Eisbären: Nach durchwachsenem Startwochenende in Klausur?
Nach dem erfolgreichem Heimspielauftakt gegen Meister Frankfurt am vergangenen Freitag folgte am Sonntag in Ingolstadt gegen die Panther für die Eisbären Berlin die große Ernüchterung. Mit 5:0 (1:0; 1:0; 3:0) überrollten die mit den NHL-Stars Marco Sturm (San José Sharks) und Andy McDonald (Mighty Ducks of Anaheim) verstärkten Donaustädter den Vizemeister förmlich! Und gerade die beiden Gastspieler aus der weltbesten Eishockeyliga hatten am überzeugenden Auftritt des Vorjahres-Halbfinalisten einen großen Anteil. Nationalstürmer Marco Sturm zeigte sich ob des hohen Tempos in der DEL zwar überrascht, aber hielt er trotz noch immer vorhandener Nachwirkungen eines Fußbruchs mehr als nur mit. Getragen von der Euphorie des verspäteten Saisonstarts – die Panther gaben wegen der Verlegung des Spiels in Hamburg erst am Sonntag ihr Saisondebüt - schwang sich die Truppe von Coach Ron Kennedy zu einer Glanzleistung auf, die von den Toren von Sturm (1:0, 5:0), Jiranek (2:0), Ficenec (3:0) und Schröder (4:0) und dem ersten Saison-Shutout für Torhüter Jimmy Waite gekrönt wurde.
Die Eisbären dagegen präsentierten sich glücklos im Abschluss, nachlässig in der Defensive und, was überrascht, den Panthern physisch nicht gewachsen. EHC-Coach Pierre Pagé kritisierte sein Team nach der höchsten Niederlage seit Dezember 2003 (5:10 in Freiburg) entsprechend deutlich: „Einige meiner Spieler müssen begreifen, dass sie zwei Spiele in drei Tagen zu absolvieren haben.“ Gerade einmal Torhüter Oliver Jonas zeigte eine akzeptable Leistung, währenddessen andere deutlich hinter ihrer Normalform zurückblieben. Pierre Pagé reagierte darauf schon im Schlussabschnitt, indem er fast ausschließlich nur noch zwei Reihen zum Einsatz brachte, welche vorwiegend von den EHC-Youngstern gebildet wurden. Das darf man wohl als „Ordnungsgong“ für die Stars im Team werten.
Dass die Hauptstädter gleich zu Saisonbeginn mit Verletzungen und Erkrankungen von Leistungsträgern wie Rob Leask (Adduktoren), Fairchild, Pederson (Magen-Darm-Grippe) und Shawn Heins (fiebrige Erkältung) konfrontiert wurden, wollte Pagé nicht als Entschuldigung gelten lassen. Wer den kanadischen Coach des Vizemeisters kennt, wird ahnen können, dass diese Leistung seiner Mannschaft nicht kommentar- und folgenlos bleiben wird. Spätestens von nun an wird Pagé vehement dafür Sorge tragen, dass innerhalb seines Kaders eine stete Konkurrenzsituation auf den einzelnen Positionen gegeben ist, damit keiner seiner Cracks sich in Sicherheit wiegen kann. Noch mehr als schon bisher wird der EHC-Coach Manager Peter John Lee zur Verpflichtung von Verstärkungen drängen. Lee warb nach dem scheinbar beruhigenden Sieg gegen Meister Frankfurt diesbezüglich noch um Geduld und bremste seinen DEL-Coach sichtlich ein.
Mit der Fortsetzung des konsequenten Verjüngungskurses des Eisbären-Kaders rechneten bereits einige Experten rund um den Wellblechpalast damit, dass die Eisbären in dieser Saison die Liga nicht so sehr dominieren würden wie in den letzten beiden Jahren, doch blieben diese Worte, insbesondere beim Anhang, bisher weitestgehend unerhört. Das Durchschnittsalter des diesjährigen Eisbärenteams liegt deutlich unterhalb von 24 Jahren und es ist geradezu gespickt mit jungen, aber eben auch unerfahrenen Talenten. Eine Fortsetzung des Siegeszuges, zumindest in den Punkterrunden der DEL, sollte an dieser Stelle also längst nicht als Selbstverständlichkeit hingenommen werden.
Dennoch darf nicht vergessen werden, dass gerade einmal zwei Partien gespielt sind und die Eisbären mit einem Sieg und einer Niederlage zwar durchwachsen, aber nicht hoffnungslos schlecht gestartet sind, Neuzugänge wie zum Beispiel Derrick Walser sich scheinbar noch nicht vollständig im Team integriert haben und die Liga zweifelsohne im Vergleich zu den Vorjahren noch besser geworden ist. Daran, dass Erfolg kein Selbstläufer ist und Niederlagen gegen sich permanent steigernde Konkurrenz wieder gehäufter auftreten können, muss sich manch einer erst gewöhnen. Vielleicht war es ja auch eben diese Selbstverständlichkeit, die die Eisbären in den letzten zwei Jahren am ganz großen Erfolg hinderten. Sich durch etwas hindurch kämpfen zu müssen, wie das Beispiel von Meister Frankfurt beweist, ist vielleicht das bisher fehlende Bausteinchen. Schon am kommenden Freitag haben die Eisbären-Cracks gegen die Kölner Haie Gelegenheit die in ihrer Höhe blamable Niederlage in Ingolstadt vergessen zu machen und im Umfeld erst gar nicht Gedanken an eine Krise aufkommen zu lassen. (mac/ ovk)