Eisbären: Kalt bis ins Herz
Die mehr als 10.000 Zuschauer im altehrwürdigen Eisstadion
an der Brehmstaße beschlich nach der 0:2-Niederlage ihrer DEG gegen die
Eisbären wohl bereits vage die Gewissheit, dass dieses Spiel sehr wahrscheinlich
das letzte gewesen sein könnte, welches sie hier auf DEL-Niveau erleben
durften. Nach dieser Saison steht der Umzug in den ISS-Dome an. Diese seltsame Stimmungslage
führte dazu, dass man Augen- und Ohrenzeuge einer beispiellosen Atmosphäre
werden konnte, die so vermutlich kaum noch anderswo zu finden sein dürfte.
Gänsehautatmosphäre pur und alles andere als ein leiser Abschied von einem
Eisstadion, das wie kaum ein anderes der Bezeichnung „Eishockeytempel“ so sehr
gerecht wurde!
Auch wenn die von Düsseldofer Seite immer wiederkehrenden
Beteuerungen, ja noch die Chance auf ein weiteres Heimspiel zu haben, anderes
beschwören, es käme schon einem Wunder gleich, träfen sich Metro Stars und
Eisbären am kommenden Donnerstag in Düsseldorf doch noch zu Spiel 4. Zu
deutlich fiel in den ersten beiden Finalbegegnungen die Überlegenheit des
Titelverteidigers aus, und nur wenige sachliche Argumente lassen sich finden,
die die Hoffnungen der Rheinländer realistischer erscheinen lassen. Zumal,
glaubt man den Aussagen der Eisbären-Cracks, sich die Hauptstädter den Luxus zu
früher Freude nicht gönnen werden. So meinte Playoff-Topscorer Micki DuPont mit
Blick auf Spiel 2: „Wir dürfen nicht abheben und müssen konzentriert weiter
arbeiten!“ Gesagt - getan, weshalb sich der kanadische Verteidiger just an
seinem 26. Geburtstag über den zweiten Sieg in der Finalserie freuen durfte.
Auffällig an den Eisbären 2005/ 06 ist ohnehin, dass ihre
Verteidiger großen Anteil am Erfolg haben. Zum 6:1-Sieg am Donnerstag steuerte
die Defensivabteilung durch DuPont und zweimal Derrick Walser drei Treffer bei;
in Düsseldorf trugen sich Deron Quint und erneut Walser in die Torschützenliste
ein. Insgesamt verbuchten die Eisbären-Verteidiger in den diesjährigen Playoff
sage und schreibe 16 Treffer.
Einer, den die Konkurrenz schon als vermeintlichen
Schwachpunkt im Eisbären-Gefüge ausgemacht hatte, läuft aber ausgerechnet im
Finale zu ganz großer Form auf: EHC-Goalie Tomás Pöpperle. Torwarttrainer Josef
Dusek freuen die bisher souveränen Auftritte seines jungen Schützlings und
Landsmanns natürlich besonders: „Er hat sehr gut gespielt, und das war auch
wichtig!“, merkte er stolz an. In der Tat, denn in der hitzigen
Brehmstraßen-Atmosphäre hätte wohl manch anderer zitterige Hände und Knie
bekommen, Pöpperle versah seinen Job aber fehlerfrei und wurde nicht zufällig
mit seinem ersten Final-Shutout belohnt.
Erstaunlich unaufgeregt ginge es in der Kabine der Berliner zu, war aus dem unmittelbaren Mannschaftsumfeld zu hören. Gar
machten sich Spieler über Betreuer und Geschäftsstellenmitarbeiter lustig, die
ihre offenkundige Nervosität nicht in der Lage sind zu verbergen. Wie das Team
von Pierre Pagé in der stimmungsgeladenen Brehmstraße zu Werke ging, ließ schon
den Eindruck aufkommen, dass diese Truppe kalt bis ins Herz ist. Sah man aber
nach den Torerfolgen der Kollegen den Jubel auf der Eisbären-Bank, wurde klar,
dass man hier dennoch mit vielen Emotionen am Werk ist.
Am Montagnachmittag, so weiß in Berlin ein jeder, ist ein
Job zu erledigen, der trotz zweier Siege nicht einfacher geworden ist. Gerade
die Mannschaft, welche von der finalen Niederlage bedroht ist, bemüht die alte
Playoff-Floskel gern, die besagt, dass der letzte Sieg einer Serie der am
schwersten zu erringende sei. In Düsseldorf wird man sich nun darauf berufen.
Deshalb muss es dann, ganz Eisbären like, noch einmal heißen kompromisslos und
kalt bis ins Herz zu sein.
Matthias Eckart/ Oliver Koch
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