Greg Poss: „Wir haben verdient so hoch verloren“
Das
Mitteldrittel im Spiel zwischen den Berliner Eisbären und den Adlern aus
Mannheim war noch keine zwei Minuten alt und doch hatte Gäste-Coach Greg Poss
schon genug gesehen. Er nahm eine dringend nötige Auszeit, nachdem
Eisbären-Kapitän Steve Walker das 4:1 für die Hausherren markiert hatte. Mit
hochrotem Kopf schmetterte Poss seinen Mannen seine Meinung über deren
untaugliche Darbietungen entgegen. Eingang fanden seine Worte aber ganz
offensichtlich nicht.
Ideen-, ja
geradezu hilflos standen die Adler-Cracks den wie entfesselt aufspielenden
Berlinern gegenüber. Was Poss zu Recht echauffierte, war, dass seine Spieler
kaum Ansätze dazu erkennen ließen, sich ernstlich gegen das drohende Desaster
zu wehren. Und so trat folgerichtig ein, was am Ende an der Anzeigetafel des
Wellblechpalastes zu lesen war: Eisbären 7 – Adler 2. Niederschmetternd für
jeden, der den Kurpfälzern in Sympathie zugetan ist.
Poss’
Resümee fiel entsprechend aus: „Berlin war von Anfang an bissiger und vor allem
stärker im Zweikampf. Es war eigentlich Glück, dass es nach dem ersten Drittel
nur 2:1 für die Eisbären stand. Wenn man so arbeitet wie wir heute, kann man
gegen eine Mannschaft wie Berlin nicht gewinnen. Dann verliert man zu Recht
auch in dieser Höhe.“ Poss räumte ein, dass ein solches Spiel nach den letzten
Auftritten seiner Mannschaft in Iserlohn und gegen Ingolstadt fast schon
vorherzusehen war. „Schon da haben wir nicht gut gespielt, auch wenn wir
gepunktet haben. Und dann kommt irgendwann so ein Spiel wie heute, in dem man
auf den Boden zurückgeholt wird.“
Eisbären-Coach
Don Jackson muss sich dagegen bemühen, derzeit echte Schwachpunkte seiner
Mannschaft aufzuzählen. Darum wissend, dass die Erwartungen in der Hauptstadt
schnell in den Himmel wachsen und Eisbären-Mannschaften im Erfolg seit jeher
zum Überschwang neigen, stimmt er in den Chor der Lobeshymnen nur dezent ein.
„Wir sind momentan mental sehr stark und achten meist auf die Kleinigkeiten.
Ich bin stolz auf meine Spieler.“ Und was tut er, damit die nicht abheben?
„Nun“, sagt Jackson, „wir achten darauf, dass sich keine schlechten
Angewohnheiten einschleichen. Und zwei Mal derselbe Fehler beim selben Spieler,
ist schon eine schlechte Angewohnheit.“
Geradezu
beängstigend ist der Torhunger der Eisbären. 126-mal haben sie in 29 Spielen
eingenetzt. Und es steht zu befürchten, dass bald kein DEL-Goalie mehr allzu
große Lust verspürt, gegen Steve Walker, Denis Pederson, Nathan Robinson &
Co. anzutreten. Adler-Keeper Adam Hauser war nach Jamie Storr (DEG), Jimmy
Waite (Ingolstadt), Ian Gordon (Frankfurt) und Norm Maracle (Iserlohn) der
inzwischen fünfte Stammtorhüter, der in einem Spiel gegen die Eisbären
vorzeitig seinen Platz zwischen den Pfosten räumte.
Was die
Berliner momentan vor allem so stark macht, ist ihr schnelles Umkehrspiel, das
blitzartige Umschalten von Abwehr auf Angriff und umgekehrt. Wird der Puck im
eigenen Drittel erobert, offenbaren sich sogleich wenigstens zwei gute
Optionen, die Hartgummischeibe nach vorn zu passen. Dazu gesellt sich die
Bereitschaft aller Spieler „Drecksarbeit“ zu verrichten. Kein Problem, sehen
sich – wie gegen Mannheim – zum Beispiel Denis Pederson und Steve Walker
plötzlich in der Verteidigerposition, weil Deron Quint oder Andy Roach auf dem
Weg nach vorn waren. Dann wird der Job halt erledigt. Da wühlen und rackern
Florian Busch, Alexander Weiß oder der sowieso kampfstarke Christoph Gawlik
uneigennützig hinter dem eigenen Tor.
Im
Hinblick auf den Umzug in die O2 World im nächsten Herbst ist die
Werbemaschinerie der Anschütz Gruppe und der Eisbären längst am Laufen. Die
wichtigsten Marketing-Mitarbeiter tragen in Berlin Helm, Schläger und
Schlittschuh. Und aktuell machen sie einen verdammt guten Job.
(mac/ovk)
Foto by City-Press: Andy Roach - zwei Tore, ein Assist gegen die Adler