Gernot Tripcke im Hockeyweb-Interview
Zum Abschluss der Vorrunde in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zieht DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke Bilanz.
Hockeyweb: "Herr Tripcke, was war positiv an der abgelaufenen Saison und wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?"
Tripcke: "Die Ausgeglichenheit der Liga und die Spannung bis zum letzten Spieltag waren positiv. Viele junge deutsche Spieler haben sich durchgesetzt. Negativ war das sinkende Niveau der Liga, die Top-Spieler fehlten. Viele Stars aus der vergangenen Saison gingen nach Nordamerika zurück, andere kamen nicht wie gewohnt zur Geltung oder fielen lange verletzt aus, wie Pat Lebeau in Frankfurt."
Hockeyweb: "Wie kann man wieder Stars in die Liga holen?"
Tripcke: "Es wird immer schwieriger. Seit in der NHL genauso wie hier die Fouls rigoroser bestraft werden, verpflichten die Teams dort mehr technisch starke Spieler als früher und auf dem Markt bleiben eher die physisch robusten Spieler übrig. Europäische Top-Spieler sind für uns auch kaum bezahlbar, mit Gehältern wie in der Schweiz oder in Russland können wir nicht mithalten."
Hockeyweb: "Sollte man dann nicht mehr auf einheimische Kräfte setzen und die zu Top-Spielern ausbilden?"
Tripcke: "Die besten deutschen Spieler gehen mit 21 in die NHL und stehen uns auch nicht mehr zur Verfügung. Wir müssen langfristig versuchen, mit unserer Liga, den vielen neuen Hallen und einer gesunden Struktur wettbewerbsfähiger zu werden. Die anderen Ligen in Europa sind schwer zu refinanzieren, bei uns ist die Struktur mit den modernen Hallen und einem breiteren Sponsoren-Pool gesünder. Ich gehe davon aus, dass weltweit das Gehaltsniveau der Spieler auf Dauer sinken wird. Eines muss aber klar sein: Die Weltspitze werden wir nie erreichen, in Amerika herrschen einfach andere Dimensionen."
Hockeyweb: "Die lieblose Eishockey-Berichterstattung bei den Olympischen Spielen hat deutlich gemacht, wie niedrig der Stellenwert des Eishockeysports in Deutschland noch ist. Was kann die DEL dagegen tun?"
Tripcke: "Eishockey ist live einfach besser als im Fernsehen, deswegen haben wir viele Zuschauer in den Hallen, aber wenig TV-Präsenz. Die Entwicklung im Bereich der TV-Berichterstattung ist schwierig, viele Sendungen wurden gekürzt und der Fussball dominiert alles. Wir können nur weiter daran arbeiten, die Produktionsbedingungen zu verbessern und den Fernsehsendern optimale Bedingungen zu stellen. Fast alle Sender haben Übertragungsrechte für Eishockey, sie haben nur sehr wenig Platz neben dem Fußball. Ausserdem müssen wir an unserer Aussendarstellung arbeiten. Es herrscht zum Beispiel das Vorurteil, dass in der DEL fast nur Ausländer spielen, dabei haben wir den geringsten Ausländeranteil im Vergleich zu den anderen Profiligen."
Hockeyweb: "Trotzdem wird immer wieder eine weitere Reduzierung der Ausländerkontingente gefordert."
Tripcke: "Mit weniger Ausländern würden wir die kleinen Vereine benachteiligen, weil sich die deutschen Nationalspieler auf die Top-Vereine aufteilen würden. DEL-Spieler verdienen im Durchschnitt 100.000 Euro brutto pro Saison, die Nationalspieler sind teurer als gleich starke Ausländer. Deutsche verdienen jetzt schon mehr, weil sie Deutsche sind. Bei weniger Ausländer-Stellen würden die Top-Klubs die Lücken schließen, indem sie den kleinen Klubs die besten deutschen Spieler weg kaufen. Die könnten dann nur noch schlechtere deutsche Spieler verpflichten und wären nicht mehr konkurrenzfähig."
Interview: Alexander Brandt