Eishockeytrainer ist ein 24-Stundenjob!
„Eishockeytrainer ist ein 24-Stundenjob!“, so Uli Egen noch am Montag im Interview auf TVB. Und genau so hatte der sympathische Füssener sein Engagement bei den Eisbären auch gelebt. Selten hatte es im Wellblechpalast solch geballte Emotionen hinter der Bande gegeben, wie zu Zeiten Egens. Als Headcoach für das Oberligateam der Saison 2000/2001 nach Berlin gekommen, hatte der Bayer am 17.11.2000 kurzerhand den bis dahin erfolglosen Glen Williamson hinter der Bande des DEL-Teams abgelöst und die verkorkste Saison zum Ende gebracht.
In dieser Spielzeit nun sollte die große Stunde für Egen schlagen: Gemeinsam mit Peter John Lee stellte er das Team für die laufende Spielzeit zusammen, hatte sich einiges vorgenommen. Nach zwei Jahren sportlichem Mittelmaß wollte Egen den EHC Eisbären erstmals wieder in die Play-Offs führen. Nach überragendem Saisonstart machte sich dann aber schnell Ernüchterung breit. Nachdem man sich in Hohenschönhausen kurzzeitig am Tabellenhimmel gesonnt und oben mitgemischt hatte, rutschte man ganz schnell in die Tabellenmitte ab, hält den Kontakt zu den Play-Off-Rängen genauso wie auch zum anderen Tabellenende. Bereits im Oktober hatte die Achterbahnfahrt begonnen, an eine Siegserie schloß sich eine längere Durststrecke genauso übergangslos an, wie der darauf folgende erneute Höhenflug. Ein Bild das in Hohenschönhausen bald zur Routine werden sollte.
Den vorerst letzten Höhenrausch erlebten die Eisbären zwischen Weihnachten und der ersten Januarwoche: Mit 19 erkämpften Punkten aus 7 Spielen schoss man sich innerhalb von nur 17 Tagen zurück in die Play-Off-Regionen, nachdem man im Dezember den Anschluss an eben diese zu verlieren drohte. Die Gelegenheit, diese Position zu festigen und sich oberhalb des Striches zu etablieren, verstrich in der jüngsten Vergangenheit dahingegen ungenutzt.
Auffällig dabei ist das Auftreten der Mannschaft, Top oder Flop je nachdem in welcher Phase der Berg-und-Talfahrt sich das Team jeweils befand. Von einer konstanten Leistung keine Spur. Uli Egen geriet im Zuge dieser etwas absonderlichen Entwicklung zwangsläufig immer mehr ins Kreuzfeuer der Kritik.
Für viele war es nur eine Frage der Zeit bis der charismatische Bayer seinen Posten räumen muss. Die sportlich wenig zufriedenstellende Situation und eine neue Negativserie machten eine personelle Veränderung immer unumgänglicher.
Nach der Niederlage gegen den Tabellenfünfzehnten aus Iserlohn verkündete die Vereinsführung am gestrigen Mittwoch dann kurzerhand,wenn auch etwas überraschend, die Trennung von Egen und präsentierte im gleichen Atemzug den neuen hinter der Bande. Der 53-jährige Pierre Page soll die Play-Off-Träume der Hohenschönhausener nun doch noch wahr machen. Der Frankokanadier kann dabei auf gut 30 Jahre Erfahrung als Trainer zurückgreifen und hat das Hauptproblem der Bären auf den ersten Blick erkannt: „Die Eisbären haben eine starke Mannschaft, die bisher mit extremen Leistungsschwankungen aufgespielt hat, meine Aufgabe wird es nun sein, Konstanz auf durchaus vohandenem hohem Niveau anzusiedeln.“
Besonders von seiner Erfahrung in der NHL erhofft man sich in Hohenschönhausen viel: “Page bringt die Intensität und Erfahrung mit, die die Eisbären jetzt brauchen“, so Chris Reynolds. Den nötigen Respekt des Teams sollte Page, der 1986 mit Calgary im Stanley-Cup-Finale stand, damit in jedem Fall auf seiner Seite haben. Ausstrahlung und Kompromisslosigkeit ebnen den Weg, nun gilt es Zugang zur Mannschaft zu erlangen, dabei sollen nach wie vor Hartmut Nickel und Tom Skinner assistieren: “Sie werden mir dabei helfen, mich zurecht zu finden.“ Ob das allerdings langfristig der Fall sein wird, ließ Page offen: “Beides sind erfahrene Trainer. Ich habe heute morgen fünf Minuten mit Hartmut Nickel gesprochen und hätte mich noch drei Jahre mit ihm unterhalten können. Er kann viel über die Tradition der Eisbären berichten und Tradition ist mit die beste Motivation die es gibt. Man wird sehen, wieweit die Zusammenarbeit gehen wird. Auf jeden Fall werden sie mir solange helfen bis die Chemie zwischen mir und der Mannschaft stimmt.“ Aktiv hat Page bis dato noch keine DEL-Luft schnuppern dürfen, war jedoch des öfteren als Scout in den Stadien zu Gast. Die Struktur der Liga gefiele ihm, man hätte in Deutschland erkannt, dass Eishockey Business sei, die DEL sei dahingehend eine der besten Ligen in Europa, so Page auf die Frage, wie es ihn gerade nach Deutschland verschlagen habe. Der Trainer hat einen Vertrag bis zum Saisonende unterschrieben, Gespräche darüber hinaus gebe es dahingegen noch nicht.
Bleibt zu hoffen, dass sich der neue Coach und die Mannschaft möglichst schnell arangieren und die Saison mit Hilfe des neuen Gesichts hinter der Bande den erhofften erfolgreichen Abschluss findet.
Und nicht zuletzt wünschen wir Uli Egen viel Erfolg für die Zukunft und, auch dafür muss Zeit sein, herzlichen Dank für die trotz allem gute Arbeit, die er für die Eisbären geleistet hat.
Bericht von Hockeyweb.de-Partner Radio Eiskalt
Sabine Becker für Radio Eiskalt - das Eishockeymagazin aus Berlin für Berlin -