Eisbären: Lage ernst, aber nicht hoffnungslos
Zwar war gerade Manager Peter John Lee in den letzten Tagen bemüht, die
aktuelle Situation beim deutschen Meister zu relativieren, nicht das Wort Krise
in den Mund zu nehmen. Jetzt, nach der siebten Niederlage in Folge (1:4 in
Köln), erwartet manch einer von den Hohenschönhausenern, dass doch zum
Krisenmanagement übergegangen wird. Angesichts einer Negativserie, die es so
zuletzt im Jahr 1996 unter einem Trainer namens Billy Flynn (jetzt
EHC-Geschäftsführer) gab, mag das auch den sonst üblichen Denkweisen
entsprechen. In Berlin versucht man aber entgegen dieser Schemen weiter die
Ruhe zu bewahren.
Dass der Saisonbeginn schwer werden, es die ein oder andere Niederlage
setzen würde, darauf sei man gedanklich vorbereitet gewesen, beteuerte Manager
Lee erst kürzlich, nachdem sich Chefcoach Pierre Pagé wegen der seiner Meinung
nach schlecht geplanten Vorbereitung und ebenfalls suboptimalen Personalpolitik
vehement Luft gemacht hatte. Die Vehemenz der Pagé'schen Schelte überraschte
manchen, traf in einigen Punkten jedoch den Nagel auch auf den Kopf, ohne
allerdings das Gesamtkonzept grundsätzlich in Frage zu stellen. Die jetzige
Situation wird gleichwohl mit dem schlechten Saisonstart im letzten Jahr
verglichen, Parallelen sind durchaus nicht von der Hand zu weisen. Dennoch war
die Ausgangslage vor der aktuellen Spielzeit doch eine andere, da vor allem
durch die Abgänge Walsers, DuPonts und Pedersons der Substanzverlust weit höher
war als vor Jahresfrist. Die Aufgabe, diese möglichst gleichwertig zu ersetzen,
steht noch vor ihrer Lösung. Schwer genug, „fallen“, wie Lee sagt, „Spieler
solcher Qualität fallen nicht einfach vom Himmel“. In der Tat ist es bei
aktuell schwieriger Marktlage kein leichtes Unterfangen, Spieler mit dem
Potenzial eines Play-off-MVP und -Topscorer, wie es Derrick Walser und Micki
DuPont waren, zu finden. Geduld ist hier gefragt, so man mit Schnellschüssen
die Misere nicht noch vergrößern will.
Derweil indes muss vom vorhandenen Kader mehr erwartet werden können.
Leader wie Stefan Ustorf und Kapitän
Steve Walker müssen sichtbarer voran marschieren als das im Moment noch der
Fall ist, Leistungsträger wie zum Beispiel Kelly Fairchild und Sven Felski in
die Pflicht genommen werden Verantwortung mitzutragen, um Verunsicherung
einzudämmen. Und solche droht schon sich breit zu machen, betrachtet man die
vier Gegentore in Köln, die man allesamt bei eigener Überzahl kassierte. Der
vorhandene Kader mag zwar noch um einiges von der Qualität der
Meisterschaftmannschaft entfernt sein, konkurrenzfähig ist er aber allemal.
Das Pfund der Berliner, mit dem sie in einer langen Saison werden noch
werden wuchern können, ist ihr großes Entwicklungspotenzial, das nicht nur in
den offenen Ausländerlizenzen liegt. Gerade unter den nachrückenden jungen
deutschen Spielern sind etliche, die im weiteren Verlauf einen weiteren
Leistungssprung vollziehen und am Ende erneut den Unterschied ausmachen können.
So ist die Lage beim deutschen Meister zwar ernst, aber alles andere
als hoffnungslos. Nur müssen halt auf allen Ebenen bald Taten folgen. Schon am
morgigen Sonntag besteht die Möglichkeit, die sportliche Durststrecke mit einem
Sieg im Heimspiel gegen die Sinupret Ice Tigers enden zu lassen. Mit der
2:4-Niederlage in Nürnberg Mitte September nahm diese nämlich auch ihren
Anfang.
mac/ovk