Es ist vollbracht: Deutscher Meister 2005 - EHC EISBÄREN BERLIN!
Die 22. Tagesstunde des 19. April 2005 wird auf ewig eine besondere
Bedeutung für all jene behalten, die dem EHC Eisbären nahe stehen! Es
war die Stunde des größten Erfolgs für Spieler, Trainer, Betreuer,
Funktionäre und Fans des DEL-Hauptstadtklubs: Mit dem dritten Sieg, 4:1
(1:1; 1:0; 2:0), in der Finalserie über Rekordmeister Adler Mannheim
errang die Mannschaft von Trainer Pierre Pagé, der sich nun endlich
verdientermaßen Meister-Coach nennen darf, den ersten gesamtdeutschen
Meistertitel in der Vereinsgeschichte.
Als die Schlusssirene im proppevollen Wellblechpalast erklang,
hatten die Siegesfeierlichkeiten auf den Rängen längst begonnen, Tränen
rollten, man lag sich in den Armen, große Gefühle allenthalben. Gerade
in den Köpfen derer, die vom ersten Tag nach Aufnahme der „Dynamos“ in
die Bundesliga dabei waren und mit diesem Klub alles erlebten, lief der
Film der zurückliegenden 15 Jahre ab. Die Eisbären-Urgesteine Hartmut
Nickel und Sven Felski lagen sich von ihren Gefühlen übermannt und
jubelnd in den Armen. Der einst aus Anlass der ersten Finalteilnahme
1998 von Ex-Manager Lorenz Funk geprägte Spruch „Vom Scheißhaus ins
Penthouse“ hatte nun endlich seine ultimative Vollendung gefunden.
Meister-Coach Pierre Pagé sagte nach dem Spiel auf dem Vorplatz des
Wellblechpalastes im Angesicht tausender jubelnder Fans: „Dreieinhalb
Jahre habe ich davon geredet besser werden zu müssen. Wir sind besser
geworden! Wir sind Meister!“.
Auf dem Weg dorthin machten es die Mannheimer den Eisbären wahrlich
nicht leicht. Das deutlich erscheinende Ergebnis von 4:1 im
entscheidenden Spiel 3 täuscht etwas darüber hinweg, wie sehr sich die
Adler gegen diese Niederlage stemmten, um eine nochmalige Rückkehr in
den altehrwürdigen Friedrichspark zu erzwingen. Wenn sie am Ende auch
nicht ganz zu Unrecht mit einigen Entscheidungen vom recht kleinlich
pfeifenden Hauptschiedsrichter Thomas Schurr haderten, besaßen sowohl
Manager Markus Kuhl als auch Trainer Stephane Richer die Größe
einzugestehen, dass man einem über die gesamte Serie gesehen besseren
Gegner unterlegen war. „Wir haben dennoch allen Grund auf unsere
Leistungen und diese Mannschaft stolz zu sein!“, resümierten beide fast
gleichlautend.
Und in der Tat, als Playoff-Topscorer Jochen Hecht, der überragende
Spiele im Meisterschaftsrennen geliefert hat, seine Adler in der 8.
Spielminute in Führung brachte, flatterten die Nerven der EHC-Cracks
doch gewaltig. Was bisher so überragend funktionierte, das
Überzahlspiel der Eisbären, wollte nämlich am Dienstagabend gar nicht
recht gelingen. Auch deshalb, weil sich die Adler auf diese Situationen
weit besser eingestellt hatten und sehr aggressiv bei eigener Unterzahl
agierten. Nur hatten die Berliner einmal mehr einen in ihren Reihen,
der diesen Titel mit aller Macht und Einsatz wollte: Den nach dem Spiel
zum Playoff-MVP gekürten US-Amerikaner Erik Cole! Der fasste sich in
der 18. Spielminute ein Herz und zog nach Pass von Stefan Ustorf, einem
weiteren Erfolgsgaranten im Eisbären-Team, in seiner unwiderstehlichen
Art Richtung Adler-Tor und netzte in Unterzahl zum von den EHC-Fans
frenetisch gefeierten 1:1-Ausgleich ein (18.). Wieder ein Treffer für
die Berliner, wie er hätte zu keinem günstigeren Zeitpunkt fallen
können.
Cole war es auch, der die Eisbären im Mittelabschnitt auf die
Erfolgsspur brachte, als er bei einer 5 gegen 3-Überzahlsituation seine
Eisbären mit 2:1 (38.) in Führung brachte. Shawn Heins hatte von der
blauen Linie abgezogen und der von den EHC-Fans nach Altbundeskanzler
Kohl „Helmut“ getaufte NHL-Star fälschte unhaltbar für den guten
Adler-Goalie Cristobal Huet ab. Das Blatt war gewendet. Kurz nach
Wiederbeginn bemühte Schiedsrichter Schurr zwar den Videobeweis, als
die Gäste den Puck im Getümmel über die Linie des von Oliver Jonas
bestens gehüteten Eisbärentores gestochert hatten, da aber Schurr
vorher schon wegen verschobenen Tores abgepfiffen hatte, fand dieser
Treffer zum Leidwesen des Rekordmeisters keine Anerkennung. Bereits in
der vierten Spielminute erging es den Hausherren allerdings genauso,
als sie auf Tor reklamierten und Videorichter Deubert ebenfalls dessen
Anerkennung verweigerte.
Offensichtlich hatten die Berliner nun genug vom Vabanquespiel
und machten Nägel mit Köpfen. Als Adler Groleau auf der Strafbank
brummte, versenkte Eisbären-Kapitän Steve Walker die Hartgummischeibe
zum 3:1 in den Maschen (45.). Im Berliner Fanblock setzten nun
endgültig die Meisterfeierlichkeiten ein, nicht einmal die
„Sitzplätzler“ hielt es nun noch auf ihren Plätzen. Den Schlusspunkt in
Sachen Tore setzte mit Denis Pederson ein weiterer Spieler, dem am
Titelgewinn ein gehöriger Anteil zuzuschreiben ist. Erneut im Powerplay
erzielte „Pidi“ in der 54. Spielminute das 4:1. Der Rest war Jubel, die
Eisbären waren am lang ersehnten Ziel - Meister! Stefan Ustorf, der im
letzten Drittel wegen einer Knieverletzung nicht mehr mitwirken konnte,
wollte von den Schmerzen nichts wissen: „Nein, im Moment ist mir das
egal, ich spüre das gar nicht. Mein erstes Jahr hier in Berlin war ein
Traum. Alles lief für mich hervorragend. Das Umfeld, die Mannschaft,
die Fans - alles ist perfekt! Ich habe in meiner Karriere schon viel
erlebt, aber Meister zu werden ist das Größte!“.
Die Feierlichkeiten fanden dann bei Freibier, dass Hauptsponsor GASAG
und die Berliner Pilsner-Brauerei gestiftet hatten, vor dem
Wellblechpalast und später in der Sportsbar „Overtime“ bis in die
Morgenstunden ihre Fortsetzung. Teil 2 folgt am Freitag um 18.00 Uhr
beim Empfang des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit im Roten
Rathaus. Anschließend bitten die Eisbären ab 19.30 Uhr zur offiziellen
Meisterfeier im und am Wellblechpalast - Ende selbstverständlich offen.
Zu alldem passt, dass am heutigen Tage die Erschließungsarbeiten des
Geländes am Berliner Ostbahnhof beginnen, wo in zwei Jahren die neue
Arena ihre Pforten eröffnen soll, wie Anschütz-Europa-Chef Detlef
Kornett gegenüber Premiere verkündete. Dann wird ein Großteil jener,
die diesmal keinen Platz im Wellblechpalast fanden, nicht mehr nur
Zaungast sein, sondern in einer der modernsten Arenen Europas einer
möglichen Wiederholung des gestrigen Erfolgs live beiwohnen können.
Doch das ist Zukunft. Jetzt möchte man viel eher deutsche Klassiker
zitieren und sagen: Oh Augenblick verweile doch, du bist so schön!
(Matthias Eckart/ Oliver Koch - Foto: City-Press)
EHC Eisbären Berlin - Adler Mannheim 4:1 (1:1; 1:0; 2:0)
Tore:
0:1 (07:34) Hecht - Tremblay/ Delmore - PP1
1:1 (17:20) Cole - Ustorf - SH1
2:1 (37:03) Cole - Heins/ Beaufait - PP2
3:1 (44:58) Walker - PP1
4:1 (53:18) Pederson - Walser/ Walker - PP1
Schiedsrichter: Schurr - Holzmann/ Schmid
Strafzeiten: 12 (4,6,2) / 30 (8,14,8) + je 10-Minuten-Disziplinarstrafe (Tripp, Kink)
Zuschauer: 4695 (ausverkauft)