Greg Poss: „Wir haben verdient so hoch verloren“

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Das

Mitteldrittel im Spiel zwischen den Berliner Eisbären und den Adlern aus

Mannheim war noch keine zwei Minuten alt und doch hatte Gäste-Coach Greg Poss

schon genug gesehen. Er nahm eine dringend nötige Auszeit, nachdem

Eisbären-Kapitän Steve Walker das 4:1 für die Hausherren markiert hatte. Mit

hochrotem Kopf schmetterte Poss seinen Mannen seine Meinung über deren

untaugliche Darbietungen entgegen. Eingang fanden seine Worte aber ganz

offensichtlich nicht.

Ideen-, ja

geradezu hilflos standen die Adler-Cracks den wie entfesselt aufspielenden

Berlinern gegenüber. Was Poss zu Recht echauffierte, war, dass seine Spieler

kaum Ansätze dazu erkennen ließen, sich ernstlich gegen das drohende Desaster

zu wehren. Und so trat folgerichtig ein, was am Ende an der Anzeigetafel des

Wellblechpalastes zu lesen war: Eisbären 7 – Adler 2. Niederschmetternd für

jeden, der den Kurpfälzern in Sympathie zugetan ist.

Poss’

Resümee fiel entsprechend aus: „Berlin war von Anfang an bissiger und vor allem

stärker im Zweikampf. Es war eigentlich Glück, dass es nach dem ersten Drittel

nur 2:1 für die Eisbären stand. Wenn man so arbeitet wie wir heute, kann man

gegen eine Mannschaft wie Berlin nicht gewinnen. Dann verliert man zu Recht

auch in dieser Höhe.“ Poss räumte ein, dass ein solches Spiel nach den letzten

Auftritten seiner Mannschaft in Iserlohn und gegen Ingolstadt fast schon

vorherzusehen war. „Schon da haben wir nicht gut gespielt, auch wenn wir

gepunktet haben. Und dann kommt irgendwann so ein Spiel wie heute, in dem man

auf den Boden zurückgeholt wird.“

Eisbären-Coach

Don Jackson muss sich dagegen bemühen, derzeit echte Schwachpunkte seiner

Mannschaft aufzuzählen. Darum wissend, dass die Erwartungen in der Hauptstadt

schnell in den Himmel wachsen und Eisbären-Mannschaften im Erfolg seit jeher

zum Überschwang neigen, stimmt er in den Chor der Lobeshymnen nur dezent ein.

„Wir sind momentan mental sehr stark und achten meist auf die Kleinigkeiten.

Ich bin stolz auf meine Spieler.“ Und was tut er, damit die nicht abheben?

„Nun“, sagt Jackson, „wir achten darauf, dass sich keine schlechten

Angewohnheiten einschleichen. Und zwei Mal derselbe Fehler beim selben Spieler,

ist schon eine schlechte Angewohnheit.“

Geradezu

beängstigend ist der Torhunger der Eisbären. 126-mal haben sie in 29 Spielen

eingenetzt. Und es steht zu befürchten, dass bald kein DEL-Goalie mehr allzu

große Lust verspürt, gegen Steve Walker, Denis Pederson, Nathan Robinson &

Co. anzutreten. Adler-Keeper Adam Hauser war nach Jamie Storr (DEG), Jimmy

Waite (Ingolstadt), Ian Gordon (Frankfurt) und Norm Maracle (Iserlohn) der

inzwischen fünfte Stammtorhüter, der in einem Spiel gegen die Eisbären

vorzeitig seinen Platz zwischen den Pfosten räumte.

Was die

Berliner momentan vor allem so stark macht, ist ihr schnelles Umkehrspiel, das

blitzartige Umschalten von Abwehr auf Angriff und umgekehrt. Wird der Puck im

eigenen Drittel erobert, offenbaren sich sogleich wenigstens zwei gute

Optionen, die Hartgummischeibe nach vorn zu passen. Dazu gesellt sich die

Bereitschaft aller Spieler „Drecksarbeit“ zu verrichten. Kein Problem, sehen

sich – wie gegen Mannheim – zum Beispiel Denis Pederson und Steve Walker

plötzlich in der Verteidigerposition, weil Deron Quint oder Andy Roach auf dem

Weg nach vorn waren. Dann wird der Job halt erledigt. Da wühlen und rackern

Florian Busch, Alexander Weiß oder der sowieso kampfstarke Christoph Gawlik

uneigennützig hinter dem eigenen Tor.

Im

Hinblick auf den Umzug in die O2 World im nächsten Herbst ist die

Werbemaschinerie der Anschütz Gruppe und der Eisbären längst am Laufen. Die

wichtigsten Marketing-Mitarbeiter tragen in Berlin Helm, Schläger und

Schlittschuh. Und aktuell machen sie einen verdammt guten Job.

(mac/ovk)

Foto by City-Press: Andy Roach - zwei Tore, ein Assist gegen die Adler


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