Holger Gerstberger im Hockeyweb-Interview

Auch in der vergangenen Saison waren sie wieder einmal Mittelpunkt der Kritik: Die Schiedsrichter der DEL. Vor allem US-Profi Rick Looker musste sich von vielen Seiten Vorwürfe gefallen lassen, bei der Weltmeisterschaft überzeugte immerhin Richard Schütz, der sogar das Finale leiten durfte, während Looker auch in Riga für Proteste sorgte. Holger Gerstberger, Schiedsrichter-Beauftragter der DEL, nimmt zur Diskussion um Looker, Schütz und die Schiedsrichter allgemein Stellung.
Hockeyweb: "Richard Schütz durfte bei der WM das Finale leiten, warum war er bei den DEL-Finalspielen nicht am Start?"
Gerstberger: "Bei der Nominierung für die
Play-offs bzw. die Finalspiele zählt
selbstverständlich das Leistungsprinzip.
Aus diesem Grund war Richard Schütz einer
der Kandidaten für die Finalspiele. Zu
berücksichtigen sind aber auch andere
Kriterien, u.a. der Wohnort. Aufgrund der
Finalpaarung Berlin-Düsseldorf war der Wohnort
leider das K.O. Kriterium für Herrn Schütz
(wohnt in Berlin). Da Sie bekanntermaßen
sehr aufmerksam Spielpaarungen und
Schiedsrichteransetzungen (auch in anderen
Sportarten) verfolgen, kennen Sie die
Diskussion um Neutralität, etc. Wir wollen
bei einer Schiedsrichteransetzung derartige
Diskussionen vermeiden."
Hockeyweb: "Profi-Schiedsrichter Rick Looker
wurde zuletzt heftig kritisiert. Wie beurteilen
Sie seine Leistung in der
DEL und bei der WM?"
Gerstberger: "Herr Looker hat in der abgelaufenen
DEL Saison insgesamt einen sehr guten Job gemacht.
Auch seine Leistung in dem entscheidenden
Halbfinalspiel zwischen Düsseldorf und Köln
war gut, seine Entscheidungen waren korrekt.
Bei der Strafe gegen Lewandowski hat er absolut
richtig entschieden. Über Sinn und Unsinn
dieser Regel bzw. der Auslegung der Regel können
wir gerne diskutieren, nicht aber über die korrekt
ausgesprochene Strafe. Leider hat die Unkenntnis
des komplexen Regelwerks und speziell zu dieser
Regel eine Diskussion über Rick Looker
angezettelt, die nicht fair und vor allem
nicht korrekt ist."
Hockeyweb: "Die Kritik kam aber vor allem von
Spielern und Trainern, die sich mit dem Regelwerk
doch eigentlich bestens auskennen müssten"?
Gerstberger: "Generell ist jedem Schiedsrichter und
den Verantwortlichen aus dem Schiedsrichterbereich
bekannt, dass mit Ausübung eines solchen Amtes
Entscheidungen getroffen werden müssen, die nicht
immer zu Begeisterungsstürmen führen.
Während die Mannschaften, Spieler, Trainer usw.
an diesem Spiel mit dem Ziel teilnehmen, mit allen
erlaubten (und Manchmal auch unerlaubten) Mitteln
zu gewinnen, ist es Aufgabe der Schiedsrichter,
dafür Sorge zu tragen, dass die Regeln von den
Beteiligten eingehalten werden. Das sind doch schon
einmal unterschiedliche Voraussetzungen der
Beteiligten. Und genau hier setzt die Diskussion
über gute oder schlechte Schiedsrichterleistungen ein.
Der eine sagt, der Schiedsrichter war schlecht, der
andere hat vielleicht eine andere Meinung (auch wenn
diese nicht kommuniziert wird). Und natürlich machen
Schiedsrichter leider auch Fehler. Häufig ist diese
Diskussion aber der Versuch, von eigenen Fehlern
abzulenken und Einfluss auf Schiedsrichter zu nehmen.
Dies ist nicht nur eine Vermutung meinerseits,
sondern auch eine klare Aussage von renommierten
Trainern und Spielern. Fragen Sie mal nach. Und ist
ein Spieler, der am Tor vorbei schiesst, automatisch
ein schlechter Spieler? Nein, aber der Referee, der
eine vermeintliche Fehlentscheidung getroffen hat,
ist ein schlechter Schiedsrichter. Aber Eines sollte
allen Beteiligten klar sein und deren Handeln bestimmen:
Die Schiedsrichter verdienen Respekt und Akzeptanz für
die Arbeit, die sie leisten. Und davon sind wir leider
noch ein ganzes Stück weit entfernt."
Interview: Alexander Brandt