Hlushko erlöst die Adler im Main-Neckar Derby
Klare Worte bei den Adlern"Für die Zuschauer war das ein spannendes Spiel, für die Trainer eher
ein Alptraum," meinte Lions-Coach Lance Nethery nach der Begegnung der
beiden Erzrivalen. Kampf war Trumpf im Derby zwischen den Mannheimer Adlern und Frankfurter Löwen.
Denkbar knapp das Ergebnis, die hochfavorisierten Mannheimer setzten sich erst im Penaltyschießen mit 5:4 (0:2,2:1,2:1,1:0) durch.
Und selbst danach hatte es längere Zeit nicht ausgesehen. Die Lions,
von der eigenen Presse ein paar Tage vorher noch mit Hohn und Spott
bedacht, zeigten die Zähne und bewiesen, dass sie sich auch durch
Krisen beißen können. Zwar begannen die Mannheimer furios, doch ohne
zählbaren Erfolg. Und dann kamen die Frankfurter und zwar gewaltig.
Dimitri Pätzold im Adler-Gehäuse konnte zwar mehrfach retten, in der
16. Minute war der junge Mann jedoch machtlos. Vorangegangen war ein
Fehlpass der Mannheimer Verteidigung. Das zweite Tor in der 19. Minute
gehörte eindeutig in die Kategorie kurios. Der Adler-Goalie hatte den
Puck zwischen den Schonern festgeklemmt, wollte ihn dann runterlassen
und verlor ihn kurzfristig aus den Augen. Marcel Goc kam zur Rettung,
stocherte zwischen den Schonern herum. Statt die Scheibe nun nach vorne
zu befördern, stieß er sie versehentlich nach hinten. Marc Fortier
freute sich und schoss zum 2:0 für die Lions ein. Entsetzen im mit 6400
Besuchern gut besetzten Stadion am Friedrichspark, mit einem solchen
ersten Drittel hatte dort niemand ernsthaft gerechnet.
In der Pause gab es viele Diskussionen unter den Zuschauern. Auch
SPD-Bundestagsabgeordneter Lothar Mark, einst Präsident des MERC und
dem Mannheimer Eishockey nach wie vor eng verbunden, schüttelte den
Kopf über die mangelnde Mannschaftsleistung der Adler. Allerdings gab
er die Hoffnung nicht auf und setzte auf seinen ehemaligen Club. Auch
Tommy von der Gruppe Masterboy, der gerade von einer Promotion-Tour
durch verschiedene europäische Länder zurückgekommen war, warb um
Verständnis für das einheimische Team: "Wenn die Leistungsträger
fehlen, kann man nicht viel machen, dann muss ein Coach beten, dass es
auch so läuft." Tatsächlich hinterließen Podollan, Edgerton, Ustorf,
Corbet und Groleau große Lücken im Team des Vizemeisters. Etliche
Zuschauer wunderten sich allerdings, warum, statt einigen Cracks
Dauereinsätze zu verordnen, nicht auch mal andere Stammspieler zum
Zuge kamen. Michael Bakos etwa, der nur bis Beginn des zweiten Drittels
eingesetzt wurde. Dabei wirft sich der junge Verteidigung immer mit
voller Kraft ins Spiel, kämpft und leistet der Mannschaft gute Dienste.
Im zweiten Drittel überwogen bei den Gastgebern schöne Einzelleistungen
wie die von Tomas Martinec, der, technisch perfekt, gleich mehrere
Frankfurter umkurvte, den Puck aber nicht an Goalie Marc Pethke, der
sich gut verkaufte, vorbei ins Gehäuse brachte. In der 28. Minute
schaffte dann Hynes doch den Anschlusstreffer und als Hlushko in der
32. Minute ausglich, war die Welt im Friedrichspark kurzfristig in
Ordnung. Nicht lange, denn beinahe im Gegenzug hatten die kämpferischen
Löwen wieder die Nase vor. Das Spiel wogte in Drittel zwei und drei hin
und her. Von ermatteten Lions konnte überhaupt nicht die Rede sein, die
Frankfurter zeigten durchaus Klasse, vielleicht nicht so sehr im
technischen, dafür aber im kämpferischen Bereich. Bei den meisten
Powerplays waren sie den Adlern sogar überlegen.
Die Zuschauer hatten zwischenzeitlich ihre Freude an dem schnellen,
spannenden Spiel, das vor allem im dritten Drittel Adler zeigte, die
Einsatz brachten und immer wieder gefährlich vors Frankfurter Tor
kamen. Zum Ende der Spielzeit stand es 4:4. Ins Penaltyschießen
schickte Lions-Coach Lance Nethery statt Pethke die wieder genesene
Nummer eins, Dominic Roussel. Eine Überraschung auch für seine Spieler,
die nicht mit dieser Aufstellung gerechnet hatten, schließlich kam
Roussel kalt ins Spiel. Er hielt sich gut, parierte auch Schüsse, bei
Todd Hlushko, der den Siegtreffer auf dem Schläger hatte, war er jedoch
machtlos. Jubel bei den Adlern, die immerhin wieder zwei Punkte auf die
Eisbären gut machen konnten.
Lance Nethery, der bei vielen Mannheimern immer noch einen Stein im
Brett hat, auch wegen seiner charmanten Ausstrahlung, wünschte nicht
nur in perfektem Deutsch allen ein gutes Jahr, er konstatierte
außerdem, dass man ein Spiel mit "vielen Fehlern und viel Spannung"
gesehen hätte. Bei so viel Einsatz könnte man sogar Patzer vergeben,
meinte der Frankfurter Trainer. Hiobsbotschaft für Mannschaft und Fans:
Jackson Penney hat sich Bänder in der Schulter gerissen. "Wenn wir
Glück haben, ist er in sechs Wochen wieder auf dem Eis, sonst ist die
Saison für ihn zu Ende," bedauerte Nethery, der gleichzeitig betonte,
dass die Verletzung Folge eines fairen Checks gewesen sei.
Mannheims Trainer Bill Stewart hatte ein "nettes Spiel für die
Zuschauer" gesehen. Frankfurt scheine das Kämpferische in seiner
Mannschaft ans Licht zu bringen. Beide Teams hätten sehr
hart gekämpft.
Stephane Richer, letzte Saison noch Mannheims Kapitän, inzwischen ein
Lion, nach einer Kreuzband-Operation außer Gefecht gesetzt bis zum Ende
der Saison, war mit nach Mannheim gekommen, um alte Freunde aus
Adler-Reihen wiederzusehen. Im Kabinenbereich ist selten so viel los
wie bei Besuchen der Frankfurter. Viele Spieler kennen und mögen sich,
tauschen Neuigkeiten aus und lachen miteinander. So auch diesmal.
Immerhin blieb noch ein wenig Zeit für Kurzanalysen der Begegnung.
Richer freute sich, dass beide Teams sich nichts geschenkt und dass
Frankfurt nur ganz knapp verloren hätte. Christoph Sandner, der sehr
engagiert zur Sache ging und um jeden Zentimeter Eis gekämpft hatte,
mithin einer der wertvollsten Frankfurter gewesen war, lobte die
Derby-Stimmung, die aus Begegnungen zwischen Mannheim und Frankfurt
immer besondere Ereignisse mache. Dass die Partie trotz des
zwischenzeitlichen Vorsprungs der Lions verloren gegangen sei, sah er
in Folgendem begründet: "Wir haben in letzter Zeit zu wenige
Erfolgserlebnisse gehabt, das hemmt irgendwann doch." Trotzdem: Seine
Lions hätten an diesem Abend einen großen Schritt nach vorne gemacht.
Und die Teilnahme an den Play Offs "geben wir erst am letzten Spieltag
auf", versprach Sandner den Lions-Fans Engagement bis zum Ende.
Adler Francois Groleau, nach einer Meniskusoperation einige Wochen
außer Gefecht gesetzt, kündigte seine Rückkehr ins Team am Freitag
gegen Nürnberg an. Das Spiel, meinte er, sei gut zum Zusehen gewesen.
Lieber noch hätte er allerdings mitgespielt. Verteidiger-Kollege Yves
Racine hatte schon im Vorfeld geahnt, welch hartes Spiel aufs Team
zukommen würde: "Das ist gegen die Lions doch immer so." Racine gab zu,
dass die Adler in dieser Saison "viele Fehler, mehr als sonst" machten,
aber er betonte auch, dass "wir jetzt einen Weg gefunden zu haben
scheinen, immer wieder ins Spiel zurück zu kommen." Dieser Kampf gefiel
auch den Fans, die zwar kein schönes, aber immerhin ein äußerst
spannendes Derby gesehen hatten.(AB)