorrunde schlechter als sechster war, deutscher
Eishockeymeister.
Thomas Schulz