Helmut de Raaf: "Das Engagement stimmt" - 3:1 gegen Nürnberg

Er sah zufrieden aus: Adler-Chefcoach Helmut de Raaf weiß, dass noch
viel zu tun ist in verschiedenen Bereichen der Mannschaft, aber erstmal
freute er sich, "dass wir gewonnen haben". Mit 3:1 schlugen seine Adler
die Nürnberger Ice Tigers in einem nicht immer hochklassigen, meist aber
spannendem Spiel. Natürlich gab es noch Defizite, aber im großen und
ganzen kann man konstatieren, dass die Mannschaft kämpft. De Raaf: "Das
Engagement stimmt, an allem anderen kann man arbeiten."
Richard Shulmistra hütete diesmal das Tor, Marc Seliger lag mit einer
Magenerkrankung flach, Danny aus den Birken stand als Ersatz bereit.
Shulmistra, erstmals wieder im Einsatz, hielt einige gefährliche Schüsse
der Tigers, zeigte sich in anderen Situationen jedoch - nach einer Pause
vielleicht verständlich - unsicher. Zu oft verließ er den Kasten,
Schüsse prallten ab, manches Mal war viel Glück im Spiel für den
Mannheimer Goalie. Kritik von den Rängen, die übrigens Tigers-Trainer
Greg Poss nicht gelten ließ: "Shulmistra hat gut gehalten und einige Hundertprozentige unserer Stürmer verhindert."
Rene Corbet schaute vom Kabinenbereich aus zu, zu seiner (kleinen) Verletzung wollte er nicht weiter Stellung nehmen: "Vor den Playoffs
macht man das nicht mehr, die Gegner zielen dann genau auf die Stelle."
Andy Roach plagten Rückenprobleme, dafür waren Plante und Goc wieder mit
an Bord. Das erste Tor ging allerdings aufs Konto der Ice Tiges. Der
hervorragende und die ganze Zeit über engagiert kämpfende Greg Leeb markierte
es, als Shulmistra schon geschlagen auf dem Boden lag. Greilinger hatte
den Assist geliefert. Kurze Zeit später sorgte ein unglücklicher Bandenabpraller - Michaud hatte das Gehäuse verlassen und kam zu spät, um Plantes Schuss noch zu parieren- für den Ausgleich. Edgerton hatte die Vorlage gegeben.
Danach flachte die Begegnung ab, Powerplays brachten keine zählbaren
Ergebnisse, die Zuschauer langweilten sich gepflegt. Für Einlagen
sorgten höchstens Akteure beider Seiten, die sich einige Schlägereien
lieferten. Unbestritten im Mittelpunkt: Adam Spylo, den Mannheims Fans
zum Feind Nummer eins an diesem Nachmittag kürten. Allerdings manche
auch mit einem Stück Bewunderung: "Den könnten wir hier brauchen", hörte man ebenfalls.
Jason Podollan jubelte an diesem Tag zweimal, allerdings ohne wirklichen Anlass. Die Nummer 9 der Adler vermutete beide Male, dass ein
Tor gefallen sei. Zugegeben: Im Gewühl, das bisweilen vor dem Gehäuse herrschte, war nicht alles genau zu überblicken. Chancen auf beiden
Seiten im zweiten Spielabschnitt, die Tigers kamen ebenso gefährlich wie die Adler zum Zuge. In manchen Situationen stockte den Fans der Atem, dann etwa
wenn der Puck frei neben dem Kopf des am Boden liegenden Shulmistra auftauchte. Der Goalie schaffte es allerdings, die Scheibe unter sich zu
begraben mit einem sehenswerten Rückwärtsrobben. Einlagen immerhin der besonderen Art. Nicht elegant, aber effektiv.
Der Schiedsrichter zerpfiff häufig die Begegnung erfolgreich, gab mal Strafzeiten, mal nicht, wobei seine Kriterien im Dunkeln verborgen blieben. So, als Edgerton einen Stockschlag abbekam, sich wehrte und prompt auf die Bank wanderte, während sein Kontrahent munter weiterspielen durfte. Aber auch bei einigen Scharmützeln beider Teams war seine Strafzeitenverteilung nicht immer nachzuvollziehen.
Dann eine sehenswerte Szene bei einer der Schlägereien. Einer der Schiedsrichter packte den wutentbrannten Spylo, zwang ihn zu Boden und
setzte sich auf ihn. Spylo fightete wie ein Wilder, zog vorsorglich schon mal den Handschuh aus - wie er das in dieser Zwangslage schaffte,
grenzt an ein Wunder - und wollte gerade so richtig loslegen, da blickte er hoch und sah ausgerechnet den Schieri auf sich knien. Beide grinsten,
der Kampf ist ausgestanden. Bis Spylo sich hochgerappelt und ein paar Meter weiter gelaufen ist. Da sieht er dann einen echten Kontrahenten
und legt los. Später erzählt er Hockeyweb: "Ich habs nicht fassen können, als ich dem Schiedsrichter ins Gesicht schaute, ich hatte die
ganze Zeit gedacht, es wäre ein Adler, der mich angreift." Witzige
Momente in einem ansonsten häufig ruppig geführten Spiel. Nicht überhart allerdings, wie Mannheims Fabio Carciola befand: "So ist Eishockey,
natürlich war es hart, aber das gehört einfach auch dazu."
Für die Adler war die Einlage wie ein "Hallo wach", sie wollten nun
gar nicht mehr aufhören zu stürmen. Das wurde auch belohnt, als Hlushko
auf Zuspiel von Groleau das 2:1 in der 37. Minute erzielte.
In Drittel drei Riesenjubel als Fabio Carciola nach 43 Sekunden das
3:1 gelang. Ullmann und Bakos hatten das ihre dazu beigetragen. 5100
Zuschauer sahen einen spannenden Schlussabschnitt, in dem auch die
Tigers ihre großen Chancen hatten. Letztendlich tat sich nichts mehr für die Torstatistik.
Greg Poss war trotz der Niederlage eigentlich zufrieden mit seinem Team, ein tolles Spiel hatte er gesehen, die Atmosphäre in Mannheim sei
immer gut, für die Zuschauer wäre es spannend gewesen. "Eigentlich war alles offen", sagte Nürnbergs Coach zu Hockeyweb, "wir hatten große
Chancen, uns hat auch ein wenig Glück gefehlt." Zwei dumme Tore hätten letztendlich einen anderen Ausgang vereitelt. Aber ihm sei nicht bang
vor den Playoffs, die Mannschaft sei gut eingestellt.
Auch Helmut de Raaf betonte gegenüber Hockeyweb, dass diese Begegnung
auch anders hätte ausgehen können, "7:1 für uns, aber auch 5:3 für
Nürnberg." Im ersten Drittel sei man zu langsam gewesen, die letzten
zehn Minuten habe man auf die Anzeigentafel geschielt. In der Defensive,
gab de Raaf zu, habe er noch etliche Defizite ausgemacht, "da waren wir
oftmals zu langsam, wir haben Chancen vergeben, wir müssen uns schneller
bewegen." Aber, und das war ihm momentan am wichtigsten, "es sieht so
aus, als wären wir in den Playoffs und das Engagement stimmt."
Adam Spylo, in Zivil übrigens ein ausgesprochen höflicher Mensch, sah
sich nicht als unfair kämpfend: "Ich bin ein harter Spieler, klar, aber
ich bin nicht unfair. Ich nehme nur nicht alles hin, ich bin für die
anderen Jungs da. Billige Fouls akzeptiere ich nicht." Das Spiel hätte
auch noch Richtung Ice Tigers kippen können, konstatierte er, wollte
aber nicht zu sehr hadern. Allerdings habe der Schiedsrichter nicht
konsequent gepfiffen und das habe viel Unsicherheit hineingebracht.
Grundsätzlich, so Spylo "war das ein typisches Sonntagnachmittagsspiel
auswärts." Eines, das so und so hätte ausgehen können, aber vielleicht
habe man eine Chance auf Revanche in den Playoffs, grinste der Kanadier mit deutschem Pass
und verabschiedete sich Richtung Nürnberg. (Angelika von Bülow)