Eishockey im Käfig!?
DEL: Eisbären bleiben spitze - Ingolstadt gewinnt in MannheimDuplizität der Ereignisse: Während die Zuschauer der Oberligaspiele in München und Garmisch erstmals auch auf den Längsseiten hinter Schutznetzen saßen, wurde in Ingolstadt ein Kleinkind vom Puck voll am Kopf getroffen. In der Saturn-Arena sitzen die Besucher, wie in allen anderen DEL-Stadien, relativ ungeschützt vor verirrten Querschlägern auf den Tribünen.
Nahezu unbemerkt von den meisten Eishockeyfans hat sich hier, abseits des sportlichen Geschehens, Bemerkenswertes ereignet: Am 13. März 2003 wurde eine Besucherin der nagelneuen Colorline-Arena in Hamburg von einem Puck mit voller Wucht im Gesicht getroffen. Die Frau verklagte daraufhin den Veranstalter, die Hamburg Freezers, auf Schadenersatz und bekam in sämtlichen Instanzen recht. Die Gerichte stellten übereinstimmend fest, dass beim Bau der neuen Halle der Zuschauerschutz nicht ausreichend berücksichtigt worden war. Es existiert eine DIN-Norm 18036, die kaum jemand kannte und die besagt, dass für den seitlichen Schutz der Besucher eine gedachte Linie von der gegenüberliegenden Bande bis 2,30 m über der letzten Tribünenreihe maßgeblich ist. Wird diese Vorschrift nicht eingehalten, so kann ein vom Puck getroffener Zuschauer den Hallenbetreiber wegen fahrlässiger Körperverletzung verklagen.
Nachdem lange Zeit kaum Reaktionen auf dieses Urteil erfolgten, macht sich seit einigen Wochen in vielen Eisstadien großer Aktionismus breit. Regensburg war im Sommer die erste Halle, in der rundherum Netze zum Schutz der Besucher gespannt wurden. Mittlerweile haben fast alle Stadionbetreiber der ESBG diese Netze angebracht, was bei den Besuchern zwiespältige Reaktionen ausgelöst hat. Während die einen davon kaum etwas bemerkt haben wollen, fühlen sich die anderen mehr oder weniger stark in ihrer Sicht beschränkt. Viele fragen sich, ob diese Netze auf Dauer bleiben oder eine vorübergehende Erscheinung sein werden. Doch da sind sich die Experten nicht ganz einig.
Fest steht auf jeden Fall, dass beim Bau vieler Eishallen zwar die Regeln des Internationalen Eishockeyverbandes IIHF, nicht jedoch die gültigen DIN-Normen eingehalten worden sind. Deshalb müssen die Hallenbetreiber aus versicherungsrechtlichen Gründen entweder den Plexiglasschutz über der Bande auf mindestens 1,60 Meter erhöhen oder Netze anbringen. Dies soll in die Spielordnung der ESBG ab der Saison 2005/2006 verbindlich übernommen werden. Wenn der Bandenschutz dann, wie etwa in München vorgesehen, entsprechend erhöht werden wird, können die Netze wieder abgebaut werden. Andernfalls müssen sich die Zuschauer wohl auf Dauer mit der Sichtbehinderung abfinden, genießen dafür aber umfassenden Schutz vor Querschlägern.
Ganz anders stellt sich die Situation in der DEL dar: Deren Clubs geben den schwarzen Peter an die Hallenbetreiber weiter, die für ausreichenden Schutz sorgen müssen. Wie Boris Capla, Manager der ursprünglich betroffenen Freezers auf Nachfrage versicherte, denkt in der Eliteliga niemand daran, Netze anzubringen. „Dann wäre Profieishockey in Deutschland am Ende“, meinte DEL-Boss Gernot Tripcke. Was würde wohl das Fernsehen sagen, wenn die Übertragungen vom Eishockey, das am Bildschirm ohnehin schwierig zu präsentieren ist, durch Netze zusätzlich behindert werden würden? So hofft man darauf, dass die Banden auch in der DEL entsprechend der DIN-Norm erhöht werden, um den Vorschriften Genüge getan zu haben und vertraut auf ein gütiges Schicksal, das die Zuschauer vor weiteren Unglücksfällen bewahren soll. (an)