Freezers: Stewart weg! Poss oder Hartley als Nachfolger?
In den sechs Jahren ihres Bestehens gab es bei den Hamburg
Freezers nur eine Konstante: Die Trainer kamen, die Trainer gingen – der
Misserfolg blieb bestehen. Ob Sean Simpson 2002/03 – der einzige Coach
übrigens, der von sich aus ging -, ob Dave King, Mike Schmidt oder jetzt Bill
Stewart, die alle drei von Freezers-Boss Capla vor die Tür gesetzt wurden, der
große Wurf blieb für die Hamburger Anschutz-Filiale stets aus. Statt nach oben ging
es stetig bergab. Der (vorläufige) Tiefpunkt der jungen Freezers-Historie: Ein
0:4 auf eigenem Eis gegen den bisherigen Tabellen-Vorletzten Straubing mit
einer Leistung, die diese Bezeichnung wohl kaum verdient.
Nun hat Capla wieder einmal einen Schuldigen für die erneute
Misere ausgemacht und sich mit sofortiger Wirkung von Headcoach Bill Stewart
getrennt. Seit Wochen steht der 51-jährige Kanadier wegen der monatelangen
Misserfolgsserie seines Teams unter allergrößter Kritik. Ein Sieg in Mannheim
(2:1 n.P.), eine starke Schlussphase seines Teams gegen Frankfurt (3:4) hatten Stewart
nur scheinbar Ruhe verschafft. Es war nicht mehr als eine Galgenfrist.
Während Freezers-Boss Boris Capla öffentlich die Trainer-Diskussion
für beendet erklärte, werkelte er hinter den Kulissen eifrig an der
Stewart-Nachfolge. Die sich als unerwartet schwierig herausstellen sollte.
Keiner der grundsätzlich infrage kommenden Kandidaten schien ideal oder
gewillt, den Job in Hamburg anzunehmen. Ein Geheimtreffen mit dem in Ingolstadt
geschassten Benoit Laporte in München verlief ergebnislos.
Nun zwang die wohl desaströseste Leistung, die je ein
Freezersteam auf Hamburger Eis bot, Capla zum endgültigen Handeln. Dabei war es
nicht einmal allein das 0:4-Ergebnis sondern vielmehr die Art und Weise, die
weiteres Taktieren hinter den Kulissen unmöglich machte.
Wer der neue Headcoach der Hamburg Freezers sein wird, ist
bislang noch nicht bekannt. Die HEC-Organisation hält ungewöhnlich dicht. Wahrscheinlich
auch deshalb, weil außer Capla persönlich und Sportdirektor Leslie kaum jemand
in die Verhandlungen eingeweiht ist. Dennoch verdichteten sich die Gerüchte und
Spekulationen in den letzten Stunden auf drei Kandidaten.
Der eine, Greg Poss (Foto by City-Press), wäre nicht wirklich eine Überraschung.
Zwar läuft sein Vertrag bei den Adlern aus Mannheim noch bis 2010, aber es
könnte durchaus sein, dass eine frühzeitige Rückkehr ins Geschäft dem
US-Amerikaner den einen oder anderen Euro wert wäre. Für die Freezers hätte die
Verpflichtung von Poss den Vorteil, dass sich der ehemalige Bundestrainer immer
noch in der Liga bestens auskennt und sozusagen nahtlos einsteigen könnte. Ob
ein Greg Poss, der vor allen Dingen wegen seiner Misserfolge mit der deutschen
Nationalmannschaft durchaus nicht unumstritten ist, allerdings die bei
Mannschaft und Öffentlichkeit dringend benötigte Aufbruchstimmung erzeugen
kann, darf bezweifelt werden.
Da ist der zweite Name, der hinter vorgehaltener Hand
gehandelt wird, schon ein ganz anderes Kaliber. Bob Hartley, zuletzt Headcoach
der Atlanta Thrashers und dort vor einem Jahr beurlaubt, ist, wie man aus
Übersee hört, einem Engagement in Europa nicht abgeneigt. Zu Saisonbeginn stand
der 48-Jährige vor einer Verpflichtung beim KHL-Klub HK Awangard Omsk, der dann
aber Wayne Fleming den Vorzug gab. Hartley, der 2001 mit Colorado Avalanche den
Stanley-Cup gewann, wäre genau der richtige Mann, um in Hamburg klare Zeichen
zu setzen.
Der stetige sportliche Niedergang bringt den Klub auch
wirtschaftlich in immer stärkere Bedrängnis. Kaum ein anderer DEL-Klub hat
einen derartigen Aderlass an Zuschauern zu verzeichnen, wie Caplas Freezers.
Ein Mann vom Kaliber Hartleys wäre das Signal, dass man es in Hamburg doch noch
ernst meint mit den sportlichen Versprechen, die man den Fans in der Hansestadt
seit Jahren macht. Ein derartiger Name könnte wieder mehr Zuschauer in die
Color Line Arena locken. Und zudem die Mannschaft zähmen, die zuletzt unter
Stewart einen zunehmend unlenkbaren Eindruck machte.
Zwar gilt Hartley nicht unbedingt als „harter
Hund“ sondern eher als ein Coach der psychologisch geschickten
Menschenführung, aber das ist nach der nicht immer gerade einfühlsamen Art
Stewarts vielleicht genau das Richtige, um das zweifellos im Team vorhandene
Potenzial zu wecken.
Der Name des dritten Kandidaten liegt derzeit noch völlig im
Nebulösen. Tatsache aber ist, dass irgendetwas mit der Verpflichtung nicht ganz
nach Plan vonstatten gegangen ist. Eigentlich sollte der neue Mann, wer immer
es sein mag, heute in Hamburg einschweben, um am Sonntag beim Spiel der
Freezers in Hannover präsentiert werden zu können. Jetzt heißt es, dass
Sportdirektor Bob Leslie am Sonntag den Mann hinter der Bande geben muss. Ein Ende
der unruhigen Zeiten in Hamburg scheint immer noch nicht absehbar. (jay)