Kellerderby wurde für Scorpions zum Rohrkrepierer - 1:7 in Iserlohn

Nach drei Siegen in Folge betrug der Abstand zum sicheren 12.
Tabellenplatz vor dem gestrigen Spieltag nur noch zwei Punkte. Da die
Iserlohn Roosters selbigen innehaben, hatten die Hannover Scorpions es in eigener
Hand, zum ersten Mal seit dem 21. November 2003 den 13. Platz zu
verlassen. Doch entweder haben die drei Siege gegen die Top-Teams Hamburg, Mannheim und Düsseldorf die
Wedemärker überheblich gemacht oder zu sehr geschlaucht, so dass bei der gestrigen Partie einfach die Luft raus war.
Das Unheil nahm gleich zu Spielbeginn seinen Lauf. Die Roosters wirkten spritziger und entschlossener, während die Scorpions in den ersten
Minuten kaum aus dem eigenen Drittel kamen und sich ein ums andere Mal
chaotische Szenen vor Ilpo Kauhanens Gehäuse abspielten. Es war nur eine
Frage der Zeit, wann die Roosters den Puck endlich über die Linie
bugsierten. Nach exakt vier Minten und einer Sekunde war es dann soweit und
ein Schlagschuss von Black landete im Netz. Doch der frühe Gegentreffer
weckte die Scorpions keinesfalls aus ihrer unerklärlichen Lethargie auf.
Sie spielten weiter ideen- und glücklos vor sich hin. Angriffsbemühungen
seitens der Gäste waren im ersten Drittel so gut wie nicht auszumachen,
und wenn stellten se keine ernsthafte Gefahr dar, so dass Roosters-Goalie Dimitrij Kotschnew ein ruhiges erstes Drittel verlebte.
Das Powerplay der Scorpions war schlecht und planlos wie immer, so dass die Roosters sich berufen fühlten, den Gästen eine Lehrstunde in Sachen
Überzahlspiel zu geben. Sowohl das 2:0 in der 15. durch Cipolla, als
auch das 3:0 in der 17. durch Cooper fielen bei Iserlohner Überzahl, in der sie die Scorpions regelrecht einschnürten. Direkt nach dem 3:0
konnte Scorpions-Coach Gunnar Leidborg das Trauerspiel nicht mehr mit
ansehen und nahm eine Auszeit, um auf seine Spieler einzuwirken. Das war
insofern von Erfolg gekrönt, dass man wenigstens kein weiteres Tor im
ersten Drittel kassierte.
In der Drittelpause schien Leidborg sich seine Truppe noch etwas
intensiver zur Brust genommen zu haben, denn die Scorpions fingen im
zweiten Abschnitt plötzlich an, mitzuspielen und sich einige Chancen zu
erarbeiten. Eine davon konnte Thomas Dolak zu dem nutzen, was sich am
Ende des Spieles als der Ehrentreffer herauskristallisierte (24.).
Obwohl die Scorpions, angespornt durch den schnellen Anschlusstreffer, im
Anschluss das Roosters-Tor berannten wie in besten Zeiten, wollte ihnen
kein weiteres Tor gelingen. Gerade zwischen der 30. und 33. Minute wurden de Roosters von den Gästen
schwindlig gespielt und hatten in ihrem eigenen Drittel, das sie nur
noch für Konter verlassn konnten, völlig die Übersicht verloren. Der
einzige, der in dieser Drangphase der Gäste den Überblick behielt und
dem Sturmlauf der Scorpions standhielt, war Goalie Kotschnew, der im
Gegensatz zum ersten Drittel nun alle Hände voll zu tun hatte und der
neben dem schon bekannten Abschlusspech der Scorpions der einzige Grund
war, dass die Roosters sich nicht das 2:3 oder gar 3:3 einfingen. Als
die Scorpions aber mitten in dieser Dauerdruckphase mal wieder den Puck
vertändelten und den Iserlohnern damit die Gelegenheit zu einem Konter
gaben, den sie durch Hommel erfolgreich abschlossen (37.), war
der Wille der Scorpions gebrochen. Dass der Schiedsrichter den Treffer
erst nach Analyse des Videobeweises gab, spielte auch keine Rolle mehr.
Zum Ende des Drittels, Scorpions-Kapitän Len Soccio saß gerade wegen
eines Frustfouls auf der Strafbank, gab es von den Roosters noch einmal
Anschaungsunterricht in effektivem Powerplay. Torschütze war zum zweiten
Mal an diesem Abend Cipolla.
Im letzten Drittel hat man den Scorpions angemerkt, dass sie diese 20
Minuten nur noch so schnell wie möglich hinter sich bringen wollten,
während auch die Roosters einen Gang zurückschalteten. Doch bei den
katastrophalen Abwehrfehlern der Gäste konnten die Iserlohner es beim
besten Willen nicht vermeiden, weitere Treffer zu erzielen und das
Ergebnis in blamable Höhen zu schrauben. So fiel in der 46. das 6:1
durch Danielsmeier und in der 55. setzte Melanson mit dem 7:1 den
Schlussstrich unter eine zumindest für die Roosters-Fans unter den 3716
Zuschauern sehr unterhaltsame Partie. Drei Sekunden vor Schluss wäre fast nch
das 8:1 für Iserlohn gefallen, aber wenigstens das blieb den arg
gebeutelten Gästen, die erneut nur mit fünf Verteidigern auflaufen
konnten, erspart.
In der anschließenden Pressekonferenz brachten die beiden
sympathischen Trainer es gekonnt auf den Punkt. Doug Mason war natürlich
hochzufrieden: "Was für ein schöner Sport!" meinte er lächelnd. "Wir
haben in den letzten sechs Spielen sechs Tore geschossen. Heute
schießen meine Jungs sieben in einem Spiel. Das macht es für den
Trainer einfach. Meine Jungs waren schon die ganze Woche absolut heiß
auf das heutige Spiel. Aber trotz einer insgesamt guten
Mannschaftsleistung, sie wissen immerhin wieder, dass sie Tore schießen
können, war der Held des Spiels eindeutig Dimitrij, der unseren
Vorsprung im Alleingang verteidigte, als die Scorpions im 2. Drittel
kamen."
Leidborg hat früh erkannt, dass "das Spiel schnell vorbei war. Iserlohn
war im ersten Drittel heißer und energischer. Wir hatten im zweiten Drittel
eine gute Phase, hätten das 2:3 oder gar das 3:3 machen können, aber
nach dem 1:4 war der Kuchen gegessen. Das Schussverhältnis mag relativ
ausgeglichen gewesen sein, aber was die Einstellung anging, war Iserlohn
uns haushoch überlegen!"
Dem ist an sich nichts hinzuzufügen. Dennoch muss die kritische Frage
erlaubt sein, WARUM es den Scorpions-Spielern an der nötigen Einstellung
fehlte? Warum waren die Scorpions nicht ebenso heiß auf dieses Spiel wie
die Roosters? Ausgerechnet in so einem imminent wichtigen
Sechs-Punkte-Spiel gegen den direkten Tabellennachbarn. Und dann noch
vor einer dank der drei von der Sparkasse Hannover gesponserten Fanbusse
ungewöhnlich großen Zahl an mitgereisten Scorpions-Fans.
Bei einer solchen Begegnung unter diesen Rahmenbedingungen mit der an
den Tag gelegten Einstellung aufs Eis zu gehen, ist vollkommen
unverständlich und nicht nachvollziehbar. Nicht nur, dass man die
mühselige Aufholjagd nun auf einen Schlag wieder zunichte gemacht hat
und quasi wieder von vorne anfangen kann (und das bei noch weniger
ausstehenden Spielen), man hat auch noch die mitgereisten Fans
enttäuscht und sich ziemlich blamiert. Zudem wird das Ergebnis
am Sonntag sicher nicht mehr Zuschauer in die heimische Preussag Arena
locken, wenn es gegen Playoffteilnehmer Nürnberg geht, gegen die man
sich in dieser Saison auch schon eine 2:8 Klatsche abgeholt hat.
Man kann nur hoffen, dass das Team den Schalter nochmal umlegen kann,
denn mit jeder weiteren Niederlage wird es schwieriger, die Playdowns
noch zu vermeiden. Und mit der Einstellung von heute hätten die
Scorpions selbst gegen Freiburg nichts zu bestellen. (S. Palaser)