Ice Tigers: Chancenloser Außenseiter? - Jiranek vor Karriereende
Überfliegt man derzeit den Blätterwald und diverse Internetforen seit
dem grandiosen 1:0-Erfolg und dem damit verbundenen Finaleinzug der
Sinupret Ice Tigers am Ostersamstag im vierten Halbfinale gegen
Düsseldorf, scheint der DEL-Meister 2007 schon festzustehen.
Nahezu ausnahmslos sind sich Experten und solche, die es gerne sein
möchten, sicher, den Ice Tigers wird es gegen Mannheim so ergehen wie
schon den Kölner Haien im Halbfinale. Von vielen wird den Nürnbergern
nicht mal die Chance auf einen Sieg eingeräumt, andere bieten Wetten
an, weil sie sich sicher sind, die Ice Tigers schießen nicht einmal
fünf Tore in der ganzen Final-Serie.
Zweifellos verfügen die Adler über das stärkste Team der DEL. Nicht von
ungefähr gewann man die Vorrunde mit neun Punkten Vorsprung und
marschierte bisher ungefährdet durch die Play-offs. Schon in der
Vorrunde setzte die Adler-Offensive Duftmarken der besonderen Art.
Insgesamt 184 Treffer bedeuten Ligaspitze, und auch die 32 Playoff-Tore
der Adler sind unerreicht.
Auch in punkto Erfahrung haben die Adler die Nase weit vorne. Auf
insgesamt 2376 NHL-Spiele bringt es das Star-Ensemble der Kurpfälzer.
Dem haben die Franken nur 535 Einsätze in der besten Eishockey-Liga der
Welt entgegen zu setzen.
Was spricht also für die Ice Tigers? Wenig, aber genau das könnte die
einzigste Chance sein, gegen die übermächtigen Adler zu bestehen. Schon
im Viertelfinale standen die Ice Tigers mit dem Rücken zur Wand,
drehten einen 0:2-Rückstand gegen Hannover mit vier Siegen in Folge zum
verdienten Halbfinal-Einzug.
Gegen den Vorrundenzweiten Düsseldorf waren die Ice Tigers auch
chancenlos, wenn man sich die Prognosen zu Gemüte führte. Selbst nach
der Niederlage in Spiel 1 im heimischen ISS-Dome waren die Ice Tigers
für die DEG nur ein lästiger Gegner auf dem Weg zur Meisterschaft. Ein
Argument der Düsseldorfer für das Ausscheiden war das
verletzungsbedingte Fehlen von Tore Vikingstad. Dass aber die Ice
Tigers mit Rich Brennan, Stefan Schauer und Shawn Carter auf drei
Leistungsträger verzichten mussten, wurde fast nirgendwo erwähnt.
Angesichts der Finalkonstellation - der Saisonetat der Adler ist fast
doppelt so hoch - bleibt den Ice Tigers wieder "nur", ihre Stärken in
die Waagschale zu werfen und darauf zu hoffen, erneut ein wenig
unterschätzt zu werden.
"In solchen Situationen spielen wir unser bestes Eishockey", erklärte
deren Trainer Benoit Laporte unmittelbar nach dem entscheidenden Sieg
gegen Düsseldorf und meint damit, je besser der Gegner desto größer der
Respekt vor ihm. "Mannheim ist das beste Team der Liga, also brauchen
wir unsere beste Leistung, um gewinnen zu können", so Laporte weiter.
Ob das reicht? Ganz egal wie die Finalserie endet, was die Ice Tigers
bisher schon erreicht haben, ist verglichen mit den letzten Jahren,
sensationell. Ähnlich wie der Vizemeister-Titel im Jahr 1999 das
Nürnberger Eishockey nachhaltig beeinflusst hat, wird auch diese
Mannschaft Nürnberger Eishockey-Geschichte schreiben.
Nach sieben langen und dürren Jahren, hat es Benoit Laporte mit seiner
Mannschaft geschafft, endlich wieder Eishockey-Euphorie in Nürnberg zu
wecken und den schon fast unheimlichen Viertelfinal-Fluch zu
besiegen.
Mit Leidenschaft, Siegeswillen und unbändigem Kampfgeist hat sich die
Mannschaft in die Herzen der Fans gespielt. Angeführt von Trainer
Benoit Laporte, der in der letzten Länderspielpause noch einmal kräftig
Kondition für die Play-offs bolzen ließ, über Sportdirektor Otto
Sykora, der dank Alleingesellschafter Günther Hertel endlich einmal den
finanziellen Spielraum hatte, um während der Saison nachzurüsten, bis
hin zur Mannschaft selbst, die als eingeschworenes Kollektiv ohne große
Stars jetzt im Finale steht.
Was auch immer das Finale für die Ice Tigers bringt, unvergessen
bleiben die beiden Overtime-Tore in Folge von Brian Swanson gegen
Hannover. Genauso wie Pollocks 40 Meter Schuss, der die Serie gegen die
Scorpions drehte, oder Ficals Doppelpack in Spiel 2 gegen Düsseldorf.
Ebenso in Erinnerung wird die sensationelle Torhüter-Leistung von
Jean-Francois Labbé beim 1:0-Sieg im letzten Halbfinale bleiben.
Ein besonderes Finale wird es auch für Martin Jiranek sein. Der
inzwischen 37-jährige ist trotz seines zweijährigen Gastspiels in
Ingolstadt ein Nürnberger Urgestein. Von Greg Poss nicht mehr gewollt,
musste sich Jiranek einen neuen Club suchen. Benoit Laporte holte den
Stürmer wieder zurück, wo Jiranek nach dieser Saison seine
Profi-Karriere beenden wird und seine Erfahrung bei der
Bayernligamannschaft des EHC 80 sowie der Nachwuchsförderung einbringen
wird.
Dass seine beeindruckende Karriere ausgerechnet mit einem Finale gegen
Mannheim - mit Ex-Trainer Poss - enden wird, schließt den Kreis auf
kuriose Art und Weise. Schließlich ist Jiranek neben Sportdirektor
Sykora der einzige verbliebene aus den verloren Finals 1999 - ebenfalls
gegen Mannheim. Damals bildete Jiranek an der Seite von Sergio Momesso
und Jason Miller die unvergessene erste Reihe der legendären 99er
Mannschaft.
(Foto by City-Press)
👉 zum Streaming-Pass