Eisbären mit Final-Hattrick
Obwohl der Titelverteidiger die Halbfinalserie gegen die
Hannover Scorpions glatt in nur drei Spielen erfolgreich zu Ende brachte,
fielen die Feierlichkeiten der Eisbärenfans im Wellblechpalast am vergangenen Dienstagabend
doch eher dezent aus. Dafür setzte der Freudentaumel allerdings frühzeitig im
zweiten Drittel von Spiel 3 ein. Nachdem Denis Pederson, Mark Beaufait und
Stefan Ustorf für die Hauptstädter einen sicheren Drei Tore-Vorsprung heraus
geschossen hatten, stand außer Frage, dass der dritte Finaleinzug der Berliner
durch immer müder wirkende Scorpions nicht mehr zu verhindern war.
Im selben Maße wie der Vorjahresmeister immer souveräner
agierte, wuchs der Frust beim Vorrundensiebten, was sich vor allem auf dem
Strafenkonto der Niedersachsen negativ bemerkbar machte. Nachdem die
Schlusssirene ertönte, hatten die Mannen von Noch-Scorpions-Coach Kevin Gaudet
sage und schreibe 158 Strafminuten angehäuft! Mit so wenig Disziplin ist kein
Blumentopf zu gewinnen, geschweige denn eine DEL-Playoff-Halbfinalserie. So
muss dann wohl für die Verantwortlichen aus Niedersachsens Landeshauptstadt das
etwas ernüchternde Fazit lauten. Erstaunlich, dass es so gestandenen Akteuren
wie National-Verteidiger Sascha Goc und Stephen Guolla, die unnötige
Spieldauerstrafen kassierten, nicht gelang, ihre Nerven im Zaume zu behalten
als theoretisch durchaus noch die Chance bestand, eine Wende in Spiel 3 herbei
zu führen.
Dass es sich als ein fataler Fehler erweisen musste, gegen
die Eisbären so häufig in Unterzahl ran
zu müssen, konnte für die Scorpions keine Überraschung darstellen. Das
Powerplay der Eisbären wurde von Playoff-Spiel zu Playoff-Spiel immer
effizienter, was die Erfolgsquote von insgesamt nun 23,73% eindrucksvoll belegt.
Die Stärke der Pagé-Schützlinge (im Halbfinale 5 Treffer aus 27
Überzahlmöglichkeiten) war zugleich die Schwäche der Scorpions. Deren Powerplay
war zwar mitunter nett anzuschauen, führte aber bei 20 Möglichkeiten lediglich
einmal zum Torerfolg – eindeutig zu wenig. Im Umkehrschluss stehen die Berliner
zudem mit einer Unterzahlquote von derzeit 92,44% glänzend da.
Pierre Pagé (Foto City-Press) wird nicht müde, von seinen Youngstern
Produktivität auch in den Playoff einzufordern. Dass seine Forderungen nicht
auf taube Ohren stoßen, bewies Jens Baxmann in Spiel 2, als er den Gamewinner
zum 3:2-Auswärtssieg erzielte. Schickte Pagés Gegenpart Gaudet in wichtigen
Spielsituationen immer wieder seine erfahrensten Akteure aufs Eis, sah man
dagegen auf Seiten der Eisbären etwa Busch, Gawlik, Mueller, Hördler auch in
Über- und Unterzahl Betrieb machen. Ein Umstand, der einerseits die so
genannten „Big Boys“ wie Denis Pederson, Steve Walker oder Mark Beaufait
entlastet, und andererseits den Gegner quasi ständig unter Druck hält. Die
Youngster mögen dabei nicht die Torgefahr der erfahrenen Ausländer und
deutschen Nationalspieler im Team ausstrahlen, doch bleibt das angeschlagene
Tempo ungebrochen hoch.
Nach erneutem Erreichen der Finalserie herrscht bei den Fans
der Eisbären natürlich große Zufriedeheit. Vergessen ist der durchwachsene
Saisonstart, als viele ob einer Folge von Niederlagen die Chance auf die
Playoff-Teilnahme schon schwinden sahen. Sich dessen bewusst, wer für das
Andauern der Erfolgsserie verantwortlich zeichnet, skandierten sie zum
Halbfinalausklang die Namen des Trainergespanns Pierre Pagé und Hartmut Nickel.
Vielleicht setzt nun auch bei den paar Scorpionsfans das Nachdenken ein, die
beim Spiel in Hannover ein Transparent mit der Aufschrift „Pagé halts Maul!“ hoch
hielten. Wichtiger noch aber wäre für das Eishockey hierzulande, dass mehr
DEL-Trainer und Manager hin hörten und hin sähen, was der Kanadier nicht nur
sagt sondern auch tut.
Matthias Eckart/ Oliver Koch
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