Kein Befreiungsschlag der Straubing Tigers
Wie sich die Bilder gleichen. Das 1:4 (0:2, 0:1, 1:1) gegen die Hamburg Freezers war für die Straubing Tigers am Mittwochabend praktisch eine Kopie des Spiels drei Tage zuvor gegen Berlin.
Nicht nur das Ergebnis war identisch, auch der Spielverlauf entsprach der Vorpartie weitestgehend. Die Niederbayern starteten forsch in die Begegnung und das mit dem augenscheinlichen Willen, nach nunmehr vier vorausgegangenen Niederlagen wieder ein Lebenszeichen von sich zu geben. Gästetrainer Bill Stewart sah sich dadurch bereits in der fünften Minute gezwungen, eine Auszeit zu nehmen, um sein Team neu auf die überfallartigen Angriffe des Kontrahenten einzustellen.
Diese Maßnahme zeigte im Spiel der Kühlschränke Wirkung. Denn trotz einem Mehr an Torschüssen auf Straubinger Seite waren es wie schon am letzten Sonntag die Gäste, die eine 2:0-Führung durch Peter Sarno, der nach Koproduktion mit Francois Fortier (7.) den Treffer zugeschrieben bekam, und Christoph Brandner (20.) herausschossen.
Danach wurde es, mit diesem Tiefschlag im Genick, vor fast 3.500 Fans, bei denen sich Erich Kühnhackl später bedanken sollte, wieder schwer für die Hausherren. Die nun souverän auftretenden Hanseaten sorgten in der 33. Minute durch Brad Smyth, der schön in Szene gesetzt worden war, für die Vorentscheidung in einer Partie, in der Schiedsrichter Daniel Piechaczek nur insgesamt vier Strafminuten verhängte.
Das 4:0 durch Francois Fortier (48.) war im letzten Drittel ebenso nur noch Ergebniskosmetik wie der Straubinger Ehrentreffer durch Josef Menauer (Foto by City-Press), der sich im Nachschuss über ein persönliches Erfolgserlebnis freuen durfte und das auch sichtlich tat (50.).
Während die Hamburg Freezers, die ihren besten Mann in Torhüter Jean-Marc Pelletier hatten, auch im Gäuboden ihren Ruf als stärkstes Auswärtsteam der gesamten Liga untermauerten, blieben bei den Tigern Fragen offen. Die herbeigesehnte Trendwende angesichts der momentanen Negativserie zeichnete sich noch nicht ab.
Trainer Erich Kühnhackl sprach nach der Partie von einer „sehr schweren Situation“. Er stellte sich vor sein Team und versuchte so, mit Blick auf die nächsten Aufgaben etwas von dem entstandenen Druck von seiner Truppe zu nehmen: „Die Mannschaft hat es von der ersten bis zur letzten Minute versucht, viele Dinge umgesetzt. Manches, das am Anfang der Saison geklappt hat, funktioniert derzeit aber nicht mehr.“
Vor allem an Torgefährlichkeit mangelt es. Sechs Treffer aus in den letzten fünf Spielen insgesamt 155 gezählten Torschüssen sind viel zu wenig. An der fehlenden Durchschlagskraft änderte am Mittwoch gegen die Freezers auch ein Griff in die Trickkiste nichts. Die eigentlich blau-weißen Straubinger waren in roten Trikots auf das Eis gegangen. „Ein Aberglauben könnte immer ein bisschen eine Rolle spielen und helfen“, erklärte Erich Kühnhackl. Geholfen hat der Jerseytausch allerdings an diesem Eishockeyabend nicht. Ebenso wenig trug die zwischenzeitliche Umstellung auf drei Angriffsreihen als eine andere Maßnahmen Früchte.
Weiterhin glücklos agiert der Kanadier Cam Severson, der kurzfristig durch eine Verletzung von Bill Trew als eigentlich überzähliger Ausländer zurück ins Team gerutscht war. Er wurde von Erich Kühnhackl im Schlussdrittel nicht mehr gebracht, nachdem er sich dessen Ansicht nach zuvor bereits kräftemäßig verschlissen hatte: „Cam hat nicht schlecht gespielt, aber er ist wie viele von der eigentlichen Leistung entfernt.“
Nachdem auch gegen die Hamburg Freezers für die Tigers der dringend benötigte Befreiungsschlag ausgeblieben ist, hat sich der Druck, punkten zu müssen, auf die Mannschaft und das Trainergespann mit noch zwei verbleibenden Spielen vor der Länderspielpause (am Freitag in Nürnberg, am Sonntag in Iserlohn) weiter erhöht. Erich Kühnhackl verdeutlichte: „Unser momentanes Problem ist das Spiel, im Training sieht es gut aus. Wir versuchen alles, um der Mannschaft zu helfen und gemeinsam diesen Druck zu bändigen.“
Schützenhilfe bekam die Eishockeylegende nach der Partie gegen Hamburg von seinem Gegenüber Bill Stewart, der meinte: „Straubing hat aggressiv gespielt, in den Ecken gearbeitet, gekämpft, alles gemacht. Wenn sie so von der ersten bis zur letzten Minute spielen, dann kommt bei ihnen auch das Gute wieder zurück.“
Doch die Geduld und das Warten in Demut auf das Gute wird in der heutigen, schnellebigen Zeit nicht mehr überstrapaziert. Das weiß auch Erich Kühnhackl, der aber auf seinen Weg der kleinen Schritte setzt. Erfolgserlebnisse, und das so bald wie möglich, haben die Straubing Tigers dagegen vor allem wegen des angeknacksten Selbstvertrauens und der spürbaren mentalen Anspannung nun allemal bitter nötig. Auch personelle Konsequenzen gelten bei den Niederbayern als nicht mehr ausgeschlossen, zumindest steht in diesen Tagen manches auf dem Prüfstand.
Eine positive Erkenntnis hat Erich Kühnhackl, der momentan in seinen Videoanalysen verstärkt in die detaillierte Fehleranalyse geht, in den letzten Tagen allerdings nach dem Abfall der Tiger auf Tabellenplatz 14 gewonnen. „Die Mannschaft ist dadurch aufgewacht“, machte er einen Hoffnungsschimmer auf eine Trotzreaktion und die von ihm erwartete Trendwende aus. Auch glaubt er, dass die jüngsten Rückschläge einen positiven Effekt und Erfahrungswert bringen könnten: „So etwas macht einen härter.“
Ob die wieder wacheren, aber seit zweieinhalb Wochen sieglosen Tiger in den in dieser Woche noch anstehenden Spielen bei ihrer Suche nach dem Glück und Erfolg personell wieder aus dem Vollen schöpfen und auf den an der Schulter angeschlagenen Bill Trew zurückgreifen können, wird sich indes voraussichtlich erst am Freitag nach einer weiteren Untersuchung entscheiden. Zunächst hat der Stürmer Ruhe verordnet bekommen.
TORE:
0:1 (7:00) Peter Sarno (Francois Fortier, Marty Wilford)
0:2 (19:12) Christoph Brandner (Florian Schnitzer, Alexander Barta)
0:3 (33:12) Brad Smyth (Peter Sarno, Marty Wilford)
0:4 (47:08) Francois Fortier (Brad Smyth, Peter Sarno)
1:4 (49:05) Josef Menauer (Andrew McPherson, Josef Lehner)
Strafminuten: Straubing 2 – Hamburg 2
Schiedsrichter: Daniel Piechaczek (Ottobrunn)
Zuschauer: 3.457