Feature: Was macht eigentlich Bill Lindsay?
Hockeyweb-Gastschreiber Ivo Jaschick hat Bill Lindsay in New York getroffen.
Da saß ich mit dem Publikumsliebling der Kölner Haie in
einem New Yorker Restaurant, als jemand an uns vorbeikam und meinte: „Still having
fun with „Kill Bill“!“ Ich sah Bill Lindsay an und fragte, ob er diesen Spitznamen
nicht erst in Köln erhalten habe. „Doch, und ich bin auch sehr stolz darauf.
Ich habe meinen Kollegen natürlich davon erzählt, und da sie wissen, dass du
aus Köln kommst, wollten sie es jetzt wahrscheinlich irgendwie anbringen.“
Als wir so am Tisch saßen und uns
das Essen schmecken ließen, schwärmte Bill noch einmal von seiner schönen
Kölner Zeit: „Köln war ganz toll. Meine Frau Kari und ich haben die zwei Jahre
unter dem Dom sehr genossen. Ich hatte sehr viel Spaß bei der wirklich sehr
guten Organisation der Kölner Haie mit ihrem NHL-tauglichen Haifischbecken,
während Kari die Stadt mit ihren Geschäften liebte. Wir hatten schon ein wenig
Wehmut, als wir Köln verließen und ich meine Schlittschuhe an den Nagel hing.
Aber einmal muss definitiv Schluss sein! Ich wollte immer aufhören, solange man
mich noch nicht vom Eis buht. Und außerdem hatte ich dann dieses Jobangebot von
den Florida Panthers…“ Bei den Panthers dürfte Bill sich für die Ewigkeit eingetragen
haben: 1996 schoss Lindsay sein Team
mit einem sehenswerten Treffer gegen Bosten ins Conference-Halbfinale und scheiterte
erst im Finale an Uwe Krupps Colorado Avalance. „Die Panthers schlugen
mir vor, mich als Radioanalyst des Radiosenders „Sports Talk 790“ zu versuchen.
In meinem Alter muss ich schon an die Zukunft denken – und im nächsten Jahr
wäre dieses Angebot wahrscheinlich nicht mehr aktuell gewesen. So fiel meine
Entscheidung also gegen eine Fortsetzung meiner Spielerlaufbahn. Ich bin aber
noch mitten drin im Geschäft – ich reise mit dem Team, bin im gleichen Hotel,
überall dabei, nur nicht mehr auf dem Parkett, das lange Jahre mein Leben war –
dem Eis. Ach ja, in diesem Zusammenhang kann ich sagen, dass ich vergangene
Woche noch mit meinem Kölner Weggefährten Alex Hicks in Scottsdale telefoniert
habe, wir haben uns ein wenig in Nostalgie geübt und über einiges gesprochen,
was nun bezüglich meines Rückzuges vom aktiven Eisgeschäft auf mich zukommt. Doch
zurück zu meinem neuen Job. Meine ersten Versuche am Mikrofon in der Vorbereitung
haben mir wahnsinnig viel Freude bereitet.“ Als ich Bill besuchte, stand die Premiere
im harten NHL-Geschäft an.
Auf die Frage, ob es ihn nicht
doch manchmal in den Füßen und Händen jucke, wenn er das Treiben unter seinem
Kommentatorplatz auf dem Eis betrachte, kommt er ins Grübeln und flüstert fast:
„Ja, manchmal möchte ich schon eingreifen, oder besser helfen, wenn etwas nicht
so richtig läuft.“ Bei seiner Premiere im legendären New Yorker Madison Square
Garden wäre er wohl am liebsten aufs Eis gelaufen, da die Florida Panthers den
Gegner und das Spiel bis zum Ende des zweiten Drittels fest im Griff hatten und
folgerichtig mit 2:1 führten. Im letzten Spielabschnitt folgte der Einbruch und
Radioanalyst Lindsay müsste den Niedergang (2:5) kommentieren. Direkt am ersten
Arbeitstag musste er erkennen, dass Verlieren immer weh tut, ob auf oder auf
dem Kommentatorenplatz über dem Eis. Die Saison hat aber mittlerweile gezeigt,
dass die Panthers um einen Play-Off-Platz mitkämpfen. So wird auch Bill Lindsay
wieder mehr Spaß haben – auch ohne Schlittschuhe.