Ice Tigers: Zehn Gründe für das frühe Playoff-Aus

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In 28 Jahren Playoff-Geschichte scheiterte der

Vorrunden-Sieger noch nie in der ersten Runde. Den Sinupret Ice Tigers aus

Nürnberg ist dieses seltene Malheur in der Viertelfinalserie gegen die DEG Metro

Stars nun widerfahren. Nur ein Sieg gelang dem Vorrunden-Primus in der "best of

seven"-Serie gegen den Vorrunden-Neunten. Grund genug, die Gründe dafür etwas

genauer unter die Lupe zu nehmen:


1. Eigenes Unvermögen

Man kann das frühe Ausscheiden sicherlich unter vielen Gesichtspunkten

analysieren. Fakt Nummer eins ist und bleibt, dass die Leistung der Ice Tigers

in den fünf Playoff-Spielen gegen Düsseldorf nicht annähernd das Niveau der

Vorrunde erreichte. Wie gelähmt fuhren die Mannen von Benoit Laporte teilweise

über das Eis und das Zittern einiger Handgelenke war bis auf die Tribüne

förmlich zu spüren. "Wir hatten nicht mehr die mannschaftliche Geschlossenheit,

die uns noch in der Vorrunde stark machte", stellte Sportdirektor Otto Sykora

fest. Trainer Benoit Laporte haderte vor allem mit der Effektivität seiner

Topspieler. Nahezu in jedem Spiel war von den "billigeren" Akteuren weit mehr

Engagement und Einsatz zu sehen als von den eigentlichen Stars. "Ich hatte auch

nicht bei jedem den Eindruck, dass er daran glaubt es schaffen zu können.

Einigen war es egal, ob wir gewinnen", sparte der Frankokanadier nicht mit

Kritik.

Dennoch darf man nicht vergessen, dass Düsseldorf ein äußerst unbequemer Gegner war, der im gesamten Saisonverlauf zahlreiche Verletzungsprobleme hatte und erst in den letzten Wochen die erwartete Leistungsstärke aufs Eis brachte. "Wir haben 13 der letzten 16 Spiele gewonnen und sind als Mannschaft jetzt erst richtig zusammen gewachsen", so Lance Nethery.



2. Disziplin

Immer wieder kassierten die Ice Tigers überflüssige Strafzeiten und das oftmals

in spielentscheidenden Situationen. Anweisungen des Trainers wurden nicht

konsequent befolgt und zu oft gab man der DEG dadurch die Möglichkeit den

Spielrhythmus zu bestimmen. "Sicherlich waren einige Strafzeiten nicht in

Ordnung, aber wir haben den Schiedsrichtern auch viel zu oft die Möglichkeit

gegeben, überhaupt pfeifen zu können", analysierte Benoit Laporte.


3. Selbstvertrauen

Alles was im Laufe der Vorrunde wie selbstverständlich und blind gelang, hakte

in den Playoffs auf einmal. Obwohl Spiel 1 gewonnen wurde, fanden die Ice Tigers

nie mehr die Sicherheit, die sie noch während der Vorrunde auszeichnete. Auch

die elftägige Spielpause aufgrund der Pre-Playoffs hat dazu seinen Teil

beigetragen. "Nürnberg hat die Pause nicht gut getan, wir waren dagegen voll im

Rhythmus", stellte Lance Nethery fest.

4. Überheblichkeit

"Vielleicht haben einige unserer Spieler gedacht, dass

wir nach der tollen Vorrunde auch ohne Probleme Meister werden", ließ Otto

Sykora kurz nach dem bitteren Ende wissen. In der Tat kann man manche Aussagen

im Vorfeld der Play-offs in diese Richtung interpretieren. An allen Ecken wurde

von der Meisterschaft gesprochen, die "in diesem Jahr so leicht wie noch nie zu

erringen sei, weil eine echte Toppmannschaft in der Liga fehlt", war immer

wieder zu hören und zu lesen. Wie man im nachhinein feststellen kann, behagte

den Ice Tigers die Rolle als Underdog im Vorjahr wesentlich besser als die des

Meisterschaftsfavoriten.


5. Special Teams

Zwar waren die Ice Tigers schon im Laufe der Vorrunde nur eine mittelmäßige

Überzahl-Mannschaft, aber die Trefferquote in der Serie gegen Düsseldorf war

katastrophal. Nur 2 von 24 Gelegenheiten wurden erfolgreich abgeschlossen

(8,33%). Schlichtweg indiskutabel. Auch die noch im Saisonverlauf starken

Unterzahlformationen wackelten plötzlich bedenklich und erlaubten sechs

Gegentreffer.


6. Offensive

Mit 206 Toren waren die Ice Tigers nach Berlin und Iserlohn das

torhungrigste Team der Vorrunde. 3,7 Treffer gelangen im Durchschnitt pro Spiel,

wobei Ahren Spylo mit 41 Toren der zweitbeste Torjäger der ganzen Liga war. In

den Play-offs trafen die Ice Tigers nur noch zehnmal in fünf Spielen (2,0/pro

Spiel). Auch Spylos Quote verringerte sich drastisch. Zwei Treffer in fünf

Partien.


7. Defensive

Die in der Vorrunde oftmals als beste Abwehr der Liga titulierte Nürnberger

Defensive wackelte gegen die DEG regelmäßig und kassierte 16 Gegentreffer (3,2

im Schnitt). In den 56 Vorrundenpartien mussten die Nürnberger Torhüter

insgesamt nur 144 Mal hinter sich greifen (durchschnittlich 2,6 Mal pro Partie).

Das Fehlen von Shane Peacock machte sich im Spielaufbau deutlich bemerkbar, aber

vor allem die erfahrenen Brennan, Brown und selbst Kapitän Laflamme waren weit

von ihrer Bestform entfernt. In der eigenen Zone wurden zu viele Fehler gemacht

und den flinken DEG-Stürmern zu viel Platz gelassen.

8. Torhüter

Nationalkeeper Dimitrij Kotschnew hat keineswegs

enttäuscht. Der nach der Vorrunde statistisch beste Keeper der DEL musste zwar

deutlich öfter hinter sich greifen als noch während der Vorrunde, aber an ihm

lag das frühe Ausscheiden am wenigsten. Andererseits waren die Fußstapfen, die

JF Labbé nach seiner letztjährigen Playoff-Performance hinterließ, auch nur

schwerlich auszufüllen. Dennoch entschied ein Torhüter letztendlich die Serie:

Jamie Storr. Der Düsseldorfer Zerberus wuchs über sich hinaus und brachte die

Nürnberger Stürmer reihenweise zur Verzweiflung. "Wir haben letztes Jahr

gesehen, wie schwer es ist gegen einen heißen Torhüter zu gewinnen. Jamie Storr

hat jetzt diesen Lauf wie Labbé im letzten Jahr", erkannte Benoit Laporte schon

nach Spiel 3.


9. Schiedsrichter

Trotz aller Kritik im Vorfeld muss man anerkennen, dass das kurz vor den

Play-offs eingeführte Vier-Mann-System weitaus weniger problematisch war als man

befürchten musste. Die Serie zwischen Nürnberg und Düsseldorf war zudem eine

jederzeit saubere und faire Angelegenheit. Dennoch kann man verstehen, wenn aus

Nürnberger Sicht mit der ein oder anderen Entscheidung der Unparteiischen

gehadert wird. Das Duo Dahle/van Gameren brachte die Metro Stars in Spiel 4 früh

auf die Siegesstraße. Zwei Treffer fielen bei doppelter Überzahl, deren

Zustandekommen mehr als zweifelhaft war. Auch in Spiel fünf verhinderten

unverständliche Pfiffe des Duos Schütz/Kadow eine mögliche Aufholjagd im

Schlussabschnitt.

 

10. Führungskrise

Keine Frage, die Übernahme von Alleingesellschafter Günther Hertel hat vor zwei

Jahren den Eishockey-Standort Nürnberg (vorerst) gerettet. Wie hinter den

Kulissen allerdings in den letzten Wochen und Monaten gearbeitet wurde, hat

letztendlich auch kein besseres Abschneiden als das frühe Viertelfinal-Aus

verdient. "Wenn wir in der Vorrunde sportlich nicht so erfolgreich gewesen

wären, hätte es uns schon längst zerrissen", bekannte Otto Sykora unmittelbar

nach Spiel 5. Das ganze in der Öffentlichkeit ausgetragene Hick-Hack um die

wirtschaftliche Situation der Ice Tigers hat nicht nur dem Image des Klubs,

sondern auch dem Innenleben der Organisation erheblich geschadet. Fast täglich

konnte man dem Blätterwald konträre Aussagen von Günther Hertel zur Zukunft der

Ice Tigers entnehmen. Von "längst alles klar für nächste Saison" bis "keine

Zukunft in Nürnberg" reichte die Palette der Hertelschen Aussagen, die scheinbar

oftmals aus einer Laune heraus gegeben wurden. Jedenfalls hat diese

Konzeptlosigkeit nicht nur bei den Fans für zahlreiche Diskussionen gesorgt. Oft

genug haben Benoit Laporte und Otto Sykora wissen lassen, dass sie "nicht wissen

wie es weiter geht". "Wie soll ich mit den Spielern sprechen, wenn ich selbst

nicht weiß, wie Herr Hertel plant", so Sykora weiter. Dass diese Situation nicht

an der Kabinentür halt macht, sondern die Spieler zum Nachdenken bringt, liegt

auf der Hand. Nicht zuletzt waren die Play-offs im Vorjahr so erfolgreich, weil

die Köpfe der Spieler frei waren und die Hausaufgaben im Umfeld erledigt wurden. Dies

hat Günther Hertel in diesem Jahr versäumt und durch seine Hemdsärmeligkeit eher

weitere Unsicherheiten geschürt. Wie es um die Harmonie bei den Ice Tigers

bestellt ist, konnte man zwischen den Zeilen immer wieder heraus hören: "Das war

die schwierigste Saison seit ich in Nürnberg bin. Im Endeffekt war ich immer der

Blitzableiter zwischen verschiedenen Gruppen", so Sykora. Auch Benoit Laporte

machte nie einen Hehl aus seiner Meinung und sein Statement auf der

Pressekonferenz nach dem letzten Spiel sprach Bände: "Herr Hertel spielt mit

unserer Zukunft!"

 


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